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Der Marktmacher

Der Marktmacher

Titel: Der Marktmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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Überfälle in so kurzem zeitlichen Abstand beweisen, wie gefährlich es für Banker ist, nach Lateinamerika zu reisen. Es sei denn, man schenkt einer sehr viel unheilvolleren Erklärung Glauben. Aus unterrichteten Kreisen bei Dekker Ward ist nämlich zu erfahren, daß Martin Beldecos die Herkunft von Geldern in Erfahrung bringen wollte, die bei Dekker Trust, einer Dekker-Ward-Tochter auf den Caymans, eingegangen waren. In Caracas geht das Gerücht, der Mord an Beldecos sei nicht das Ergebnis eines fehlgeschlagenen Einbruchs, sondern eine Auftragsarbeit gewesen. Das wurde von einem Dekker-Ward-Sprecher entschieden dementiert, der versicherte, die ganze Firma sei über diese Tragödie tief betroffen und spreche den Angehörigen von Martin Beldecos ihr tiefes Beileid aus.
    Jamie überflog den Artikel und warf mir einen besorgten Blick zu. »Das haben sie doch nicht von dir, oder?«
    »Nein«, sagte ich. »Aber interessant ist es schon, nich t w ahr?«
    »Nichts als Klatsch. Richtigen Ärger wird es erst geben, wenn Edurado herausbekommt, wer mit dem IFR gespr o chen hat. Sieh mal, da kommt er schon.«
    Eduardo ging quer durch den Saal zu Ricardos Schreibtisch hinüber, sein gelbes IFR -Exemplar in der Hand. Einige Minuten berieten sie sich, dann stand Eduardo auf.
    »Mist! Er kommt hierher«, flüsterte Jamie.
    Er war in der Tat eine eindrucksvolle, ja beunruhigende Erscheinung mit seiner finster gefurchten Stirn.
    »Kommen Sie mit!« knurrte er und verlangsamte kaum seinen Schritt, als er an Jamies Tisch vorbeiging.
    Ich war gemeint und tat, wie mir geheißen. Ich folgte ihm in sein Kabinett mit den dunkel getönten Scheiben.
    »Setzen Sie sich!« sagte er.
    Ich setzte mich.
    Er ging um den Schreibtisch herum und nahm ebenfalls Platz, seine breiten Schultern über den weißen Block vor ihm gebeugt. Unverwandt sah er mich an.
    »Nun?«
    Anfänglich eingeschüchtert von seiner Ausstrahlung, wurde ich nun meinerseits wütend. Ich hatte nichts Unrechtes getan und keine Lust, mich wie ein Schuljunge a b kanzeln zu lassen.
    »Was, nun?« erwiderte ich und begegnete seinem Blick.
    »Haben Sie mit dem IFR gesprochen?«
    »Nein.« Ich zwang mich zur Ruhe.
    Eduardo lehnte sich in seinem Stuhl zurück und suchte mit seinen Augen meinen Blick. Sie waren groß, dunkel und voller Zorn. Sie schienen mich wie die seines Bruder s d urchbohren zu wollen, um bis zur Wahrheit vorzudri n gen.
    »Niemand darf ohne Erlaubnis von Dekker Ward mit de r P resse reden«, sagte Eduardo. »Und Gerüchte wie diese in die Welt zu setzen, ist Verrat an allen, die hier arbeiten. Dekker Ward hat hart daran gearbeitet, in Lateinam e rika einen makellosen Ruf zu genießen. Solche Gerüchte können uns ungeheuren Schaden zufügen. Verstehen Sie?«
    »Ich verstehe das sehr gut«, erwiderte ich. »Wie gesagt, ich habe mit keinem Journalisten gesprochen. Ich kenne überhaupt keine Wirtschaftsjournalisten.« Der Ärger schnürte mir Kehle und Brust zu. Ich spürte, wie meine Wunde zu klopfen begann. »Vor einer Woche bin ich auf einer Dienstreise für Dekker Ward niedergestochen worden. Ich finde, ich verdiene Ihr Vertrauen. Genaugenommen e r warte ich es sogar.«
    Eduardo betrachtete mich, die vollen Lippen geschürzt . » Ich hoffe, Sie sagen die Wahrheit«, meinte er, »denn wenn nicht …«
    Ich hatte genug. »Nochmals muß ich Ihnen das nicht bestätigen«, sagte ich. »Wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen.« Damit stand ich auf, verließ das Zimmer und spürte, wie sich sein Blick förmlich in meinen Rücken bohrte.
    Jamie hatte recht, es gab keine Möglichkeit , Eduardo jetzt noch von dem Fax an Martin Beldecos zu berichten.
    Im Laufe des Vormittags wurden weitere Mitarbeiter in Eduardos Büro gerufen, unter anderem auch Jamie. Die Atmosphäre im Börsensaal veränderte sich spürbar. Ich war nicht der einzige, der wütend war.
    Um die Mittagszeit tauchte Ricardo aus Eduardos Büro auf und blieb vor Jamies Schreibtisch stehen.
    »Nick, ich habe den leisen Verdacht, daß Eduardo heute morgen etwas zu grob mit Ihnen umgesprungen ist«, sagte er.
    Ich nickte. »Das ist er. Und noch dazu völlig unbegründet. Er hat überhaupt keine Veranlassung zu der Annahme, ich hätte mit der Presse gesprochen. Immerhin bin ich schließlich derjenige, der niedergestochen worden ist.«
    »Ich weiß. Und es tut mir leid. Ich habe Vertrauen zu Ihnen und Eduardo auch. Es macht eben nur einen miserablen Eindruck, wenn die Firma mit einem Mord und Narco-Dollars in

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