Der Matarese-Bund
unterhielten sich miteinander. Es handelte sich offenkundig um Männer, die einander kannten; dies war nicht das erstemal, daß sie zusammen waren.
Die Mauer, die das riesige Hauptgebäude umgab, diente mehr dem Effekt als dem Schutz; sie war knapp acht Fuß hoch und sah von unten viel höher aus. Der erste Joshua Appleton hatte ein teueres Spielzeug gebaut. Ein Drittel Schloß, ein Drittel Festung, ein Drittel Villa mit einem atemberaubenden Blick über Boston. Die Lichter der Stadt flackerten in der Ferne; es hatte aufgehört zu regnen, und ein kühler, durchsichtiger Nebel hing in der Luft.
Bray sah im Licht seiner Scheinwerfer zwei Männer; der zur Rechten gab ihm ein Signal, vor einer Lücke in der Mauer anzuhalten. Er kam der Aufforderung nach; der Weg hinter der Mauer wurde von zwei schweren Ketten versperrt, die an dicken Eisenpfosten hingen, die Türe war in einen mächtigen Bogen eingelassen. Es fehlte nur noch die Zugbrücke mit tödlichen Spitzen, die herunterdonnerte, wenn jemand ein Seil durchhieb.
Bray stieg aus dem Wagen und wurde sofort über die Motorhaube gestoßen; man durchsuchte ihn von Kopf bis Fuß nach Waffen. Von Wachen flankiert, führte man ihn zu der Tür in dem Bogen und ließ ihn eintreten.
Als er sich drinnen umsah, begriff Scofield, warum Nicholas Guiderone das Appleton-Anwesen hatte besitzen müssen. Die Treppe, die Wandteppiche, die Kronleuchter… die schiere Großartigkeit der Halle war atemberaubend. Am nächsten kam ihr, soweit Bray sich das vorstellen konnte, jene ausgebrannte Ruine in Porto Vecchio, die einmal die Villa Matarese gewesen war.
»Hier entlang bitte«, sagte der Wächter zu seiner Rechten und öffnete die Tür. »Sie haben drei Minuten mit den Gästen.«
Antonia rannte quer durch den Raum in seine Arme. Ihre Tränen benetzten seine Wangen, die Kraft ihrer Umarmung verriet ihre Verzweiflung. »Mein Liebster! Du bist gekommen, um uns zu holen!«
»Sch…« Er hielt sie fest. O Gott, er hielt sie fest! »Wir haben keine Zeit«, sagte er leise. »Wir werden bald hier hinausgehen. Alles wird gut sein. Wir werden frei sein.«
»Er möchte mit dir sprechen«, flüsterte sie. »Schnell.«
»Was?«
Scofield öffnete die Augen und blickte an Toni vorbei. Taleniekov saß auf der anderen Seite des Raumes starr in einem Armsessel. Das Gesicht des Russen war bleich, so bleich, daß es wie Kalk wirkte. Seine linke Gesichtsseite war mit Heftpflaster verbunden; man hatte ihm ein Ohr und die halbe Wange weggeschossen. Sein Hals und sein Schulterblatt waren ebenfalls verbunden, er trug eine Metallstütze in Form eines T; er konnte sich kaum bewegen. Bray hielt Antonias Hand und ging auf ihn zu. Taleniekov lag im Sterben.
»Wir holen Sie hier raus«, sagte Scofield. »Wir bringen Sie in ein Krankenhaus. Alles wird gut.«
Der Russe schüttelte langsam den Kopf. Man merkte, daß die Bewegung ihm Schmerzen bereitete, aber er tat es bewußt.
»Er kann nicht sprechen, Liebster.« Toni berührte Wassilis rechte Wange. »Er hat keine Stimme.«
»Jesus! Was haben sie…? Aber nein, in fünfundzwanzig Minuten fahren wir hier weg.«
Wieder schüttelte Taleniekov den Kopf; der Russe versuchte, ihm etwas zu sagen.
»Als die Wächter ihm die Treppe herunterhalfen, hatte er einen Krampf«, sagte Antonia. »Es war schrecklich; sie wurden mit ihm zu Boden gerissen und waren wütend. Sie schlugen immer wieder auf ihn ein – und er hat solche Schmerzen.«
»Sie wurden heruntergezogen…?« fragte Bray verwundert und sah Taleniekov an.
Der Russe nickte. Er griff unter sein Hemd an den Gürtel, zog eine Pistole heraus und schob sie über seine Beine auf Scofield zu.
»Er ist schön gestürzt«, flüsterte Bray, lächelte, kniete nieder und nahm die Waffe. »Man kann diesen Kommunistenschweinen nicht vertrauen.« Dann schob er den Russen zurecht und legte seine Lippen dicht an Taleniekovs rechtes Ohr. »Alles ist sauber. Wir haben Männer draußen. Ich habe rings um den Hügel Explosivladungen gelegt. Die wollen den Beweis, den ich habe; wir kommen raus.«
Wieder schüttelte der KGB-Mann den Kopf. Dann weiteten sich seine Augen und eine Geste drängte Scofield, auf seine Lippen zu achten. Er bildete die Worte: Paschar… sigda paschar.
Bray übersetzte. »Feuer, immer Feuer?«
Taleniekov nickte und formte dann andere Worte, jetzt nur noch ein kaum zu vernehmendes Flüstern. »Saschiganije… paschar.«
»Explosionen? Nach den Explosionen Feuer? Ist es das, was Sie sagen?«
Wieder
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