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Der Marquis schreibt einen unerhörten Brief

Der Marquis schreibt einen unerhörten Brief

Titel: Der Marquis schreibt einen unerhörten Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Tomeo
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gekämpft, doch nie zuvor gab es auch so viele, die sich derart willfährig und schamlos dem Konsum ergeben haben. Und dann sind da noch die anderen, die von der Rechten, um ihnen einen Namen zu geben. Wieviele Ehefrauen gibt es, denen es an Anregungen mangelt. Ich sage es ganz offen, Bautista: noch nie war fremdes Fleisch so leicht zu haben wie heute. Welche Rolle spielt es also angesichts des großen Vorteils Ihres Hinkens, ob Sie Ihren Militärdienst geleistet haben oder nicht? Was macht es schon, ob Sie bei der Infanterie oder bei der Artillerie gedient haben oder aber für völlig untauglich erklärt wurden? Machen Sie sich über diese Lappalien Gedanken, jetzt, da es vor den Kasernentoren von Wehrdienstverweigerern nur so wimmelt? Hinken Sie, mein Freund, hinken Sie, und schämen Sie sich dessen nicht, denn es ist besser, mit Anmut zu hinken, als überhaupt nicht und auf Plattfüßen daherzustapfen wie ein Bär... Obwohl, wenn ich es recht bedenke – das wird mir jetzt erst klar –, diese höchst spezielle Art Ihres Hinkens uns vor einige verdrießliche Probleme stellen kann. Ich will versuchen, Ihnen das mit ein paar Worten zu erklären. Wir haben bereits die Möglichkeit erwogen, daß Don Demetrio Sie in Gesellschaft der Frau Gräfin empfängt, und ich sagte Ihnen, daß Sie in diesem Fall das Froschpärchen in Ihrer Tasche vergessen sollen. Jetzt aber sage ich Ihnen ferner, daß Sie im Beisein der Gattin Don Demetrios weder die Frösche freilassen, noch auch nur einen einzigen Schritt tun dürfen. Bleiben Sie reglos stehen, bis Dona Beatriz verschwindet. Ich werde Ihnen sagen, weshalb: der Herr Graf ist ein eifersüchtiger Mensch. Er war es schon immer und ist es, nach meinen letzten Informationen, auch heute noch. Sie wissen ja, wie die Eifersüchtigen sind. Ihre Eigenliebe ist größer als ihre Liebe. Ein Monstrum, das sich selbst zeugt und gebiert. Don Demetrio ist eifersüchtig auf die Sonne und den Wind, wie es im Liede heißt. Wenn Sie gehen, bewegt sich Ihr Hintern, und wenn die Frau Gräfin, die auf jede günstige Gelegenheit lauert, nicht verhindern kann, daß ihre Augen freudig aufleuchten, kann es einen Riesenrabatz geben. Es kann sogar sein, daß Don Demetrio, ohne der Sache weiter nachzugehen, Sie beide umbringt. Zuerst Sie und dann sie. Denken Sie also einen Augenblick darüber nach, Bautista, wie traurig es wäre, für eine Frau zu sterben, die man noch nicht einmal in den Armen gehalten hat. Gehen Sie behutsam zu Werke, seien Sie vorsichtig, und vermeiden Sie jede Bewegung, wenn Dona Beatriz zugegen ist. Rühren Sie sich nicht, auch wenn der Herr Graf energisch befiehlt, Sie mögen sich entfernen. Widerstehen Sie tapfer allen Anweisungen und sogar Befehlen, die er Ihnen in diesem Sinne gibt. Bewegen Sie sich nicht, doch soll Don Demetrio an Ihrer leidenden Miene erkennen, wie gern Sie sich bewegen würden, wenn Sie es tun könnten, ohne eine Katastrophe zu entfesseln. Verstehen Sie mich, Bautista? Es würde mich zutiefst schmerzen, wenn Sie durch die Hand eines eifersüchtigen Ehemannes stürben, obendrein noch ohne jede Schuld. Wenn Sie tot sind, was wird dann aus mir? Wo könnte ich einen Diener wie Sie finden? Wer würde sich, wie mein guter Bautista, bereitwillig darein finden, sich grün zu kleiden und ein Paar Frösche in die Tasche zu stecken? Denn die Frösche — gleich, ob Sie sich ihrer im entsprechenden Augenblick werden bedienen können oder nicht – halte ich auch weiterhin für das allerwichtigste Requisit. Gehen Sie, nach Verlassen dieses Raumes, sogleich zum Teich und fangen Sie ein Pärchen. Wählen Sie, wie ich Ihnen bereits sagte, diejenigen aus, die nach Ihrem Dafürhalten am schlimmsten quaken. Und die Ihnen am häßlichsten erscheinen. Alle Frösche sind häßlich, gewiß, aber selbst in der Häßlichkeit gibt es feine Unterschiede. Haben Sie die Frösche in Ihrer Gewalt, dann kommen Sie zu mir und zeigen sie mir. Ich übergebe Ihnen den Brief. Sie kleiden sich grün und machen sich unverzüglich auf den Weg zum Schloß des Herrn Grafen. Übergeben Sie das Schreiben niemand anderem als Don Demetrio selbst. Lassen Sie die Frösche unauffällig im Salon frei, während der Herr Graf sich bemüht, meinen Brief zu entziffern. Genau in dem Augenblick, wenn Sie sehen, daß sein Gesicht rot anzulaufen beginnt. Lassen Sie sie jedoch nicht frei, wenn Don Demetrio Sie in Anwesenheit seiner Frau empfangen hat. Verharren Sie in jedem Fall, aufmerksam und respektvoll, in Schweigen.

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