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Der Mantel - Roman

Der Mantel - Roman

Titel: Der Mantel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frankfurter Verlags-Anstalt
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Geschäft«, kommentierte sie resigniert. Sie lächelte, als Shiva mit großen besorgten Augen in den Raum kam. Der Hund legte sich in die Mitte, zwischen sie beide, den wuchtigen Kopf auf den vorgestreckten Pfoten. Die Augen wanderten hin und her, von Schmidt zur Graseder und zurück, während die Augenbrauen sich gleichsam rhythmisch hoben und senkten, links, rechts und zurück.
    »Ich schloss die Ausbildung ab und ging in eine kleine Kanzlei mit drei Anwälten, Verkehrsrecht. Auffahrunfälle, Stinkefinger und Geschwindigkeitsübertretungen. Über einen Fall fand ich den Kontakt mit Ihrer Sekretärin.«
    »Frau Möhl?«
    »Ja, Frau Möhl. Ich traf mich mit ihr auf einen Kaffee und sie erzählte mir von den Problemen mit Ihrer Frau. Dass sie recht schwierig sei und dass sie die Schikanen nicht mehr länger aushalte. Aber Sie nicht im Stich lassen wollte.«
    »Mich im Stich lassen?«
    »Ja, sie fühlte sich für Sie verantwortlich. Irgendwie. Sie hatte gesehen, dass die Verhältnisse im Ganzen für Sie nicht so … nicht so einfach waren.« Sie hatte kurz gestockt.
    Schmidt schob unruhig Papier auf dem Tisch herum: »Großartig. Ein Pflegefall sozusagen. Und dann durchgereicht von einer Betreuerin an die nächste, so ähnlich, oder?«
    Die Graseder beobachtete ihn nun aufmerksam: »Seien Sie doch froh, dass Sie solche Gefühle auslösen. Wohl besser, als wenn man ganz allein dasteht und keinen kümmert es.«
    Das überging er lieber: »Und dann mussten Sie nur noch den Auswahlprozess meistern?«
    »Ja«, sie lachte kurz auf, »Sie waren nicht so recht das Problem. Ihre Frau musste dazu gebracht werden, an Frau Möhls Empfehlung zu glauben. Die hat das echt gut hingekriegt. Endlos Bedenken geäußert: Muss ein Kind versorgen, kann sich gar nicht richtig reinhängen und so weiter. Zum Schluss hat es geklappt.« Sie seufzte, als hätte sie gerade erst die Stelle angetreten. »Aber Sie sind dann mit meiner Frau auch unglaublich umsichtig umgegangen.«
    »Das fand ich nicht so schwer. Ich habe ihre Ängste verstanden. Die Beeinträchtigung ihres Privatlebens, die zu große Nähe mit der Kanzlei in der Wohnung. Eine Frau, die tagsüber fast ihre eigene Rolle spielte. Und …«, wieder hielt sie kurz inne, »na ja, Sie sind halt so in sich gekehrt oder, wie soll ich sagen, nicht sehr gesprächig. Jedenfalls konnte Ihre Frau nicht immer ganz den Riesenunterschied feststellen.«
    »Was soll das nun wieder heißen? Erklären Sie mir das bitte.«
    Sie beugte sich vor und streichelte Shivas Kopf: »Dachte ich mir, dass das schwierig wird. Ist ja auch nicht wirklich mein Thema, Herr Schmidt.«
    »Wenn ich Sie darum bitte?«
    »Also, was ich meine, ist, dass Sie Ihre Gefühle nicht so sehr zeigen. Darum hat sie sich oft nicht beachtet gefühlt oder geliebt. Und dann will man keine andere Frau da haben, auch noch jünger, und man weiß nicht genau, was das für ein Verhältnis ist. Verstehen Sie das?«
    »Irgendwie schon, ja«, sagte er betrübt. »Aber das ist nun schon lange passé. Und wie soll das nun mit uns weitergehen? Und was ist mit Franz?«
    »Er hat vor kurzem herausbekommen, dass ich bei Ihnen arbeite. Was ihm überhaupt nicht passt. Er verlangt von mir, dass ich gehe. Aber das will ich nicht. Ich bin gerne hier.« Sie schaute ihn kurz an. »Natürlich ist das Ihre Entscheidung. Wenn Sie mich unter diesen Umständen nicht mehr wollen, packe ich natürlich meine Sachen. Aber wenn das für Sie in Ordnung ist, bleibt alles wie bisher. Genauso«, bekräftigte sie ihren Wunsch.
    Schmidt, noch zu verblüfft über die Fülle der Enthüllungen, als dass er überlegt hätte reagieren können, lächelte sie in dem Versuch, eine gewisse Souveränität vorzutäuschen, breit an: »Wenn Sie hier keine Mandanten abschleppen, bin ich einverstanden.« Und mit einem Blick auf die hüpfenden Augenbrauen über rollenden Hundeaugen fügte er an: »Für Shiva und Fabian sollte das auch in Ordnung gehen.«
    Die Graseder sprang von ihrem Bürosessel auf und machte einen unerwarteten Schritt auf ihn zu: »Danke. Und danke, dass Sie auch Fabian erwähnt haben. Er ist stolz auf die Freundschaft mit Ihnen.« Ehe er es sich versah, hatte sie ihm einen Kuss auf die runde Stirn gehaucht, sich aufgerichtet und war mit einem fröhlichen ›Bis Morgen, muss noch einiges erledigen, bevor ich den Herrn Wimmer treffe‹ aus dem Büro geeilt.
    Nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, erhob sich Schmidt, nachdenklich, für eine Flucht war das zu heiter.

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