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Der Marktmacher

Der Marktmacher

Titel: Der Marktmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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phantastisch aus.«
    Ich lächelte. Ich sah sie vor mir, wie sie aussah, wie sie sich anfühlte, wie sie duftete, wie sie sprach. Sie mußte ganz einfach am Leben sein. Sie mußte.
    Kate hatte sich vorgebeugt und streichelte meine Hand. »Tut mir leid wegen gestern abend«, sagte sie. »Aber Jamie macht mich einfach verrückt. Sein Leben scheint vollkommen von Dekker Ward absorbiert zu werden. Manchmal habe ich das Gefühl, daß er seine Seele an R i cardo verkauft hat.«
    »Ich weiß, was du meinst. Ricardo kontrolliert die Leute gern, die für ihn arbeiten. Er gibt ihnen freie Hand, sorgt aber dafür, daß sich ihre Interessen vollkommen mit den seinen decken. Aber ich kann auch Jamies Standpunkt verstehen. Schließlich muß das alles hier bezahlt werden.«
    »Quatsch!« sagte Kate mit überraschendem Nachdruck . » Wir brauchen das alles nicht. Natürlich ist es angenehm, aber wir könnten genausogut in einer kleinen Wohnung in Chiswick wohnen. Und daß er für mich sorgen muß, ist genau so ein Blödsinn. Ich hatte einen tollen Job in einer Anwaltskanzlei in der City. Da würde ich jederzeit wieder ein ansehnliches Gehalt verdienen können. Natürlich möchte ich mich um Oliver kümmern, solange er klein ist. Aber Dekker Ward muß nicht sein.«
    Ich hielt den Mund. Auf gar keinen Fall wollte ich in einen Streit zwischen Kate und Jamie hineingezogen werden. Vor allem nicht, wenn ich den Eindruck hatte, daß einer von beiden recht hatte.
    »Hast du gewußt, daß er ärgerlich war, weil ich dich eingeladen habe?« fragte sie.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Er sagte, das würde einen schlechten Eindruck in der Firma machen. Ich habe ihm gesagt, er solle sich nicht l ä cherlich machen.«
    »Hör mal, ich möchte auf keinen Fall bleiben, wenn …«
    »Du bleibst«, sagte Kate. Ein Zug grimmiger Entschlossenheit zeigte sich in ihrem Gesicht. Ich war überrascht. Normalerweise war Kate die Ruhe selbst. So erregt wie in den letzten zwölf Stunden hatte ich sie noch nie gesehen.
    Offenbar war mir meine Verblüffung anzumerken. »Mach dir keine Gedanken«, sagte sie mit der Andeutung eines Lächelns. »Jamie freut sich auch, daß du da bist. Ich glaube, er hat selbst gemerkt, wie blöd er sich angestellt hat.«
    Sie trank einen Schluck Kaffee und blickte über den Hügel hinweg, der sich hinter dem Garten erhob. »Weißt du, er hat sich verändert.«
    Zunächst vermied ich eine Antwort. Ich wollte mich mit Kate nicht auf ein so heikles Gespräch über Jamie einlassen. Doch dann merkte ich, daß sie offenbar mit jema n dem sprechen mußte. Vorsichtig wagte ich mich auf das verminte Terrain.
    »Hat er?«
    Kate warf mir einen Blick zu. Sie merkte, daß ich das Gespräch scheute, fuhr aber trotzdem fort. »Du weißt doch, wie er an der Uni war. Nie hat er irgend etwas besonders ernst genommen. Er war immer heiter, freundlich und liebevoll. Als mein Vater starb, hat er sich wunderbar verhalten.«
    Ich erinnerte mich. Kates Vater war bei einem Autounfall getötet worden. Sie war verzweifelt gewesen. Jamie hatte sich als wirkliche Stütze erwiesen. Er schien genau zu wissen, wann sie Aufheiterung und wann sie Ruhe brauc h te.
    »Mir ist er immer ein guter Freund gewesen«, sagte ich . » Sogar die Stellung bei Dekker Ward hat er mir besorgt. Ich weiß, daß es nicht besonders gut ausgegangen ist, aber immerhin hat er sich für mich aus dem Fenster gelehnt.«
    »Stimmt«, sagte Kate trocken, ohne freundlicher dreinzuschauen. »Aber was ist mit Oliver? Als er geboren wurde, war Jamie der liebevollste Vater, den man sich nur denken konnte. Und jetzt sieht er ihn kaum noch.«
    »Es bleibt ihm gar nichts anderes übrig, Kate. Ich habe erlebt, wie es bei Dekker Ward zugeht. Du mußt unglaublic h h art arbeiten. Jamie verbringt nicht mehr Zeit in der Firma als die anderen. Wahrscheinlich sogar weniger.«
    »Aber warum muß er da überhaupt arbeiten? Nach allem, was man dir angetan hat? Nach allem, was man ihm antut?«
    Es war ein Anflug von Verzweiflung in Kates Stimme. Ich wußte die Antwort. Ich hatte Rugby mit Jamie gespielt. Er war einer der ehrgeizigsten Menschen, die ich je ke n nengelernt habe. Und er gab nie auf. Wenn er beschlossen hatte, sein Glück bei Dekker Ward zu machen, dann kon n ten weder Kate noch ich ihn davon abbringen.
    »Weißt du«, sagte sie, »ich bewundere dich wirklich für das, was du getan hast.«
    »Was? Daß ich gekündigt habe?«
    Sie nickte und starrte, den Kaffeebecher zwei Zentimeter von ihren Lippen

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