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Der Marshal ist eine Lady

Der Marshal ist eine Lady

Titel: Der Marshal ist eine Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Slade
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Faltengesicht. Sein Name war Seamus Egan. Er beschäftigte zwei minderjährige Stallburschen, die er vermutlich ausbeutete. Vergeblich versuchte er, Eugenia übers Ohr zu hauen, indem er ihr einen betagten Gaul anpries, der vermutlich nach der ersten Meile außerhalb der Stadt tot zusammengebrochen wäre.
    Mürrisch kassierte er hundert Dollar Kaution für einen ordentlichen braunen Wallach, den Eugenia lediglich mietete. Er überließ sie den Stallburschen, wandte sich grußlos ab und verschwand in seinem Büro. Durch das Fenster konnte er alles beobachten, was im Stall geschah. Sie winkte die beiden Jungen in eine Ecke beim Hinterausgang, wo er sie nicht sehen konnte. Sie gab jedem von ihnen einen Dollar Trinkgeld und schärfte ihnen ein, es sich auf keinen Fall von Egan abknöpfen zu lassen.
    Die Jungen führten den Wallach in den Mittelgang und sattelten ihn mit geschickten Handgriffen. Die Wasserflasche füllten sie mit frischem Wasser aus der Pumpe auf dem Hof. Staunend sahen sie anschließend zu, wie die Frau mit dem Marshal-Stern ihre mitgebrachte Winchester in den Scabbard schob und sich vergewisserte, dass alle sechs Trommelkammern ihres Colts geladen waren. Auch die Schlaufen des Patronengurts, den sie über der Hüfte trug, waren vollständig bestückt. Aus einer Schultertasche nahm sie Munitionspäckchen und zwei flache Blechdosen mit Dauerbrot und Pemmikan, die sie sich im Hotel hatte geben lassen. Sie verstaute alles in den Satteltaschen und überließ den Jungen die Schultertasche zur Aufbewahrung.
    Der Mietstall befand sich fast im Zentrum, nur zwei Häuserblocks vom Hotel »Mountain View« entfernt. Das Post Office war in einem repräsentativen Gebäude an der Main Street untergebracht, nur einen Steinwurf weit vom Rathaus. Eugenia ritt hinüber und leinte den Braunen vor der Post an. Die Telefonkabine war im Raum des Telegrafenbüros untergebracht. Ein kahlköpfiger Clerk mit Ärmelschonern beäugte Eugenia misstrauisch, als sie eine Verbindung mit dem Justizministerium in Washington DC verlangte. Erst als sie ihren Dienstausweis vorlegte und das Gespräch im Voraus bezahlte, bequemte sich der Mann, die moderne Technik in Betrieb zu setzen.
    Eugenia hatte Glück und erreichte ihren Vorgesetzten. Sie schilderte ihm die Lage, und er versprach, seine Beziehungen zum Kriegsministerium zu nutzen. Eugenia bedankte sich und erklärte, dass sie während der nächsten Tage im Hotel »Mountain View« in Sheridan bleiben würde. Sie schwang sich in den Sattel des Braunen und ritt die Main Street hinunter, um die Stadt in nordwestlicher Richtung zu verlassen. Ein paarmal glaubte sie, in Seitenstraßen huschende Bewegungen auszumachen. Jedes Mal, wenn sie hinsah, war jedoch nichts mehr zu erkennen. Sie beschloss, auf der Hut zu sein.
    Als sie den Stadtrand erreichte, zügelte sie das Pferd und horchte. Aber sie vermochte keine Hufgeräusche zu hören. Es herrschte noch kein Betrieb auf der Wagenstraße. Weder Gespanne noch Reiter kamen ihr entgegen.
    Das Land war hügelig und entsprechend unübersichtlich. Die von Spurfurchen durchzogene Straße führte mit vielen Windungen nach Nordwesten, wo sich zehn Meilen entfernt die C-Ranch befand. Über etwa eine Meile außerhalb der Stadt erstreckte sich ein Streifen flachen Geländes, das nur von vereinzelten Buschgruppen durchbrochen wurde. Auch ein kleines Waldstück gab es, rechts vom Weg, in Gewehrschussweite.
    Eugenia zog die Winchester aus dem Scabbard und beförderte die erste Patrone in die Kammer, indem sie den Repetierhebel betätigte. Das metallische Ratschen klang überlaut durch den Hufschlag ihres Pferds, so kam es ihr vor. In Wirklichkeit war diese Wahrnehmung eine Folge ihrer angespannten Nerven. Wenn sie tatsächlich beobachtet wurde und jemand in einem Hinterhalt auf sie lauerte, nun, dann würde ihn ein kleines Geräusch nicht stören. Auf ihrem Weg zur C-Ranch konnte sie sich nicht unsichtbar machen, und deshalb spielte Unhörbarkeit keinerlei Rolle.
    Sie legte die Winchester quer vor das Sattelhorn und hielt sie mit der rechten Hand, während sie die Zügel mit der linken führte. Wachsam spähte sie in alle Richtungen, und in kurzen Abständen drehte sie sich auch um. Doch weder hinter ihr noch seitlich der Wagenstraße vermochte sie irgendetwas zu entdecken, das ihren Verdacht erweckt hätte. Unbehelligt passierte sie das Waldstück, doch sie vermochte sich deshalb nicht zu entspannen. Denn nun tauchte die Straße in das Hügelland ein, und

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