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Der Marktmacher

Der Marktmacher

Titel: Der Marktmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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schmieren. Die Affäre ist an die Öffentlichkeit gedrungen, und da habe man Sie entla s sen müssen.«
    »Alles Quatsch!«
    »Ich habe den Zeitungsartikel gesehen, Nick.« Er holte eine Kopie des Artikels aus Boccis Zeitungen hervor.
    »Den hat Dekker Ward lanciert. Ich kann Ihnen einen anderen Artikel zeigen, in dem genau das Gegenteil steht!«
    »Ross hat mir erzählt, daß Sie sich hinter dem Rücken der Firma an die Presse gewandt haben.« Russells Haltung hatte sich verändert. Er beugte sich jetzt vor, das Kinn vorgestreckt, bereit, sich auf eine Konfrontation einzulassen.
    »Und meine Version der Geschichte interessiert Sie überhaupt nicht?«
    »Bitte sehr! Schießen Sie los!«
    Ich versuchte, es ihm zu erklären. Es war schwierig, ohne zu sehr in die Einzelheiten zu gehen, aber ich denke, daß es mir ganz gut gelang. Indes, Russell hörte mir gar nicht zu. Er wollte nicht zuhören.
    Als ich fertig war, klopfte er mit seinem Bleistift auf den Tisch. »Im Grunde genommen, Nick, steht Ihr Wort gegen das von Dekker Ward und das der Presse von Rio.« Er klopfte auf den vor ihm liegenden Bocci-Artikel. »Und im Augenblick ist Dekker Ward einfach zu wichtig für die Z u kunft dieses Instituts. Ich kann es mir einfach nicht leisten, an Dekker Wards Darstellung zu zweifeln.«
    Ich hatte genug. »Russell! Sie haben sich kaufen lassen.«
    »Das ist eine absurde Beschuldigung.«
    »Ist es nicht. Wenn ich von irgendeiner namenlosen City -F irma zu Ihnen gekommen wäre und Ihnen gesagt hä t te, daß ich wieder an die Uni will, hätten Sie mir keine Fr a gen gestellt. Sie hören nur deshalb auf diese Leute, weil die Ihnen Geld versprochen haben.«
    »Ich kann Ihnen nicht guten Gewissens ein Empfehlungsschreiben ausstellen, wenn ich weiß, daß Sie in eine Korruptionsaffäre verwickelt sind.«
    »Sie wissen nichts dergleichen. Alles, was Sie haben, ist das Wort von Eduardo Ross. Diese Forschungsgelder sind an Bedingungen geknüpft, und die erste Bedingung lautet, mir Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Sie schließen Ihr erstes Abkommen mit der Wirtschaft, und binnen eines Tages verabschieden Sie sich von Ihrer Unabhängi g keit!«
    Russell hob die Hände. »Beruhigen Sie sich, Nick! Sprechen wir über die Stellung in Surrey.«
    »Die können Sie sich an den Hut stecken!« sagte ich und stürmte hinaus.
    I n Rekordzeit legte ich die Strecke nach Primrose Hill zurück. Wütend trat ich in die Pedale und vergaß die Schmerzen in Rücken und Beinen. So vorhersagbar Russells Rea k tion auch gewesen sein mochte, sie hatte mich doch sehr enttäuscht. Seit er vor drei Jahren Dekan geworden war, hatte er sich um Forschungsgelder aus der Wirtschaft b e müht. Das war der wichtigste Punkt seiner Strategie zur Absicherung der finanziellen Situation des Instituts. Bislang hatte er allerdings wenig Erfolge zu verzeichnen gehabt. Seine Stellung innerhalb des Instituts war noch nicht gef e stigt. Und er war ehrgeizig. Warum sollte er das alles für e i nen jungen Russischdozenten aufs Spiel setzen, der zwar ganz vielversprechend sein mochte, aber noch nicht einmal einen Doktortitel vorzuweisen hatte? Weil das die moralisch richtige Entscheidung gewesen wäre. Weil er mein Freund und Förderer war. Weil die School of Russian Studies nicht Dekker Ward war.
    Scheißkerl!
    Und warum hatte Dekker Ward das getan? War ich den Leuten so wichtig, daß sie ein oder zwei Millionen springen ließen, um mir meine Chancen in der Wissenschaft zu verbauen? Ich nahm an, daß es in gewisser Hinsicht ein nützlicher Schachzug war. Die School of Russian Studies hatte tatsächlich gute Kontakte und kannte sich aus in Rußland – Kenntnisse, die Ricardo für seine Zwecke gut nutzen konnte. Außerdem hatte Russell im Augenblick nichts als Versprechungen in der Hand. Dekker Ward blieb also notfalls noch genügend Zeit, um einen Rückzieher zu machen, bevor tatsächlich Geld floß.
    Ich ging in den Pub an der Ecke, wo ich wohnte, und holte mir ein Pint und ein Schinkensandwich. Ich überdachte meine Situation. Es würde jetzt sehr schwierig werden, an irgendeiner Fakultät unterzukommen. Und natürlich würde ich auch in der City keinen Job mehr beko m men – wenn ich denn einen gewollt hätte. Für die Promotion brauchte ich noch etwa ein halbes Jahr, die drei oder vier Monate nicht mitgerechnet, die erforderlich wären, um meine Dissertation auf den letzten Stand vor dem Einbruch zu bringen. Dreitausend Pfund hatte ich noch auf dem Konto, der noch

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