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Der Matarese-Bund

Der Matarese-Bund

Titel: Der Matarese-Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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sie wären die größten Diebe von ganz Nordrußland. Der Fürst stand natürlich auf den Listen der Bolschewiken und sollte hingerichtet werden. Seine einzige Hoffnung war Kerenski, der zu korrupt war, um die großen Familien völlig zu vernichten. Aber mit dem Zusammenbruch des Winterpalastes schwand auch jene Hoffnung.«
    »Was geschah mit Voroschin?«
    »Er wurde zum Tode verurteilt. Ich bin nicht ganz sicher, aber ich glaube, sein Name wurde in den Exekutionslisten gemeldet. Von denen, die entkamen, hörte man im allgemeinen während der folgenden Jahre; wenn Voroschin unter ihnen gewesen wäre, hätte ich mich erinnert.«
    »Warum sollten Sie das? Allein hier in Leningrad gab es Hunderte. Warum die Voroschins?«
    »Die vergaß man aus vielen Gründen nicht so leicht. Es kam nicht oft vor, daß die Zaren Rußlands ihre eigenen Verwandten Diebe und Piraten nannten und sie vernichten wollten. Die Voroschins waren auf ihre Art berühmt. Der Vater und der Großvater des Fürsten waren im chinesischen und afrikanischen Sklavenhandel tätig, vom Indischen Ozean bis nach Südamerika; sie manipulierten die kaiserlichen Banken, trieben Handelsflotten und Firmen in den Bankrott und saugten sie auf. Es geht die Rede, Nikolaus hätte, als er Fürst Andrei Voroschin insgeheim aus dem Palast jagte, erklärt: ›Sollte unser Rußland den Wahnsinnigen zum Opfer fallen, so wird das wegen Männern wie dir sein. Ihr treibt sie uns an die Kehle.‹ Das war einige Jahre vor der Revolution.«
    »Sie sagen ›insgeheim aus dem Palast jagte‹. Warum insgeheim?«
    »Es war nicht die Zeit, um zu zeigen, daß unter den Aristokraten Zwietracht herrschte. Ihre Feinde hätten diese Zwietracht ausgenutzt, um ihr Geschrei von wegen nationaler Krise zu untermauern. Die Revolution schwelte bereits Jahrzehnte vor ihrem Ausbruch. Nikolaus verstand das, er wußte, was geschah.«
    »Hatte Voroschin Söhne?«
    »Ich weiß nicht, aber ich vermute das – so oder so. Er hatte viele Mätressen.«
    »Und die Familie selbst?«
    »Auch hier weiß ich nichts Genaues, aber ich vermute, daß sie alle zugrunde gingen. Du weißt ja, daß die Tribunale gewöhnlich milde urteilten, wo es um Frauen und Kinder ging. Man erlaubte Tausenden die Flucht; nur die größten Fanatiker waren bereit, sich ihre Hände auch mit solchem Blut zu beflecken. Aber ich glaube nicht, daß man den Voroschins die Flucht erlaubt hat. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, aber ich weiß es nicht mit Bestimmtheit.«
    »Ich brauche aber etwas Sicheres.«
    »Das verstehe ich. Meiner Ansicht nach hast du dieses sichere Wissen auch. Zumindest genug, um jede Theorie zu widerlegen, die Voroschin mit dieser unglaublichen Matarese-Gesellschaft in Verbindung bringt.«
    »Warum sagen Sie das?«
    »Weil es für den Fürsten, wenn er entkommen wäre, nicht zu seinem Vorteil gewesen wäre, stillzuhalten. Die Weißen im Exil organisierten sich überall. Wer einen legitimen Titel hatte, wurde mit offenen Armen aufgenommen. Die großen Firmen und internationalen Banken gaben ihnen hochbezahlte Positionen; das war gut für ihre Geschäfte. Es lag nicht in der Natur von Voroschin, solche Großzügigkeit und Prominenz von sich zu weisen. Nein, Wassili. Er muß getötet worden sein.«
    Taleniekov hörte dem Gelehrten zu und suchte nach Lücken in seiner Darstellung. Er erhob sich aus seinem Stuhl und ging zum Teekessel, füllte seine Tasse und starrte geistesabwesend in die braune Flüssigkeit. »Es sei denn, man hat ihm etwas von noch größerem Wert angeboten, um sein Schweigen zu erkaufen, ihn dazu bewogen, anonym zu bleiben.«
    »Diese Matarese?« fragte Mikovsky.
    »Ja. Man hatte ihnen Geld zur Verfügung gestellt. In Rom und in Genua. Ihr Startkapital.«
    »Aber, das war doch genau dafür bestimmt, nicht wahr?« Mikovsky beugte sich vor. »Nachdem, was du mir gesagt hast, sollte es dafür benutzt werden, Meuchelmörder zu bezahlen und die Predigt der Rache dieses Guillaume de Matarese zu verbreiten, ist es nicht so?«
    »So hat es die alte Frau geschildert«, nickte Taleniekov.
    »Dann dürfte es doch nicht dazu benutzt werden, persönliche Vermögen zurückzugewinnen oder neue aufzubauen. Siehst du, das ist es, was ich bezüglich Voroschins nicht akzeptieren kann. Wenn er entkommen wäre, hätte er die Chancen nicht ausgeschlagen, die man ihm ohne Zweifel geboten hätte. Einer Organisation, die sich der politischen Rache widmete, wäre er nicht beigetreten; dazu war er viel zu pragmatisch

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