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Der Marathon-Killer: Thriller

Titel: Der Marathon-Killer: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Stock , Andreas Helweg
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zärtlich von seinem Gesicht und hielt sie. »Ich werde nicht vergessen, wie schön es mit dir war.«
    »Hier, nimm das«, sagte sie und holte einen Chromanhänger aus ihrer Tasche. Er war klein, glänzte silbern und hing an einem Band. Sie nahm ihn in beide Hände und hängte Marchant den Anhänger um den Hals. »Das ist ein Om-Zeichen, der Urklang des Universums. Ohne kann man nicht mit dem Rucksack durch Indien ziehen.«
    Marchant betrachtete den Anhänger, und sie beugte sich vor, küsste ihn auf die Lippen und umarmte ihn. Er wollte noch einmal ihren Mund schmecken, doch ehe er
dazu kam, hielt sie seinen Kopf fest und brachte ihre Lippen dicht an sein Ohr.
    »In Delhi lebt ein Mann namens Malhotra. Frag nach ihm, Colonel Kailash Malhotra, im Gymkhana Club. Er spielt dort jeden Mittwoch Bridge. Vielleicht erinnerst du dich an ihn; er hat deinen Vater gekannt. Und er weiß, wo du Salim Dhar finden kannst.«
    Bevor er etwas erwidern konnte, löste sie sich von ihm, nickte der Leiterin der Abfertigung zu und verschwand. Zwei Minuten später in der Abflughalle schickte sie Prentice eine SMS, dass er seinen Kaffee austrinken und ebenfalls verschwinden könne.
    Sie erkannte Carter nicht, als sie den Flughafen durch den Hauptausgang verließ, aber er bemerkte sie und griff nach seinem Handy. Fünftausend Kilometer entfernt in der Bruthitze von Delhi klingelte ein Telefon.

26

    Daniel Marchant drückte die blaue Tür auf und war nicht sicher, was ihn dahinter erwarten würde. Am vorderen Tor hatte kein Chowkidar, der typische indische Wachmann, gestanden, und er wusste, das Haus war verlassen, doch aus irgendeinem Grunde hoffte er, dass Chandar, der Familienkoch, in seinem kleinen Häuschen auf dem Charpoy liegen und seinen Bagpiper-Whisky-Rausch ausschlafen würde. Der Gedanke war absurd. Er hatte Chandar vor zwanzig Jahren das letzte Mal gesehen. Stolz hatte der einsfünfundvierzig kleine Mann in seiner bauschigen weißen Tracht als Chefkoch des Hochkommissariats seine Vettern aus Nepal beaufsichtigt, die seinem Vater und seiner Mutter während des traurigen Abschiedsessens Chicken-Curry serviert hatten.
    In dem kleinen Raum war es heiß, aber niemand war anwesend. Marchant hatte vergessen, welche Bruthitze im Mai in Delhi herrschte, oder vielleicht hatte er es als Achtjähriger gar nicht gespürt. Ein Kabel hing von der Decke, wo früher eine Glühbirne gewesen war. Davon abgesehen gab es keine Hinweise darauf, dass irgendwer, und schon gar nicht Chandar, hier jemals gelebt hatte.
    Drei weitere Räume für das Personal waren ähnlich verwaist. Zusammen bildeten sie einen eigenen Trakt neben
dem Haupthaus. Er versuchte, sich zu erinnern, wer hier gewohnt hatte: der Mali , der Gärtner, dachte er, oder vielleicht der lächelnde Bruder der Ayah , der den ganzen Tag in der Hitze an seiner Nähmaschine gesessen hatte. Chandars Zimmer war das einzige, das er und Sebastian je betreten hatten. Am Nachmittag, wenn sie eigentlich schlafen sollten, schlichen die beiden Zwillinge an ihrer dösenden Ayah vorbei und halfen Chandar, die Chapatis auszurollen, die er sich als spätes Mittagessen zubereitete. Noch immer hörte Marchant das Zischen der blauen Flammen und fühlte die tröstliche Behaglichkeit der dünnen Fladenbrote, die wie warme Decken zusammengefaltet wurden. Manchmal war Chandars Frau aus Nepal gekommen und hatte mit ihm in dem kleinen Zimmer gewohnt. Doch dann waren die Besuche der Brüder nicht so schön: Sie schimpfte mit Chandar, weil er den Söhnen des Sahibs billiges Mehl zu essen gab, und sie zwickte ihnen zu kräftig in die Wangen.
    Marchant ging hinüber zum Haupthaus und schaute durch ein Fenster hinein, das wie alle anderen im Erdgeschoss mit verzierten Metallstangen vergittert war. Er erinnerte sich an den kalten Marmorboden in der Halle, der so glatt und weitläufig war, dass Sebastian, er und Chandar dort Kricket spielen konnten. Allerdings hatte er damals noch geglänzt und war nicht so schwarz und schmutzig gewesen wie jetzt. Es ließ sich kaum abschätzen, wie lange das Haus schon leer stand. Dem Vorhängeschloss und der Kette an der Vordertür nach zu urteilen vermutlich schon seit Jahren.
    Hinter ihm befand sich der Swimmingpool. Der Boden war mit Laubschichten nicht nur eines Herbstes bedeckt,
die in dem wenige Zentimeter hohen, fauligen Wasser verrotteten. Die einst blauen und makellosen Kacheln waren gesprungen oder fehlten und schufen ein ganz eigenes Muster des Verfalls. Marchant bemühte

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