Der Marktmacher
Zusammenhang gebracht wird, und darüber ist mein Bruder wohl ein bißchen ärgerlich gewesen. M a chen Sie sich nichts daraus, Sie leisten gute Arbeit, und wir wissen das zu schätzen. Vergessen wir die Geschichte ganz einfach , okay?«
Er klopfte mir auf die Schulter und ging zu Dave und Miguel, die ebenfalls ziemlich mitgenommen aussahen.
Ich warf Jamie einen fragenden Blick zu. »Das kommt von Zeit zu Zeit vor«, sagte er. »Dann rastet Eduardo aus und spielt sich fürchterlich auf. Wenigstens scheint diesmal niemand auf der Strecke geblieben zu sein.«
Ich war noch immer wütend. Doch dann ereignete sich etwas, was die Gedanken an Geldwäsche, Eduardo und den Mord an Martin Beldecos in den Hintergrund treten ließ. Die Brady-Schlacht.
ELF
D ie Schlacht begann am Mittwoch morgen um sieben Uhr fünfzehn. Wir begannen sie. Oder vielmehr Ricardo.
Das Schlachtfeld war mein argentinischer Discount Bond.
Diese Bonds sind aus Argentiniens Brady-Plan entstanden und haben ihren Namen von dem amerikanischen F i nanzminister Nicholas Brady, der sich ursprünglich für die Idee stark machte. Anfang der neunziger Jahre erklärten sich die Banken, die Lateinamerika Kredite in Milliarde n höhe gewährt hatten, dazu bereit, diese Schulden, die nicht mehr bedient werden konnten, in Bonds umzuwandeln. Man bezeichnete sie als Brady Bonds. In den folgenden Jahren unterwarfen sich die meisten lateinamerikanischen Länder einem solchen Brady-Plan, so daß Brady Bonds im Wert von mehr als hundert Milliarden Dollar im Umlauf waren. Überflüssig zu sagen, daß deren Handel Dekker Ward viel Freude bereitete. Die argentinischen Discounts oder »Argy Discos«, wie sie bei den Bankern hießen, w a ren eine von drei Anleihekategorien, die 1992 aus dem argentinischen Brady-Plan hervorgegangen waren.
Nachdem sich, wie üblich, jeder zur aktuellen Situation geäußert hatte, teilte uns Ricardo seine Idee mit. »Wie wir alle wissen, ist Argentinien schon seit geraumer Zeit billig, und es wird immer billiger. Es gibt eigentlich keinen Grund dafür. Cavallos Peso-Plan zeitigt Erfolge, und die Banke n krise ist unter Kontrolle. Es wird dort also kein zweites M e xiko geben.« Er spielte auf die Krise an, die M e xiko nach der katastrophalen Währungsabwertung im D e zember 1994 ereilt hatte .
»Die Discos sind billig. Wir wissen, daß der Shiloh-Fonds Unmengen davon auf den Markt geworfen hat. Das werden wir uns zunutze machen. Pedro und ich haben bereits eine Größenordnung von zweihundert Millionen e r standen, aber das ist erst der Anfang.«
Es verschlug mir den Atem. Zweihundert Millionen! Ricardo hatte wahrlich nicht übertrieben, als er mir erzählte, er habe eine Menge Bonds gekauft. Stolz erfüllte mich. Von den vielen Bonds hatte sich Ricardo ausgerechnet meine herausgepickt, um den Markt aufzumischen. G e spannt hörte ich zu.
»Mit einem Volumen von etwas über vier Milliarden Dollar sind die Discos die kleinste der drei argentinischen Anleihen. Das sind immer noch ’ ne Menge Bonds, aber wir gehen davon aus, daß drei Milliarden in festen Händen sind und bei diesen Kursen nicht verkauft werden, weil die Leute Verluste zu verbuchen hätten. Wenn wir uns also weitere vier bis fünf Millionen verschaffen, müßten wir eigentlich für Bewegung auf dem Markt sorgen können. A l so, holt euch die Bonds, wo ihr sie nur kriegen könnt.«
Die Gruppe ließ ein Gelächter ertönen. »Gefällt mir, die Idee«, sagte Dave.
»Beteiligen wir unsere Kunden?« fragte Jamie.
»Nicht zu diesem Zeitpunkt«, sagte Ricardo. »Heute ve r schärfen wir den Druck auf die Kurse, um zu sehen, was der Markt hergibt. Aber fordern Sie Ihre Kunden nur zum Verkauf auf, wenn es unbedingt sein muß. Damit Sie mo r gen nicht als Trottel dastehen. Noch Fragen?«
Keine.
»Sonst noch etwas?«
Carlos Ubeda, der Leiter der Kapitalmärkte, meldete sich zu Wort. »Ja, eines noch, Ricardo. Wir müssen morgen ein Angebot für das Emissionsmandat machen. Zwei Mill i arden Dollar, fünf Jahre.« Carlos meinte, daß Mexiko durch eine Anleihenemission zwei Milliarden Dollar aufnehme n w ollte und uns nun aufforderte, die Rendite zu nennen, bei der wir bereit wären, das Mandat zu übe r nehmen.
»Zwei Milliarden! Ich dachte, die wollten nur eine. Das ist ein ganz schöner Brocken. Warum so viel?«
»Die müssen dieses Jahr einen Haufen Schulden zurückzahlen. Und Sie kennen doch die Mexikaner. Die ze i gen der Welt nun mal gern, daß sie größere Geschäfte
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