Der Marathon-Killer: Thriller
Attentäter seinen Sprengstoff nicht gezündet habe, tauchte der VEVAK auf und verprügelte den Koch der Mutter. Falls ein Deal zwischen VEVAK und Leila existiert hat, so hatte sie damit gegen die Vereinbarung verstoßen, weil sie den Anschlag verhindert hat.«
»Und sie hat den Anschlag wegen Marchant nicht durchgezogen?«, fragte Denton und reichte das Transkript zurück. »Weil sie ihren Liebhaber nicht in den Tod schicken wollte?«
Fielding hoffte das. Es würde eine von Leilas Schwächen offenbaren - und Spione lebten nur für die Fehler anderer Menschen.
»Möglicherweise hat ihr die Beziehung zu Marchant etwas bedeutet, ich weiß es nicht. Vielleicht hatte sie das Gefühl, ein erfolgreicher Anschlag hätte ihre Tarnung zerstört. So oder so, die Iraner haben an Leila festgehalten, weil sie nicht nur für den MI6 arbeitete, sondern sich auch bei der CIA eingeschlichen hatte. Sie war unbezahlbar und hatte deshalb eine zweite Chance verdient. Und sie weiß, beim nächsten Mal darf sie nicht versagen. Wir müssen nach Delhi.«
Doch ehe Fielding nach seinem Jackett greifen konnte, gab es draußen einen Aufruhr. Er hörte Otto fluchen - mit äußerst modernen Ausdrücken -, und dann ging die Tür auf. Harriet Armstrong stand im Türrahmen, neben ihr Sir David Chadwick.
»Wir müssen über Daniel Marchant reden«, sagte Chadwick.
37
Marchant stand im Schatten eines Standes, an dem süß duftender Jasmin verkauft wurde, und schaute einer Gruppe Tempelangehöriger mit nackten Oberkörpern zu, die in der Mitte der Straße ging. Ihre Haltung hatte etwas Drängendes, beinahe Sexuelles an sich, mit ihren rasierten Schädeln und den bemalten Körpern, die in dünne Baumwoll- Lunghis gehüllt waren. Ein Stück weiter bogen sie zum Haupteingang des Mahabaleshwar-Tempels ab, dem religiösen Zentrum von Gokarna. Ein junges Pärchen aus dem Westen ging in entgegengesetzter Richtung an ihnen vorbei. Ihre Oberkörper waren ebenfalls nackt, bis auf ihr orangefarbenes Bikini-Oberteil und seine lockere Weste. Beide sahen bekifft aus.
Vorhin war Marchant durch den Außenhof des Tempels geschlendert, wo sich Kühe friedlich zwischen den Hindu-Pilgern bewegten. Er hatte seine Sandalen an einem Schild ausgezogen, auf dem stand »Schuhwerk verboten«, und er hatte zugeschaut, wie die Menschen in das von Kerzen erleuchtete Allerheiligste im Zentrum des Tempelkomplexes strömten. Die Priester hinderten westliche Touristen am Betreten, weil sie nicht sicher waren, ob sie gebadet hatten. Marchant stieg der Geruch seiner eigenen Kleidung in die Nase, und er musste ihnen recht geben.
Laut Sujit, dem Mann, der auf der Busfahrt nach Gokarna neben ihm gesessen hatte, leitete die Stadt ihren Namen aus der Legende von Shiva ab, der hier einmal aus dem Ohr einer Kuh in Erscheinung getreten war. Einer anderen Geschichte zufolge war es die Heimat von zwei Brüdern, Gokarna und Dhundhakari. Gokarna, der mit Kuhohren geboren wurde, wanderte als Asket durch die Welt, während Dhundhakari zu einem berüchtigten Verbrecher wurde. Marchant hatte das Gespräch mit Sujit genossen, der als Journalist in Mumbai arbeitete und in Gokarna Familie hatte, doch er hatte dem Drang widerstanden, allzu viele Fragen zu stellen. Stattdessen gab er die meiste Zeit vor zu schlafen und dachte an die hinter ihm liegende Zugfahrt.
Er war bis zum nächsten Bahnhof auf dem Dach geblieben und dann auf der dem Bahnsteig abgewandten Seite hinuntergeklettert und über die Gleise zu einem verlassenen Teil des Bahnhofs gelaufen. Kirsty und Holly hatte er erzählt, er wolle nach Vasai fahren, das wesentlich weiter entfernt war. Das würde die Polizei ablenken und ihm ein wenig Zeit verschaffen. Trotzdem blieb er wachsam, wartete die ganze Nacht auf dem Bahnsteig ab, wie ein streunender Hund, der sich im Schatten versteckt, und ging erst in der Dämmerung zum Busbahnhof.
Die Durchsuchung des Zugs hatte ihn beunruhigt. Hatten sie es auf jemanden abgesehen, der mit der Bombe im Gymkhana Club zu tun hatte? Oder hatte der Kerl im Bahnhof von Nizamuddin ihn angezeigt? In Gokarna würde er Deckung finden. Hier zog ein steter Strom westlicher Touristen durch die Straßen vor dem Blumenstand.
Manche trugen Rucksäcke, andere hatten, wie er selbst, kein Gepäck.
Sujit hatte gesagt, die meisten Backpacker wohnten im Hotel Om, das gleich neben der Bushaltestelle lag. Dort blieben sie einen Tag oder zwei, erholten sich von den Strapazen der Busreisen, meist aus Hampi, ehe sie ihr
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