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Der Marshal ist eine Lady

Der Marshal ist eine Lady

Titel: Der Marshal ist eine Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Slade
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beiderseits der sandigen Route vervielfachten sich die Möglichkeiten eines Hinterhalts.
    Flache Anhöhen wechselten sich ab mit steileren Hügeln, und die Vegetation reichte von Gebüsch über Baumgruppen bis hin zu ganzen Wäldern, die sich über Hänge und durch Täler erstreckten. Das war jedoch nicht alles; hinzu kamen Unebenheiten der verschiedensten Art – von Bodenmulden, in denen ein Mann sich verstecken konnte, bis hin zu regelrechten Gräben, die sich durch das Buschland zogen und wegen der Dichte des Bewuchses meist nicht einmal aus unmittelbarer Nähe zu erkennen waren.
    Allein auf den ersten drei, vier Meilen, die sie in höchster nervlicher Anspannung zurücklegte, gab es für jemanden, der es auf sie abgesehen hatte, wohl tausend Gelegenheiten, unbemerkt auf sie zu warten und sie dann mit einem gezielten Schuss in aller Ruhe abzuknallen.
    Jake Norrish war es, der dafür in Frage kam.
    Natürlich sann er auf Rache. Nichts andere konnte sie erwarten. Sie hatte ihn schlimmer als einen Hund gedemütigt. Sie hatte ihm vor vieler Augen jegliche Manneswürde genommen. Wer an seiner Stelle würde einfach stillhalten und die erlittene Schmach vergessen. Kein Mann würde das tun, wenn er halbwegs etwas auf sich hielt. Und sofern er sie tatsächlich in der Stadt beobachtet hatte, würde Norrish es hier draußen auf die praktikabelste Weise erledigen können. Doch etwas passte nicht.
    Er hätte es längst tun können.
    Worauf wartete er noch? Vielleicht wollte er sie so sehr in Unsicherheit stürzen, dass sie am Ende nur noch ein zitterndes Nervenbündel und nicht mehr in der Lage war, auch nur einen gezielten Schuss abzugeben. Eine andere, wahrscheinlichere Möglichkeit war, dass er mit ihr reden wollte. Dazu musste er eine Stelle finden, an der er sie in Schach halten konnte.
    Eugenia hatte den Gedanken kaum zu Ende geführt, als der Augenblick gekommen war. Die Straße, jetzt nur etwa fünf Yard breit, verlief auf der Talsohle zwischen zwei Hügeln in einer engen Rechtskurve. Gleich darauf, als die Kurve endete und Eugenias Gesichtsfeld sich wieder erweiterte, mündete die sandige Trasse in einen Hohlweg.
    Reflexartig spannten sich die Muskeln der Gesetzeshüterin an. Sie stellte die Winchester senkrecht, indem sie den Kolben auf das Sattelleder stützte. Auf diese Weise vermochte die Langwaffe blitzschnell in Anschlag zu nehmen. Die Ränder des Hohlwegs überragten sie in ihrer Sitzposition im Sattel noch um Mannshöhe, und zudem wucherte das Buschwerk dort über ihr bis an die Abbruchkante und teilweise sogar darüber hinaus.
    Es gab keine Abzweigungen, keine Durchlässe nach links oder rechts, die ein Entkommen möglich gemacht hätten. Dieser Hohlweg glich einem Tunnel, in dem ein Mensch unentrinnbar gefangen war, wenn er einmal den Fehler gemacht hatte, sich hinein zu begeben. Eugenia wusste nicht, wie lang dieser verdammte Hohlweg war. Womöglich erstreckte er sich über Meilen, und Norrish ließ sie genüsslich zappeln, ehe er endlich auftaucht, um ihr die erlösende Kugel zu verpassen. Sie überlegte, ob sie umkehren sollte. Noch war sie nicht allzu weit in den Weg vorgedrungen, und vielleicht fand sie eine Möglichkeit, ihn zu umgehen, auch wenn es ein Riesenumweg sein sollte. Sie zauderte noch, als sie plötzlich das Geräusch hörte.
    Es war hinter ihr, und sie konnte nicht begreifen, wie das angehen konnte.
    Hufschlag – die simple und geradezu primitive Tatsache eines galoppierenden Pferds, das auf sie zukam. Sie wandte sich im Sattel um und nahm das Gewehr schräg vor die Brust, sodass es die Sache eines Sekundenbruchteils war, es in den Schulteranschlag zu reißen.
    Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass der Hohlweg nicht gerade verlief, sondern in einem langen Bogen. Deshalb vermochte sie den Reiter noch nicht zu sehen. Aber er war da, hinter ihr. Ohne jeden Zweifel. Denn das Hufgetrappel wurde lauter – so rasch, dass er ihr jeden Augenblick auf den Pelz rücken konnte. Und wie es das Unheil wollte, wurde der Bogen der Route vor ihr enger. Ihre Sichtweite im Hohlweg betrug dadurch nur noch fünfzig Yard, allerhöchstens.
    Norrish musste einen oder mehrere Verbündete haben. Das wurde ihr in diesem Augenblick klar. Er hatte seinen Rachefeldzug gut geplant, und er würde ihn jetzt in die Tat umsetzen, an dieser Stelle in der Weite des Landes außerhalb von Sheridan. Niemand würde mitbekommen, was mit ihr geschah, und vielleicht würden Menschen in zehn oder zwanzig Jahren einmal an unwegsamer

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