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Der Matarese-Bund

Der Matarese-Bund

Titel: Der Matarese-Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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runzelte die Stirn. »Nicht sehr häufig. Vielleicht pro Monat zweimal.«
    »Wann war das letzte Mal?«
    »Etwa vor drei Wochen. Ein Historiker vom Schtanov, der etwas recherchieren wollte.«
    »Wo hat er denn gelesen?«
    »In den Archivräumen. Die Bücher dürfen nicht aus dem Raum entfernt werden.«
    Taleniekov hob die Hand. »Und doch hat man etwas entfernt. Man hat es Ihnen geschickt, und es muß schnellstens wieder in die Archive zurückgebracht werden. Ihr Anruf im LeningradBüro sollte recht erregt klingen.«
    Der Mann erschien nach einundzwanzig Minuten; sein Gesicht glühte von der eisigen Luft.
    »Der Beamte vom Nachtdienst sagte, es sei dringend«, erklärte der junge Mann atemlos, öffnete seine Aktentasche und entnahm ihr einen Schlüssel, dessen Bart so kompliziert war, daß man die Drehbank und die Werkzeuge eines Feinmechanikers gebraucht hätte, um ihn zu duplizieren.
    »Und außerdem höchst ungewöhnlich und ohne Zweifel eine gesetzwidrige Handlung«, erwiderte Mikovsky und stand auf, »Aber jetzt, da Sie hier sind, läßt sich das ja alles regeln.« Der Gelehrte ging mit einem großen Umschlag in der Hand um seinen Schreibtisch herum. »Gehen wir hinunter?«
    »Ist das das Material?« fragte der Mann mit dem Schlüssel.
    »Ja.« Der Gelehrte ließ den Umschlag sinken.
    »Was für Material?« Taleniekovs Stimme war scharf, eine Anklage, keine Frage.
    Der Mann war ertappt. Er ließ den Schlüssel fallen und griff nach seinem Gürtel. Wassili warf sich vor, packte die Hand des jungen Mannes, riß sie nach unten, stieß dem Mann die Schulter gegen die Brust und schleuderte ihn zu Boden. »Sie haben etwas Falsches gesagt!« schrie Wassili ihn an. »Kein diensthabender Offizier sagt einem Boten, worin sein Auftrag besteht. Per nostro circolo! Diesmal gibt es keine Pillen! Keine Pistolen. Ich habe Sie erwischt, Soldat! Bei Ihrem korsischen Christus, Sie werden mir sagen, was ich wissen will!«
    »Ich sterbe für unseren Bund. Für unser Heiligtum«, flüsterte der junge Mann in deutscher Sprache, und sein Mund spannte sich, die Lippen traten hervor, seine Zunge… seine Zunge. Seine Zähne. Der Biß kam, die Kiefer verkrampften sich, dann war es zu spät.
    Taleniekov sah mit wütendem Erstaunen zu, wie die Flüssigkeit aus der Kapsel in seine Kehle rann und die Muskeln paralysierte. Es geschah binnen weniger Sekunden; er stieß die Luft aus, ein letzter Atemzug.
    »Rufen Sie das Ministerium!« sagte er zu dem verstörten Mikovsky. »Sagen Sie dem diensthabenden Beamten, daß es ein paar Stunden in Anspruch nehmen wird, das Material wieder richtig einzuordnen.«
    »Ich verstehe nicht. Nichts!«
    »Sie haben das Telefon des Ministeriums angezapft. Der hier hat den Mann mit dem Schlüssel abgefangen. Er hätte ihn hier gelassen und wäre geflohen, nachdem er uns beide getötet hatte.« Wassili riß den Mantel des Toten auf und dann das Hemd.
    Es war da. Das Mal, das kein Mal war, der ausgefranste blaue Kreis der Matarese.
    Der alte Gelehrte griff nach den beiden Büchern auf dem obersten Regal und reichte sie Taleniekov. Das waren der siebzehnte und der achtzehnte Band, die sie durchgeblättert hatten und in denen sie nach dem Namen Voroschin gesucht hatten.
    »Es wäre viel einfacher, wenn wir in Moskau wären«, sagte Mikovsky, stieg vorsichtig die Leiter herunter und ging auf den Tisch zu. »All dieses Material ist übertragen und mit einem Index versehen worden. Wir könnten in einem einzigen Band feststellen, wo wir nachsehen müssen.«
    »Da ist ganz bestimmt etwas, da muß etwas sein.« Taleniekov reichte dem Gelehrten ein Buch und schlug das zweite selbst auf. Er überflog die handgeschriebenen Eintragungen und wendete vorsichtig die brüchigen Seiten.
    Zwölf Minuten später sagte Janov Mikovsky. »Hier ist es.«
    »Was?«
    »Die Verbrechen von Fürst Andrei Voroschin.«
    »Seine Hinrichtung?«
    »Noch nicht. Sein Lebenslauf und die kriminellen Handlungen seines Vaters und seines Großvaters.«
    »Lassen Sie mich sehen.«
    Es war alles da, sorgfältig, wenn auch oberflächlich, mit gleichmäßig präziser Handschrift eingetragen. Die Voroschins wurden als Feinde der Massen geschildert, willkürliche Mörder von Sklaven und Abhängigen, schuldig der betrügerischen Manipulation der kaiserlichen Banken; Schuld an der Arbeitslosigkeit Tausender und am Hungertode vieler weiterer Tausender. Der Fürst war zur Vervollständigung seiner Ausbildung nach Südeuropa geschickt worden, eine ausgedehnte

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