Der Marathon-Killer: Thriller
Reihe Kabinen, und in jeder lag eine fünf Zentimeter dicke Matratze auf dem Sand. Marchant hatte sich eine für fünfzig Rupien gemietet und später weitere dreißig für ein Moskitonetz ausgegeben, als die Biester zu stechen begannen.
»Früher herrschte hier mehr Shanti «, sagte Shankar, der Barbesitzer, als er Marchant ein neues Bier brachte. Noch hatte er ihn nicht nach Salim gefragt. Das Israeli-Paar erregte seinen Verdacht: Gelegentlich sahen sie in seine Richtung, und der Mann trug ein Handy in der Tasche, wie man an der Ausbeulung der Shorts erkennen konnte. »Mit der Ruhe ist es vorbei, zu viele indische Touristen. Am Wochenende kommen sie und beobachten die Hippies. Bald ist es hier wie in Goa.«
»Das Bier ist gut«, sagte Marchant und betrachtete das Etikett, das sich seit seinen Rucksacktagen nicht verändert
hatte: Most thrilling chilled - Am besten eisgekühlt. »Ist es schwierig, hier eine Lizenz zu bekommen?«
»Ich habe den Polizisten viertausend Rupien gezahlt, seitdem darf ich Bier verkaufen. Von wo bist du?«
»Irland.«
»Habe ich einmal probiert. Das Guinness.«
»Und?«
Shankar schwenkte den Kopf anerkennend von einer Seite zur anderen, aber Marchant bemerkte, wie abgelenkt er war. Er schaute hinüber zum rund dreihundert Meter entfernten Ende des Strandes, wo ein zweites, größeres Café stand. Vielleicht hatte er irgendeinen Aufruhr bemerkt. Marchant drehte sich um.
»Bakschisch-Problem«, sagte Shankar. Marchant starrte angestrengt in die versinkende Sonne und schirmte die Augen ab. Ihm fiel nichts Ungewöhnliches auf.
»Hat er nicht bezahlt?«
»Vielleicht. Für gewöhnlich kommen sie am Anfang der Saison.«
»Wer? Die Polizei?«
Dann sah Marchant sie, eine Gruppe von mindestens zehn Polizisten, angeführt von einem Mann mit spitzer Kappe und einem Lathi in der Hand.
»Kein Problem, kein Problem. Die sind meine Freunde.«
Aber Marchant hörte die Anspannung in Shankars Stimme. Ohne Hast stand er auf und ging zu seinem Raum im hinteren Bereich des Cafés. Es befand sich nichts darin, denn er hatte kein Gepäck. Rasch nahm er den kleinen Plastikbeutel aus der Gürteltasche, die er ans Bein geschnallt hatte, und vergewisserte sich, dass Pass und Geld darin waren. Dann trat er nach draußen, schlenderte in
den Schatten einer Gruppe Kokospalmen, zwischen deren Stämmen Hängematten gespannt waren, und begann, rasch im Sand zu graben. Ein paar Augenblicke später hatte er Pass und Geld verbuddelt. Er merkte sich den Baum neben der Stelle genau und sah hinüber zu den Polizisten. Sie hatten bei einem anderen kleinen Café angehalten, das sich auf halber Strecke zwischen dem Namaste Café und dem Strandende befand.
»Ich geh schwimmen«, sagte er zu Shankar, der fleißig leere Bierkisten im hinteren Teil der Hütte stapelte. Es war vergebliche Liebesmüh, falls er hoffte, sie auf diese Weise verstecken zu können. Von den anderen Touristen schien niemand besonders auf Marchant geachtet zu haben.
»Viel Spaß«, sagte Shankar. »Die Strömung ist stark.«
Marchant wollte sein Hemd und seine Hose nicht herumliegen lassen. Also ging er angezogen ins Wasser und bemühte sich, nicht an Stare Kiejkuty zu denken. Er schloss die Augen, holte tief Luft, tauchte ins Meer und redete sich ein, er werde schon nicht ertrinken.
»Ich fürchte, Ihre Behauptungen hinsichtlich Leila kommen in Langley nicht besonders gut an«, sagte Carter und betrachtete die Zeitung in seiner Hand, während er sie neben sich auf die Parkbank legte.
»Niemand lässt sich gern sagen, dass er von den eigenen Leuten verraten wird«, meinte Fielding.
»Wissen Sie, ich habe kürzlich in Langley einen Vortrag besucht. Der Kerl hat den Jungspunden erzählt, heute ködere man Verräter nicht mehr mit Geld. Geteilte Loyalität ist das Schlagwort. Das Heimatland ruft lauter als das, in dem man aufgenommen wurde.«
»Warum ist es dann bei Leila so schwer zu glauben?«
»Sie wurde nicht im Iran geboren.«
»Viel fehlt allerdings nicht daran. Sie steht ihrer iranischen Mutter sehr nahe und spricht fließend Farsi. Deshalb wollten wir sie haben. Sie verkörperte die Zukunft des Service.«
Sie beobachteten den Strom der morgendlichen Pendler, die ihren Weg durch den St. James’s Park hinauf nach Whitehall abkürzten. Ein paar Läufer drängten sich zwischen ihnen hindurch. Ein Wagen der Parkverwaltung fuhr mit blinkenden Warnleuchten langsam Richtung Ausgang. Links von ihrer Bank löste ein Mann einen Stapel
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