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Der Marktmacher

Der Marktmacher

Titel: Der Marktmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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Ich finde, das hat Hand und Fuß.«
    »Ich weiß. Charlotte verfügt als Analystin über die seltene Gabe, Fakten und Spekulationen so miteinander zu verknüpfen, daß am Ende eine Meinung herauskommt, mit der sich Geld verdienen läßt. Und Sie können sicher sein, daß ich Charlottes Meinung zu schätzen weiß.«
    Er inhalierte den Rauch seiner Zigarette. »Nehmen Sie Mexiko. Charlotte ist da skeptisch. Sie rechnet in ein bis zwei Monaten mit einer Abwertung der Währung und glaubt, daß diese die Anleger genauso verschrecken wird wie die letzte. Und ich stimme ihr zu.«
    »Also verkaufen Sie Mexiko und kaufen Argentinien?«
    Ricardo lächelte. »Sie lernen rasch. Im Prinzip ist das richtig. Auch Argentinien ist keine schlechte Entscheidung. Die Anleihen sind viel zu billig. Doch leider ist das nicht so einfach.«
    »Warum nicht?«
    »Weil Mexiko eine Milliarde Dollar aufnehmen will. Und das ist ein Geschäft, das über uns laufen muß.«
    »Verstehe. Aber Sie können doch keine mexikanischen Anleihen an Anleger verkaufen, die Angst vor einer Abwertung haben.«
    »Völlig richtig.«
    Ich dachte nach. »Können Sie nicht jemand anders das Geschäft überlassen?«
    »Normalerweise würde ich das in Betracht ziehen. Nat ü rli c h müßten wir beteiligt sein. Das ist unser Markt, wir sind immer beteiligt. So sind nun einmal die Regeln. Aber vielleicht könnten wir bei der Transaktion mit ein paar anderen Häusern kooperieren und so das Risiko verringern. Zu unserem Leidwesen bemüht sich jedoch Bloomfield Weiss um das ganze Geschäft. Und denen kann und will ich es nicht überlassen.«
    »Sind das nicht die Leute, die Ihnen Ihr Osteuropa-Team abgeworben haben?«
    »Richtig. Sie haben uns im Visier. Sie wollen die Nummer eins werden. Noch vor kurzem haben sie sich einen Teufel um die Schwellenländer geschert, doch in den let z ten Monaten haben sie ihre Meinung offenkundig rev i diert.«
    »Wir können sie doch sicherlich rausdrängen, oder?«
    »Das ist gar nicht so leicht. Für die konventionellen Märkte sind sie die Topadresse an der Wall Street. Und sie verfügen über zehnmal soviel Kapital wie wir. Damit kö n nen sie sich überall einkaufen.«
    »Also, was haben Sie vor?«
    »Ich weiß es wirklich nicht.« Nachdenklich blies er den Rauch seiner Zigarette an die Decke. Ich überließ ihn se i nen Gedanken und fühlte mich geschmeichelt, daß er mich an meinem zweiten Tag für wert befand, solch ein Problem mit ihm zu besprechen.
    Schließlich richtete er wieder das Wort an mich. »Also Sie tendieren zu Argentinien?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Warum?«
    Ich holte tief Luft, bevor ich antwortete. »Die Entscheidung, den Peso an den Dollar zu koppeln, scheint sich zu bewähren. Und die Anleihen sind nur deshalb fünf Punkte abgesackt, weil ein großer amerikanischer Anleger sie seit einiger Zeit verkauft. Sie sind ihr Geld wert.«
    »So, so. Und welche Anleihe würden Sie besonders em p fehlen?«
    »Die Discounts.« Das waren Brady-Bonds, die Argentinien emittiert hatte, als es vor ein paar Jahren seine Kredite neu verhandelt hatte. »Finden Sie nicht auch?«
    Ricardo lächelte. »Wissen Sie, daß mein Vater Argentinier war?«
    »Hat mir Jamie erzählt.«
    »Nun, ich habe eine alte Maxime. Laß einen Trader nie mit den Anleihen seines eigenen Landes handeln. Ihm fehlt die notwendige Distanz. Was mich selbst betrifft, setze ich mich zwar für gewöhnlich über diese Regel hinweg, aber in diesem Fall …«
    Er griff zum Telefonhörer.
    »Wen rufen Sie an?«
    Er blickte auf die Uhr. »US Commerce hat in San Francisco ein Büro, das noch geöffnet haben müßte. Einen A u genblick. Brad?« Pause. »Ricardo Ross. Wie sieht es bei I h nen mit Argentinien aus? Die Discounts … Zwanzig Mi l lionen? … Natürlich, ich warte.«
    Er grinste mich an. »Der Bursche ist in Panik. Aber ich kenne ihn. Wenn es um ein Geschäft in dieser Größenordnung geht, dann macht er es möglich. Das ist er sich selbst schuldig. Besonders, wenn die Order von jemandem wie mir kommt.« Dann wieder ins Telefon: »Siebenundsec h zigeinhalb? Ein bißchen viel, nicht wahr, Brad? … Ich weiß, daß es spät ist. Na gut, ich nehme zwanzig zu einhalb.« Er legte auf und wandte sich an mich. »Sagen Sie mir, wann ich verkaufen soll, ja?«
    Ich nickte und spürte, wie sich mein Puls beschleunigte.
    »Zeit, nach Hause zu gehen, meinen Sie nicht? In acht Stunden fangen wir wieder an. Schlafen Sie denn nie?«
    »Nicht sehr viel. Und Sie?«
    »Dito.«

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