Der Matarese-Bund
bald vorüber. Scofield tat das Ganze als einen Dummenjungenstreich ab.
»Mit unangenehmen Folgen, fürchte ich«, sagte Goldman, »wenn nicht zufällig ein unbekannter Abwehroffizier in der Nähe gewesen wäre.«
»Ihr Sohn ist ein guter Pilot.«
»Das möchte ich ihm auch geraten haben; vom Trinken versteht er nämlich nicht viel.« Goldman lehnte sich in seinen Sessel zurück. »Aber da wir jetzt diesen unbekannten Herrn kennengelernt haben, der so freundlich war, uns seinen Namen zu nennen – was können wir jetzt für ihn tun?«
»Zuallererst darf ich Sie bitten, niemandem zu sagen, daß ich Sie besucht habe.«
»Das klingt aber geheimnisvoll, Mr. Vickery. Ich muß gestehen, daß ich Washingtons Taktik in dieser Beziehung nicht ganz billigen kann.«
»Ich bin nicht mehr für die Regierung tätig; das ist eine persönliche Bitte. Offen gestanden, die Regierung ist nicht mehr mit mir einverstanden, weil ich, glaube ich, in meiner früheren Position Informationen aufgedeckt habe, die Washington – genauer gesagt, das Justizministerium – lieber nicht aufgedeckt wüßte. Ich bin da anderer Ansicht; deutlicher kann ich es nicht ausdrücken.«
Goldman ging auf ihn ein. »Das ist auch deutlich genug.«
»Um es ganz offen zu sagen, ich habe mein kurzes Zusammentreffen mit Ihrem Sohn als Grund benutzt, um mit Ihnen sprechen zu können. Das mag vielleicht nicht besonders korrekt sein, aber es ist die Wahrheit.«
»Ich halte die Wahrheit immer für korrekt. Warum wollten Sie mich sprechen?«
Scofield stellte sein Glas ab. »Es gibt hier eine Firma in Boston, zumindest befindet sich ihre Zentralverwaltung hier. Es handelt sich um einen Konzern, der sich Trans-Communications nennt.«
»Das kann man wohl sagen«, lachte Goldman glucksend. »Die Alabasterbraut Bostons. Die Königin der Congress Street.«
»Ich verstehe nicht«, sagte Bray.
»Der Trans-Comm Tower«, erklärte Anne Goldman. »Das ist ein weißes Steingebäude, dreißig oder vierzig Stockwerke hoch, mit blau getönten Glasscheiben in jedem Stockwerk.«
»Der Elfenbeinturm mit den tausend Augen, die einen anstarren«, fügte Goldman, immer noch amüsiert, hinzu. »Je nachdem wie die Sonne steht, scheinen manche offen zu sein und andere geschlossen, während wieder andere so aussehen als blinzelten sie einem zu.«
»Blinzeln? Geschlossen?«
»Augen«, erklärte Anne und blinzelte selbst. »Die horizontalen Reihen aus getöntem Glas sind riesige Fenster, viele Reihen großer blauer Kreise.«
Scofield hielt den Atem an. Per nostro circolo. »Das klingt eigenartig«, sagte er ausdruckslos.
»Tatsächlich ist es ganz amüsant«, erwiderte Goldman. »Für meinen Geschmack ein wenig ungewöhnlich, aber darauf soll es wohl hinaus. Das Ganze hat eine Art Reinheit an sich, ein weißer Turm inmitten des schwarzen Asphaltdschungels eines Finanzdistrikts.«
»Das ist interessant.« Bray konnte nicht anders; für ihn klang in Goldmans Worten eine seltsame Analogie mit. Der weiße Turm wurde zum Lichtstrahl; der Dschungel zum Chaos.
»Soviel zur Alabasterbraut«, sagte der Anwalt. »Was wollten Sie über Trans-Comm wissen?«
»Alles, was Sie mir sagen können«, antwortete Scofield.
Das schien Goldman etwas zu verwirren. »Alles?… Ich bin gar nicht sicher, ob ich so viel weiß. Es handelt sich um einen typischen multinationalen Konzern, soviel kann ich Innen sagen. Ungewöhnlich stark diversifiziert und brillant geleitet.«
»Ich las neulich, daß eine Menge Finanzfachleute sich darüber wundern, wie umfangreich Trans-Comms Anteil an Veltrup war.«
»Ja«, pflichtete Goldman ihm bei und nickte in der übertriebenen Art eines Menschen, der sich eine etwas alberne Wiederholung anhören muß. »Eine Menge Leute waren tatsächlich verblüfft, aber ich nicht. Natürlich besitzt Trans-Comm einen großen Anteil an Veltrup. Ich behaupte, ich könnte Ihnen vier oder fünf andere Länder nennen, wo die Besitzungen von Trans-Comm dieselben Leute in Erstaunen versetzen würden. Die Philosophie eines Konzerns besteht darin, so weit verzweigt wie möglich einzukaufen und seine Märkte zu diversifizieren. Damit werden die Malthus-Gesetze der Wirtschaft gleichzeitig eingesetzt und widerlegt. Das schafft aggressive Konkurrenz in den eigenen Reihen, sorgt aber gleichzeitig nach besten Kräften dafür, alle äußeren Feinde zu beseitigen. Darum geht es bei den Multis, und Trans-Comm ist einer der erfolgreichsten Multis, die es auf der ganzen Welt gibt.«
Bray musterte
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