Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur
Mond unerwartet seine Farberscheinung änderte, so lag das an einer Dummheit der Kaiserin. Wie in anderen Kulturen waren Sonne und Mond den beiden Geschlechtern zugeordnet: Die Sonne als die ruhige, beständige Kraft vertrat das Männliche, der Mond mit seiner Wankelmütigkeit und dem Monatsrhythmus der weiblichen Periode galt als weibliches Prinzip. Wenn die Sonne oder der Mond von einer Finsternis verdunkelt wurde, war es im Verständnis der Chinesen ein Drache, der sie verschluckte. Die Astrologen beobachteten natürlich auch die anderen Himmelskörper genau, denn wenn der Mars am Nachthimmel zu seiner Schleife ansetzte und dabei scheinbar rückwärts zog, konnte das eine Revolte ankündigen. Der beunruhigende, abrupte Richtungswechsel der Planeten wurde von vielen Kulturen ängstlich verfolgt.
Ihre präzisen Beobachtungen am Nachthimmel ermöglichten den Hofastronomen zuverlässige Vorhersagen über unheilvolle Finsternisse, übermäßige Regenfälle oder lange Dürreperioden.
Kalenderkunde im alten China war eine elitäre Angelegenheit, die fern der Öffentlichkeit im Geheimen praktiziert wurde. Der Kaiser war der irdische Meister der Zeit, das Zentrum der Zeitordnung: Er residierte in der Verbotenen Stadt in einem Palast kosmischer Ausrichtung, er legte den Zeitpunkt für Rituale fest beziehungsweise entsprach der Tradition, wenn er zur Sonnenwende die Wachablösung der Jahreszeiten rituell erleichterte.
Erklärtermaßen politische Begriffe waren Zeit und Kalender seit dem 2. vorchristlichen Jahrhundert, als die Kaiser sich Regierungstitel gaben und sie neben der Datierung im 60-Jahre-Zyklus im Sinne einer Langzeitchronologie verwendeten. Solange das chinesische Kaiserreich bestand, wurde der Kalender als Machtmittel eingesetzt, mit dem der Kaiser neuen Landesteilen oder Vasallenstaaten seinen herrschaftlichen Stempel aufdrückte.
Mitte des 17. Jahrhunderts unserer Zeitrechnung brachte das Ende der Ming-Dynastie das seit Langem tributpflichtige und kalendarisch integrierte Korea in Nöte: China galt als kulturelles Zentrum, dem man außerdem dankbar war für den Schutz gegen das begehrliche Japan 50 Jahre zuvor, aber die neue Qing-Dynastie wollte man, notgedrungen, nur politisch als Nachfolger der Ming-Kaiser anerkennen. Wie aber dann mit der Tatsache umgehen, dass in Peking ein Kaiser regierte, der die kulturelle Hoheit allgemein und die Kalenderhoheit insbesondere beanspruchte? Die chinesische Übermacht ließ wenig Spielraum, aber die koreanischen Könige zollten der untergegangenen Ming-Dynastie wenigstens rituell Respekt: Alle sechzig Jahre gedachte man des ersten und letzten Kaisers der Ming-Dynastie sowie dem, der Korea vor Japan beschützt hatte – so wie man an verstorbene Herrscher der eigenen Dynastie erinnerte. Außerdem zählten viele Koreaner undstaatliche Institutionen weiter mit Bezug auf die Regierung des letzten Ming-Kaisers. Dieser passive Widerstand auf kalendarischrituelle Art gegen ein als unrechtmäßig angesehenes Regime wurde zum Politikum, sobald die Chinesen es – zufällig – herausfanden. Gleichwohl hielt sich vielerorts diese unbotmäßige Chronologie noch jahrhundertelang und begünstigte eine eigenständige koreanische Identität.
Einen sehr besonderen Fall von Kalenderwirtschaft hält Indonesien bereit, auch wenn dort längst gregorianischer und islamischer Kalender dominieren. Der traditionelle Pawukon -Kalender der Insel Bali beispielsweise rechnet mit einem Jahr von 210 Tagen, weshalb die Balinesen älter werden als Menschen anderswo – jedenfalls in Jahren dieses Kalenders gerechnet. Die Jahreslänge entspricht ungefähr der Dauer der Regenzeit im Sommer, aber um den Lauf der Sterne kümmert sich diese Zeiteinteilung nicht – weder die offensichtlichen Zyklen von Mond oder Sonne noch die anderer Himmelskörper geben den Rhythmus für diesen Kalender vor, der ursprünglich von der Insel Java stammt und bis auf das 9. Jahrhundert n. Chr. zurückgeht. Kompliziert wird es mit der multiplen Wocheneinteilung der indonesischen Zeitrechnung, die vollkommen künstlich und weltweit einzigartig ist: Die Zyklen des Pawukon haben Längen von zwei bis zehn Tagen und durchlaufen das Jahr unabhängig voneinander. Den Zyklen selbst kommen unterschiedliche Funktionen zu, sei es für wirtschaftliche Aktivitäten oder die Bestimmung von Festtagen, vor allem aber für religiöse Zwecke. Mit Kombinationsrechnungen innerhalb dieser Zählungen werden Berechnungen angestellt, wann für
Weitere Kostenlose Bücher