Der Marathon-Killer: Thriller
Papiere durch, die er aus dem Büro mitgebracht hatte.
»Harriet?«, meinte Chadwick und ließ sich neben Armstrong nieder. »Würden Sie bitte anfangen?«
Sie hatten sich zwei Stühle am anderen Ende des großen ovalen Tisches ausgesucht, so weit wie möglich von Denton und Fielding entfernt. Einen Moment lang fühlte sich Fielding, als ginge es um einen Bagatellstreit im Büro eines Provinzanwaltes.
»Wir haben gerade die neuen Testergebnisse des Laufgurts erhalten«, sagte Armstrong. »Das Labor hat sie in der Nacht geschickt. Wie Sie wissen, gab es einen Zünder, der über das TETRA-Netz ausgelöst werden konnte. Und zwar nur über TETRA, was uns bereits bekannt war. Nicht bekannt jedoch war bislang die Nummer, die eine dritte Partei hätte wählen müssen, um die Bombe zu zünden, und wer im Besitz dieser Nummer war.«
»Bisher haben wir Daniel Marchant verdächtigt«, sagte Chadwick, »denn schließlich hatte er an dem Tag ein TETRA-Handy dabei.«
»Obwohl er vielen Menschen das Leben gerettet hat«, sagte Fielding.
»Aber es gab keinen Beweis«, fuhr Chadwick fort, wie ein Politiker, der einen Zwischenrufer ignoriert.
»Den gibt es jetzt«, übernahm wieder Armstrong. Sie hoffte, Fielding würde als Reaktion auf ihr dünnes Grinsen erstarren, doch der Chef lehnte sich zurück, streckte die langen Beine seitlich aus und wandte den Kopf in Richtung Fenster. Fielding wusste, was jetzt kommen würde. Leila war einfach zu clever und hatte sie alle reingelegt.
»Als wir Marchants Wohnung durchsucht haben, fanden wir sein altes TETRA-Handy, das er beim Marathon bei sich trug. Er hatte einige Nummern im Kurzwahlspeicher - das Büro, Leilas Nummer, sein Vater zu Hause. Aber als wir die Büronummer überprüften, erreichten wir nicht die Vermittlung beim MI6, sondern den Zünder am Laufgurt.«
Fielding starrte weiter aus dem Fenster. Marchant hatte das Telefon nach dem vereitelten Anschlag sicherlich an Leila zurückgegeben, sie musste nach dem Rennen in seine Wohnung eingedrungen sein und es dort platziert haben. »Erklären Sie mir doch bitte nur eins«, sagte er. »Warum hat er den Attentäter nicht in die Luft gejagt und mit ihm den Botschafter und viele, viele andere verfluchte Läufer?«
Bei diesen Worten zuckte Chadwick zusammen. Er hatte gehofft, Fielding würde endlich verstummen, wenn man ihm Beweise vor die Nase hielt. »Wahrscheinlich hat er seine Meinung geändert.«
»Das sollte man annehmen. Er hat dem Botschafter das Leben gerettet.«
»Wenn ich David recht verstanden habe, gehen Sie davon aus, es handelte sich um eine abgekartete Sache der Amerikaner«, sagte Armstrong und blickte Chadwick an.
»Gar nicht so abwegig, schließlich stand Leila auf ihrer Gehaltsliste.«
»Daniel brauchte quasi nur den Knopf zu drücken, und Turner Munroe wäre gestorben. Glauben Sie wirklich, die Amerikaner hätten das riskiert?«
Fielding antwortete nichts. Beinahe hätte ihm Armstrong
leidgetan wegen ihrer unangebrachten Bewunderung für Spiro und für Amerika. Schuld daran war das FBI. Bei einem Besuch in New York hatten die ihr eine Jacke und eine Baseballkappe mit der Aufschrift »FBI« geschenkt. Sie hatte sogar auf Fotos damit posiert. Für eine zugeknöpfte Whitehall-Bürokratin wie sie muss der Kulturschock das Abenteuer ihres Lebens gewesen sein.
»Marcus, ich fürchte, für Daniel sieht es überhaupt nicht gut aus«, sagte Chadwick. »Ich habe bereits das Büro des Premierministers alarmiert. Wir werden die Unterstützung der Amerikaner in Anspruch nehmen müssen. Ein MI6-Agent hätte beinahe einen ihrer angesehensten Botschafter getötet, das ist nicht gut für unsere Beziehung.«
»Aber er hat ihn nicht ermordet.« Es war nicht mehr als eine Randbemerkung, doch Fielding hatte es schon zu oft wiederholt, als dass es ihn noch kümmern würde. Er stand auf, ging durchs Zimmer und mied jeden Blickkontakt mit Chadwick und Armstrong. In seinem Kreuz breiteten sich Schmerzen aus. Er hatte genug von diesem Spiel.
»Wir wissen alle, dass die Amerikaner keinen Hehl aus ihren Sorgen bezüglich des MI6 gemacht haben«, sagte Chadwick. »Aber diese Geschichte können wir ihnen nicht anhängen, Marcus. Sie sind es immer wieder mit Leila durchgegangen. Sie hat die Laufstrecke verlassen und den MI5 alarmiert, sobald sie den Attentäter bemerkt hatte. Dass Marchant beteiligt war, ahnte sie nicht, doch sie durfte kein Risiko eingehen, insbesondere im Licht der Anweisungen, die sie von den Amerikanern bekommen
Weitere Kostenlose Bücher