Der Mann zweier Welten
muß hier sein.« Ketan sprang nach unten. »Laß mich weitermachen.«
Er hörte, wie John Edwards zu Douglas sagte: »Ich glaube, wir sollten umkehren. Wir können die Pferde nicht mehr lange ohne Wasser lassen. Es wäre Selbstmord, hier zu lagern.«
Ketan wußte, daß er sie nicht am Umkehren hindern konnte. Er wußte aber auch, daß er nicht mit ihnen gehen würde. Seine Schaufel schlug immer wieder gegen den Fels.
Und dann merkte er, daß es nicht der Fels war, sondern eine Art Vorsprung, der aus der Wand ragte. Er warf die Schaufel nach draußen und begann den Vorsprung fieberhaft abzutasten. Seine Finger fanden das Loch.
»Ich habe es«, rief er nach draußen. »Gebt mir die Stange.«
William Douglas beugte sich zu ihm hinunter und sah zu, was er machte. Ketan schob die Stange durch das Loch und stemmte den gut eingepaßten Deckel heraus. Sonst geschah nichts. Ketan war verwirrt. »Da unten – das Licht!«
Ein schwacher goldener Schimmer drang aus einer Öffnung. Er wurde schnell stärker. Ketan hielt den Atem an. Der Schein kam von einer winzigen goldenen Statue, einer Tänzerin, die eine Pirouette drehte. Und dann wußte er, woher er die Statue kannte. Er hatte sie am Geburtstempel gesehen. Die erste Frau!
»Was ist?« William Douglas und John Edwards standen ungeduldig am Rand der Grube.
Langsam kletterte Ketan nach oben und winkte ihnen. »Seht es euch selbst an«, sagte er.
Sie sprangen nacheinander hinunter und besahen sich das kleine Kunstwerk.
William Douglas kletterte wieder nach oben. »Das ist das herrlichste Kunstwerk, das ich je gesehen habe. Weißt du, was es bedeutet, Ketan?«
Ketan erzählte ihm von dem Duplikat in Kronweld.
Douglas pfiff vor sich hin. »Das ist schon etwas. Wie lange soll die Statue in Kronweld schon existieren?«
»Wir haben Aufzeichnungen von mehr als tausend Ta ra. Und das Abbild der Ersten Frau war immer schon da.«
Der Ungesetzliche wandte sich wieder der kleinen goldenen Statue zu. »Ich möchte wissen, wer sie hierhergebracht hat – und weshalb.«
John Edwards war nicht so beeindruckt. »Sind wir nur deshalb hergekommen?« fragte er.
»Nein«, sagte Douglas. »Es muß noch etwas anderes geben. Das hier hat wenig Sinn. Was meinst du, Ketan?«
»Ich dachte, daß es einen Eingang geben müßte. Ich sehe noch einmal nach.«
Er sprang in die Grube und nahm die kleine Statue in die Hand. In diesem Augenblick brach der Sand unter ihm zusammen.
»Ketan!« rief William Douglas. Man sah, wie der Sand nachrutschte, aber man hörte nichts.
Und dann kam von weit her Ketans Stimme: »Kommt schnell!«
John Edwards sah Douglas prüfend an. »Glaubst du, daß es sicher ist?«
»Ich weiß nicht. Ich gehe voran. Spring erst, wenn ich dich rufe.«
»Mir gefällt die Sache nicht …«
Aber Douglas war schon in die Grube gestiegen. Er rutschte durch einen dunklen Tunnel und stand plötzlich auf einem Steinboden. Ketan schien seine Anwesenheit gar nicht zu bemerken.
Und dann stand auch William Douglas still …
18
Sie befanden sich in einer Art Nische. Düstere, grob behauene Steine bildeten die Wände und die Decke. Nur der Boden war glatt.
Aber das merkten sie nicht. Sie betrachteten die Szene dahinter.
Ein großer Garten breitete sich vor ihnen aus. Blumen in allen Farben schwankten in einer leichten Brise. Der Duft drang bis zu ihnen herüber. Von einem Teich in der Mitte hob sich eine Fontäne in die Luft. Vögel badeten im Wasser. Dahinter ragten schlanke Bäume in einen blauen Himmel.
William Douglas bemerkte im Unterbewußtsein, daß John Edwards nach ihm rief, aber er konnte keine Antwort geben.
Zwischen den Blumen bewegte sich etwas, und eine Gestalt trat auf sie zu. Ein Mädchen, das sie mit wohlklingender Stimme ansprach.
Ketan starrte sie immer wieder an. Und dann sah auch William Douglas, was Ketan so verwirrte.
Das Mädchen war das lebende Abbild der Statue, die Ketan immer noch umkrampfte. Sie war die Erste Frau.
»Willkommen hier«, sagte sie. »Wir haben euch erwartet. Bitte, folgt mir. Mein Vater möchte euch kennenlernen.«
Sie verstanden die Worte, aber sie bemerkten auch, daß sie völlig veraltete Ausdrücke und Formeln gebrauchte.
Ketan wunderte sich über nichts mehr. »Ich heiße Ke tan«, sagte er. »Das hier ist William Douglas. Und das …« Erst jetzt merkten sie, daß John Edwards noch nicht bei ihnen war.
William Douglas kehrte um und holte ihn.
Das Mädchen schien verwundert. »Wie viele seid ihr denn
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