Der Marktmacher
Kerton. »Und damit, Gentlemen, können wir, denke ich, schließen.«
Stahl war wütend. Zornig flüsterte er auf Godfrey ein, während er Kerton und Ricardo böse Blicke zuwarf. Dann verließ er finsteren Gesichts und ohne Abschiedswort den Konferenzraum.
Auch ich hatte Schwierigkeiten, mich zu beherrschen. Es war unglaublich, was sich da eben abgespielt hatte. Nach all der Mühe, die ich unternommen hatte, den Verkauf von Dekker Ward in die Wege zu leiten, mußte ich nun mite r leben, wie uns Ricardo die Firma vor der Nase we g schnappte! Von nun an würde er die alleinige Kontrolle über Dekker Ward haben. Und ich hatte gehofft, daß er spätestens am Nachmittag seine Stellung verloren haben würde. Was heißt, gehofft? Ich hatte fest damit gerechnet, daß, wer auch immer die Versteigerung gewinnen mochte, Ricardo Ross auf die Straße setzen würde. Doch er hatte mich überlistet. Er hatte uns alle überlistet.
Luís sah mich an, zuckte mit den Achseln und sagte: »Verabschieden wir uns von Kerton, und gehen wir.«
Etwas steif reichte Lord Kerton uns dreien die Hand. Ruhig meinte Luís zu ihm: »Warum haben Sie das getan? Sie wissen doch, daß Ricardo Ross Sie fast ruiniert hat. Warum haben Sie an ihn verkauft?«
Lord Kerton sah nicht ganz glücklich aus, antwortete aber aufrichtig: »Vor einer Woche war die Firma zehn Millionen Pfund wert. Jetzt sind es achtundachtzig. Irgendwann ist e s a n der Zeit, daß man sein Geld nimmt und einen Schlußstrich zieht. Und ich denke, dieser Zeitpunkt war für mich gekommen.«
Daraufhin gingen wir, ohne den neuen Besitzer von Dekker Ward eines Blickes zu würdigen.
S ergio schloß sich uns zum Dinner an, das etwas gedämpft verlief. Luís war enttäuscht über die Niederlage. Aber die Blicke, mit denen er seine Tochter immer wieder streifte, waren nicht zu übersehen. Sie war am Leben, und das war das einzige, was wirklich zählte für ihn.
Ich hatte noch immer keine Bleibe, und Luís bestand darauf, mich noch ein paar Nächte im Savoy unterzubringen, damit ich Zeit hatte, mir etwas zu suchen. Ich sträubte mich nicht dagegen. Ich wußte, daß ich einigen Grund ha t te, mir Sorgen zu machen, aber mit Isabel an meiner Seite wollte ich im Moment nur an die Gegenwart denken.
Als wir auf unsere Zimmer kamen, fanden wir die Nachricht vor, daß uns jemand unten in der American Bar erwartete.
Es war Ricardo. Er saß in einer entlegenen Ecke der Bar und nippte an einem Glas Mineralwasser. Er paßte gut in das Ambiente mit seinem makellosen Anzug, monogrammbestickten Hemd, Seidenschlips und diesem Flair von lateinamerikanischem Reichtum.
Isabel und ich waren wie vom Donner gerührt, als wir ihn erblickten. »Was will denn der hier?« fragte sie.
»Keine Ahnung. Aber das läßt sich leicht herausfinden.«
Ricardo stand auf, als wir nähertraten, reichte uns aber nicht die Hand. Ich machte sicherlich keinen sehr freundlichen Eindruck, und Isabels Gesicht war kalt wie Eis.
»Nick, Isabel, vielen Dank, daß Sie gekommen sind«, begann er.
»Wir wußten nicht, daß Sie es sind«, sagte Isabel.
»Ach, hat man Ihnen das nicht ausgerichtet?« fragte er, al s h ätte da einer der Hotelangestellten eine Nachlässigkeit begangen. »Aber ich wäre Ihnen trotzdem dankbar, wenn Sie mir ein paar Minuten schenken könnten. Ich würde das Gespräch, das ich vor zwei Wochen mit Nick hatte, gern fortsetzen.«
Die Eröffnung war durchaus dazu angetan, meine Neugier zu wecken. »Okay«, sagte ich und setzte mich. Isabel folgte meinem Beispiel. Ricardo winkte einen Kellner herbei und bestellte ein Bier für mich und ein Glas Weißwein für Isabel. Wir warteten.
»Ich freue mich außerordentlich, daß Sie unverletzt und frei sind, Isabel«, begann er. »Es muß schrecklich für Sie gewesen sein. Es liegt mir sehr viel daran, Sie davon zu überzeugen, daß ich mit Ihrer Entführung nichts zu tun gehabt habe.«
Er hielt inne und blickte uns beide mit seinen klaren blauen Augen an. Etwas vorgebeugt, mit seinem offenen und ruhigen Gesicht, sah er aus, als sage er die Wahrheit. Doch Isabel und ich gaben seinen Blick unbeeindruckt z u rück. Das reichte nicht, um uns zu überzeugen.
Ricardo schwieg. Unbehaglich lang war die Pause, bevor er wieder das Wort ergriff: »Ich weiß, daß Sie mir nicht glauben, und eigentlich überrascht es mich auch nicht. Aber hören Sie, ich denke, wir können uns gegenseitig he l fen.«
Noch immer zeigten wir keine Reaktion.
»An jenem Tag, Nick, haben Sie mir
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