Der Marktmacher
vieles erzählt, von dem ich nichts wußte. Daß Isabel noch am Leben war und daß ihre Entführer die Annullierung der Übernahme ve r langten.«
»Sie wirkten aber nicht sehr überrascht«, sagte ich.
»Ich wußte nicht, wie ich reagieren sollte«, sagte er und suchte wieder meinen Blick. »Ich wußte nicht, ob Sie mir die Wahrheit sagten. Sie müssen zugeben, daß Sie ein zie m lich gerissener Gegner waren. Vielleicht wollten Sie mich unter Druck setzen, damit ich vor Bloomfield Weiss kapitulierte. Doch als sie Eduardo erwähnten, kam mir in den Sinn, da ß a n Ihrer Geschichte vielleicht doch etwas dran sein könnte. Möglicherweise hatte Eduardo etwas a n gestellt, von dem ich nichts wußte. Es wäre nicht das erste Mal gewesen.«
»Und hatte er?«
»Nein. Ich habe mit ihm gesprochen, und er hat es abgestritten.«
»Klar hat er das.«
»Nick, ich kenne meinen Bruder. Ich weiß, wann er mir etwas verheimlicht, wenn ich auch nicht immer weiß, was es ist. Und ich weiß, wann er wirklich unschuldig ist. Gla u ben Sie mir, in diesem Fall ist er unschuldig.«
»Aber ein paar Schläger hat er schon angeheuert, um mich zusammenschlagen und meine Wohnung verwüsten zu lassen, oder?«
Ricardo zuckte mit den Achseln. »Das tut mir leid. Manchmal schießt er ein bißchen über das Ziel hinaus.«
»Und Sie haben Russell Church gekauft, damit ich auf gar keinen Fall wieder an der School of Russian Studies a r beiten konnte.«
Ricardo nickte. »Das ist richtig. Ich habe etwas gegen Leute, die das Team verlassen. Sie wissen, ich war enttäuscht von Ihnen. Ich fühlte mich im Stich gelassen.«
Die ganze Wut kam wieder in mir hoch. »Ach, ich habe Sie im Stich gelassen?« Ich schrie es fast heraus. »Und was ist mit Martin Beldecos? War sein Tod auch das Ergebnis von Übereifer? Oder nur von Enttäuschung?«
»Nein, um Gottes willen! Ich habe immer geglaubt, er sei einem mißlungenen Einbruch in einem Hotel zum Opfer gefallen. Und als Sie am Strand von Ipanema niedergestochen wurden, habe ich es für einen Raubüberfall geha l ten.«
»Ich weiß , daß es kein Raubüberfall war«, sagte ich.
»Mittlerweile vermute ich das auch«, sagte Ricardo. »Tatsächlich nehme ich an, daß Sie einiges über diese Vorgänge wissen, was mir unbekannt ist. Deswegen bin ich hier. Erzählen Sie mir, was in Brasilien geschehen ist.«
»Kennen Sie Francisco Aragão ?«
»Ach?« Ricardo hob die Augenbrauen. »Natürlich. Er ist Lucianas Bruder. Hat er etwas damit zu tun?«
»Aber gewiß doch.« Ich war mir nicht sicher, ob Ricardo tatsächlich keine Ahnung von Franciscos Beteiligung hatte, sah aber keinen Grund, warum ich Ricardo nicht a l les erzählen sollte, was ich wußte. Isabel ergänzte meinen Bericht mit dem, was sie während der Entführung erlebt ha t te.
Ricardo hörte uns aufmerksam zu, wog jede neue Information sorgfältig ab und fügte alles Stück für Stück für sich zusammen. Als ich zu Ende war, sagte er nichts, sondern blickte wie geistesabwesend vor sich hin. Er dachte nach.
»Nun?« sagte ich in der Hoffnung, eine Reaktion zu erhalten.
»Ja?«
»Hat Francisco Geld bei Dekker Ward angelegt?«
Ricardos Augen richteten sich auf mich. »Soweit ich weiß, nicht. Jeder Anleger ist einem von uns persönlich bekannt, und wir machen mit niemanden Geschäfte, von dem wir wissen, daß er mit Drogen zu tun hat. Ich weiß definitiv, daß Francisco Verbindungen zu Drogengeldern hat, und bin seit Jahren bemüht, jede Geschäftsverbindung mit ihm zu vermeiden. Ich habe mir immer eingebildet, das sei mir gelungen.«
»Aber irgend jemand bei Dekker Ward muß sich mit ihm eingelassen haben.«
Ricardo zuckte mit den Achseln. »Vielleicht haben Sie recht. Ich weiß es nicht. Das ist alles ziemlich rätselhaft, nicht?« Er hielt einen Augenblick inne. »Falls ich entdecken sollte, daß Francisco Dekker Ward ohne mein Wissen zur Geldwäsche benutzt, wäre ich natürlich ziemlich besorgt und würde ihn sicherlich sofort anzeigen.«
Etwas unvermittelt leerte er sein Glas mit Mineralwasser, erhob sich und zupfte aus seiner Brieftasche eine Zehnpfundnote für die Getränke hervor. »Ich muß jetzt in die Firma zurück. Ob Sie es mir nun glauben oder nicht, Isabel, ich freue mich sehr, Sie am Leben zu sehen. Und natürlich arbeiten Sie weiter bei Dekker Ward. Kommen Sie wieder ins Büro, wann immer es Ihnen paßt.«
Isabel schüttelte den Kopf, gestattete sich aber ein kleines Lächeln. »Nein, vielen Dank. Ich denke, Sie werden
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