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Der Marktmacher

Der Marktmacher

Titel: Der Marktmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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waren wir beide wach und saßen vor dem Telefon. Natürlich klingelte es nicht. Sorgenvoll blickten wir uns an, als das Ultimatum ablief.
    Die Warterei begann sich langsam körperlich bemerkbar zu machen. Luís und ich litten beide unter Schlafmangel, obwohl ich inzwischen so erschöpft war, daß es mir imme r hin gelang, während kurzer Zeiträume zu dösen. Luís tigerte in der Wohnung herum und sah schlecht aus. Und es war erst der dritte Tag. Cordelia war schon am Tag z u vor nach Hause gefahren, nachdem wir ihr versprochen hatten, sie sofort anzurufen, wenn es Neuigkeiten gab. Am Mit t woch abend hatten wir immer noch nichts gehört. Am Nachmittag war auch Nelson nach Hause gefahren. Wir sollten uns sofort mit ihm in Verbindung setzen, wenn sich etwas tat.
    Zum Abendessen gab es Omelette und Salat. Luís rührt e s ein Essen kaum an. Es war ihm gelungen, während der zurückliegenden Tage die Fassung zu bewahren, von dem kurzen Gefühlsausbruch einmal abgesehen, als er sich mit Nelson über die erste Forderung der Entführer gestritten hatte. Doch als wir beide beim Abendessen saßen, fingen seine Lippen plötzlich an zu zittern. Er bedeckte das G e sicht mit den Händen, begann zu schluchzen.
    Stumm betrachtete ich ihn. Schließlich streckte ich hilflos die Hand aus und berührte ihn am Arm.
    »Sie ist tot«, sagte er.
    »Nein. Vielleicht rufen sie später an.«
    »Warum sollten sie? Es war eine einfache Frage. Sie hätten nur mit ihr reden und zurückrufen müssen. Sie haben gesagt, wenn ich nicht bis zwei Uhr gestern nacht zahle, werde sie sterben. Sie ist tot.«
    »Vielleicht ist es ja wirklich ein Bluff. Vielleicht sind es gar nicht die richtigen Entführer.«
    »Wie das? Darüber haben wir doch schon gesprochen. Niemand weiß davon.«
    Das stimmte, darüber hatten wir in der Tat schon gesprochen. Doch plötzlich fiel mir etwas ein.
    »Warum haben sie mich im Hotel angerufen?«
    »Sie sind Ihnen vom Hotel aus gefolgt«, sagte Luís . »Sie wußten, daß Sie dort wohnen.«
    »Ja, aber sie hätten Ihre Nummer von Isabel erfahren können. Warum haben sie sie nicht ganz einfach gefragt?«
    Luís schwieg für einen Augenblick. Dann hellte sich sein Gesicht auf, um sich gleich darauf wieder zu verdüstern. »Es sei denn, sie ist tot. Dann hat sie ihnen die Nummer nicht mehr geben können.«
    »Sie haben überhaupt keinen Grund, Isabel umzubringen, Luís .« Meine Gedanken, die seit drei Tagen Purzelbäume schlugen, begannen sich plötzlich wieder zu ordnen . » Jetzt begreife ich! Es muß der Taxifahrer gewesen sein. Er hat die Entführung miterlebt und ist dann davongefahren. Sicherlich hat er es Freunden erzählt und sein Glück mit einer Lösegeldforderung versucht.«
    Luís hörte zu.
    »Ich rufe Nelson an. Mal sehen, was er davon hält.«
    Doch bevor ich auch nur zum Hörer greifen konnte, läutete das Telefon. Ich erstarrte. Luís hob ab.
    Ich nahm den Kopfhörer, den Nelson zwischengeschaltet hatte. Diesmal war es eine andere Stimme. Jünger, ruh i ger. Luís redete etwa zwei Minuten lang. Ich konnte nicht ve r stehen, was gesagt wurde, aber Luís lächelte, als er au f legte.
    »Und?«
    »Es war ein anderer Mann. Er nennt sich Zico. Er sagt, er hat Isabel, und verlangt ein Lösegeld. Ich habe ihm die Frage nach dem Teddy gestellt, und er schien nicht beunruhigt. Er hat gesagt, er würde uns wieder anrufen und den Namen durchgeben.«
    Eine zentnerschwere Last fiel von mir ab. Der erste Anrufer war also tatsächlich ein Trittbrettfahrer gewesen. Z i cos Stimme war mir um einiges lieber. Sie klang viel ruh i ger, vernunftgesteuerter.
    »Zico? Ist das nicht der Name eines Fußballspielers?«
    »Ja.« Luís lächelte grimmig. »Er war phantastisch. Er hat für Flamengo, meinen Verein, gespielt.«
    »Wieviel verlangt er?«
    Luís runzelte die Stirn. »Fünfzig Millionen Dollar.«
    »Fünfzig Millionen! Um Himmels willen! Haben Sie denn so viel?«
    »Theoretisch würden meine Anteile bei Horizonte wohl soviel wert sein, aber ich müßte die Bank schon verkaufen, um an das Geld heranzukommen. Und das wäre schwierig, nein, unmöglich.«
    »Immerhin ist es ein Anfang«, sagte ich.
    Luís lächelte. »Ja, das ist es.«
    NEUNZEHN
    D ie nächsten beiden Tage waren eine Erleichterung. Nach einer halben Stunde rief Zico mit der richtigen Antwort auf Luís ’ Frage an: Lulu. Er drohte zwar, daß Isabel sterben würde, wenn die fünfzig Millionen Dollar nicht bis zum Ende der Woche gezahlt werden würden, aber Luís

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