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Der Marshal ist eine Lady

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Titel: Der Marshal ist eine Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Slade
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Stelle abseits des Wegs ihr Skelett finden. Dort, wohin Norrish sie verschleppen würde, um ihr höhnisch grinsend den Gnadenschuss zu verpassen. Eugenia konnte sich all das geradezu bildlich vorstellen. Doch im selben Maße wie die Bilder aus der Phantasiewelt auf sie einstürzten, wuchs ihr Entschlossenheit, es zu verhindern.
    Wie hatte sie den beiden Kollegen aus Sheridan gesagt? Sie hatte es zum US Marshal gebracht, und damit hatte sie unterstreichen wollen, dass es eine großartige Leistung für eine Frau war. Es sollte nicht umsonst gewesen sein, das schwor sie sich in dieser Minute. Du lieber Himmel, wie viele gefahrvolle Situationen hatten sie schon als Pinkerton-Detektivin durchgestanden! All right, vielleicht war es noch nie so gefährlich gewesen wie hier, in diesem gottverdammten Hohlweg. Aber das bedeutete noch lange nicht, dass sie es nicht schaffen konnte. Sie musste einfach cleverer sein als der Mistkerl.
    Während das hohle Hufetrommeln auf nervenzerfetzende Weise anschwoll, hatte sie die Lösung. Schlagartig schoss sie ihr in den Kopf. Hölle und Teufel, ja, das war es! Und auf der Stelle setzte sie es in die Tat um.
    Sie zog das Pferd herum und trommelte ihm die Absätze in die Flanken. Willig streckte sich der Braune unter ihr und fiel aus dem Stand in einen scharfen Galopp. Mit dem erhöhten Tempo, das sie vorlegte, schien die Biegung der Straße enger zu werden.
    Und plötzlich war er da.
    Vornübergebeugt im Sattel, den Kopf mit dem schwarzen Bowlerhat fast auf der Mähne seines Rappen, hielt er auf sie zu. Die Entfernung, höchstens noch hundert Yard, schmolz rasend schnell zusammen. Und er bemerkte die Sternträgerin erst, als es fast schon zu spät für ihn war.
    Eugenia stand in den Steigbügeln, hatte die Winchester im Schulteranschlag.
    Und feuerte.
    Der Kerl erblickte sie erst in diesem Moment, als der Schuss schon krachte. Erschrocken riss er die Zügel zurück und kam hinter dem Kopf des Pferds hoch. Die Kugel, die eigentlich als Warnschuss gedacht war, erwischte ihn an der rechten Schulter, hieb ihn herum und schleuderte ihn fast aus dem Sattel. Das Pferd stieg schrill wiehernd auf die Hinterbeine. Der Mann, der einen dunkelgrauen Anzug trug, konnte sich nur mit Mühe am Sattelhorn. Den Versuch, sein Gewehr aus dem Scabbard zu ziehen, konnte er nicht zu Ende bringen.
    Auf einmal wusste Eugenia, wen sie vor sich hatte.
    »Carlton Harris!«, rief sie schneidend. »Stehenbleiben! Hände hoch und keine Bewegung mehr!«
    Er zuckte zusammen wie unter einem Peitschenhieb. Der Plan, den er mit Norrish gefasst hatte, musste sich völlig zerschlagen haben. Einen Sekundenbruchteil lang ließ ihn die Erkenntnis erstarren. Dann riss er das Pferd herum und jagte mit Todesverachtung davon – weg von Eugenia, in die Richtung, aus der er gekommen war.
    Sie schickte ihm zwei Kugeln hinterher, gab es dann aber auf, Munition zu verschwenden. Der Fliehende bewegte sich zu rasant, als dass sie ihn hätte erwischen können. Er verschwand, und wenn er seine Hut retten wollte, würde er gut daran tun, sich nicht wieder in Eugenias Nähe blicken zu lassen. Er wusste es wahrscheinlich, und er würde inzwischen begriffen haben, dass es ein Fehler gewesen war, sich gemeinsam mit Norrish auf den Weg zu machen, um ihn bei seinen Racheplänen zu unterstützen.
    Dass es sich exakt so verhalten haben musste, erkannte Eugenia Augenblicke später, als sie erneut nach Nordwesten ritt und den engeren Teil der Wegbiegung erreichte. Sie hatte diese Biegung eben hinter sich gebracht, als sie ihn sah.
    Er stand in der Mitte des Wegs.
    Breitbeinig und herausfordernd wartete er auf sie.
    Die Messernarbe in seinem Gesicht hatte sich an diesem Tag gerötet. Seine einzige Waffe war der Colt an der Hüfte, und er drückte damit ohne Worte aus, was er vorhatte. Sein Pferd hatte er in einem Einschnitt untergebracht, zwanzig Yard hinter ihm, zur Rechten. Es war die erste Abzweigung des Wegs überhaupt. Nur der Schweif des Tiers war zu sehen.
    Eugenia zügelte ihren Braunen, stieß die Winchester in den Scabbard und schwang sich aus dem Sattel. Während sie auf Norrish zuging, schob sie den Jackenaufschlag nach hinten, um den Revolver im Holster freizuhaben. Ungefähr fünfzehn Yard vor ihm blieb sie stehen. Seine Rechte schwebte über dem Kolben des Colts.
    »Ist es das, was du wolltest?«, fragte Eugenia, äußerlich völlig ruhig. Innerlich spürte sie ein Vibrieren, das nicht aufhören wollte. Sie zwang sich, es zu ignorieren. Es

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