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Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur

Titel: Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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auf die Kalenderform in religiös gänzlich entzauberten Gegenden bis auf den heutigen Tag nachwirkt. Zum Zweiten aber ist der Zugriff auf die Zeitrechnung schon sehr früh ein Machtfaktor und wird es umso mehr, je weiter sich Gesellschaften und Staaten entwickeln.
    Immer wieder jedoch stieß die Machtausübung mittels Kalender an ihre Grenzen, sei es im Korea des 17. Jahrhunderts oder, besonders eindrucksvoll dokumentiert, in der europäischen Neuzeit. Bis Papst Gregors Reform sich überall durchsetzte, vergingen Jahrhunderte, selbst Französische und Russische Revolution, italienische und deutsche Diktaturen können mit ihren Eingriffen in den Kalender vor der Geschichte nicht bestehen, und das 20. Jahrhundert brachte trotz aller Anstrengungen keine weltweit akzeptable Kalenderreform zustande. Das mag auch daran liegen, dass unsere moderne Globalgesellschaft zwar mehr oder weniger funktionierende gemeinsame Institutionen besitzt, aber keine Weltregierung – und um einen neuen Weltkalender ohne einseitige religiöse Färbung und eurozentristischen Charakter durchzusetzen, benötigte es vermutlich eine. Die Machtkomponente der Kalenderhoheit liegt nicht allein darin, dass ein Staatswesen als Ausdruck politischer Machtausübung einen gut funktionierenden Kalender braucht und Eroberungen auch kalendarisch vollzieht. Machtmittel ist der Kalender ebenso sehr deshalb, weil er als Alltagsinstrument unmittelbar auf das Leben der Menschen einwirkt, kulturell prägt und als soziales Disziplinierungsinstrument dient.
    Die römische Kirche hat ihren Zugriff auf den Kalender weitgehend verloren. Auch die orthodoxen Kirchen und der Islam beharren zwar auf ihren traditionellen Kalendern, können aber nurderen religiöse Rolle wahren. Und dass der nach einem römischen Papst benannte Kalender sich als Universalkalender der Welt weiterhin behauptet, liegt nicht mehr an der Macht der Kirche, sondern an der Macht der Gewohnheit.
    Auf unserem Weg zurück steht noch der Gang an den Ausgangspunkt der menschlichen Zeitordnung aus. Und dort stoßen wir auf eine Grundbedingung menschlichen Daseins: den Drang, sich in Beziehung zur Umwelt zu setzen, die Welt nach Kräften stimmig zu erklären sowie die einzigartigen menschlichen Fähigkeiten einzusetzen, um gestaltend tätig zu werden – Grundvoraussetzung für jede kulturelle Entwicklung, zu deren Errungenschaften Kalender gehören.
Der Knochen der Erkenntnis
    Aus Stanley Kubricks Science-Fiction-Klassiker 2001 – Odyssee im Weltraum von 1968 stammt einer der berühmtesten Schnitte der Filmgeschichte. Ganz zu Anfang des Films sieht man einen vorzeitlichen Menschen in der afrikanischen Savanne, der plötzlich entdeckt, dass ein Tierknochen als Werkzeug und Waffe dienen kann. Er erschlägt damit einen anderen Menschen und wirft dann den Knochen triumphierend in die Höhe. Das Mordwerkzeug schnellt immer höher, bis in die unendlichen Weiten des Weltalls, und – Schnitt! – plötzlich ist ein Raumschiff zu sehen, dessen Form an den Tierknochen erinnert.
    Ein Filmschnitt ist eine Art dramaturgisches Katapult, das in diesem Fall einen mächtigen Zeit- und Raumsprung macht und uns von der grauen Vorzeit in eine Zukunft beamt, in der jenes Raumschiff an die Grenzen von Raum und Zeit reist.
    Kubricks Match Cut zeigt zunächst einen fernen, aber wichtigen menschlichen Entwicklungsschritt, um dann die folgenden Jahrtausendebis zur computergesteuerten Raumfähre mittels Zeitsprung und Filmschnitt zu überbrücken. Ebenso bedurfte es einer Vorentwicklung, bevor selbst ein erster und – aus moderner Sicht jedenfalls – primitiver Kalender entwickelt werden konnte. Voraussetzung dafür war ein zumindest einfaches Zeitverständnis.
    Tiere sind, wenn auch in einem begrenzten Rahmen und auf ihre begrenzten Lebensnotwendigkeiten ausgerichtet, genetisch befähigt, in ihrer Umwelt zurechtzukommen. Der Mensch hingegen muss geistig aktiv seinen Platz in der Welt einnehmen und sie dafür im Rahmen seiner Möglichkeiten und Erfahrungen gedanklich fassen. Ein wichtiges Instrument und unverzichtbar dabei ist die Zeitwahrnehmung, die dem Menschen hilft, sich analog zur räumlichen Orientierung in seinem Umfeld, in seiner Welt zurechtzufinden und zu organisieren.
    Ein einfaches Zeitgefühl ist dem Menschen angeboren und vom Wechsel von Tag und Nacht, von Licht und Dunkel nahegelegt. Es existiert unabhängig von einem Kalender, der von menschlichen Gemeinschaften nach ihren Bedürfnissen und Möglichkeiten

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