Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur
gestaltet wird – um dann wiederum das Zeitverständnis seiner Nutzer maßgeblich zu prägen.
Wenn unser Körper Nahrung braucht, sorgt das angeborene Hungergefühl für den Impuls zu essen. Fuchs oder Schlange machen sich dann ganz instinktiv und ohne aktive Planung zur Nahrungssuche auf – der Mensch hingegen muss die entsprechende Handlung bewusst einleiten, um etwas geschehen zu lassen, was noch nicht ist. Er organisiert diese Handlung zeitlich, um sein Bedürfnis zu befriedigen, er strebt ein zukünftiges Ergebnis an, sei es durch das Sammeln von Waldbeeren oder die Jagd auf ein Tier. Das ermöglicht ihm weniger der Instinkt als die Erfahrung, die sein Gedächtnis beflissen speichert.
Wie wir wissen, hat das menschliche Handeln über Millionen Jahre seit der Entwicklung des Homo erectus ganz andere Ausmaßeangenommen als die bloße Überlebenshandlungskette Hunger – Nahrungssuche – Essen. Seine kognitiven Fähigkeiten haben den Menschen in die Lage versetzt, sich an die Spitze seiner gesamten Umwelt auf der Erde zu setzen. Jede der unzähligen Handlungen auf dem Weg dorthin fand in einem zeitlichen Rahmen statt, den der Mensch ermessen und gestaltet hat.
Mit der bewusst eingeleiteten Handlung und ihrem Zeitpunkt und zusammen mit der Gedächtnisleistung des menschlichen Gehirns tritt zum Jetzt und zum Dann auch die Erinnerung an das Davor, das Vergangene. Drei Zeitebenen stehen der Vorstellung also zur Verfügung: Die greifbare Realität der Gegenwart, wie sie sich der Wahrnehmung darbietet, das möglich Eintretende, die Zukunft, deren Ungewissheit in mancherlei Hinsicht von menschlichem Handeln zu einer Tatsache gemacht werden kann, und schließlich das wissentlich Vergangene, das unveränderlich zurückliegt. Die Handlungsfähigkeit des Menschen und sein potenzieller Erfolg sind unter anderem davon abhängig, wie gut sein zeitliches Verständnis entwickelt ist. Vom Standpunkt der Evolution aus gesehen ist zeitliche Kompetenz also ein Unterscheidungsmerkmal, das einen Vorteil gegenüber anderen verschafft.
Im Unterschied zur linearen Handlungszeit stellt sich die natürliche Umgebung des Menschen als in zyklische Zeit eingebettet dar, anschaulich erlebbar im Wechsel von Tag und Nacht, in Sonnen- und Mondphasen, in wiederkehrenden Naturzyklen von Werden und Vergehen oder, besonders ausgeprägt in den gemäßigten Klimazonen, in den Jahreszeiten. Die mythische und religiöse Zeit bleibt lange eine zyklische – erst mit den Hebräern und ihrer Heilsgeschichte, die sich tief in das moderne Fortschrittsdenken eingebrannt hat, wird die lineare Zeit auch religiös bestimmend.
Forscher vermuten die Evolution des menschlichen Zeitbegriffs als ähnlich der Entwicklung eines Neugeborenen, das ganz allmählichzyklisch Wechselndes wie Licht und Dunkel, Hunger und Sättigung auseinanderhalten kann und von Beständigem wie dem Gesicht der Mutter oder dem großen Stoffmond, der in seinem Bettchen liegt, zu unterscheiden lernt. Später folgt die Wahrnehmung von Handlungszeit, von Davor und Danach. Schließlich wird die gedankliche Spanne von Vergangenheit und Zukunft größer, das Verständnis von Zeit wird abstrakter, hinzu tritt der verstörendste Aspekt der Zeitwahrnehmung: die Erkenntnis der eigenen Sterblichkeit, des sicheren Todes zu einem ungewissen Zeitpunkt in der Zukunft. Weil menschliche Zeitwahrnehmung und das Bewusstsein der eigenen Endlichkeit eng zusammenhängen, treten schon früh religiöse Aspekte zur Wahrnehmung von Zeit, befeuert von dem vielen Unerklärlichen, das sich dem Menschen darbietet, wohin er auch schaut. Daher dürften die Religionen zu eben der Entwicklungsstufe entstanden sein, auf der der Mensch die Zeit für sich entdeckt hat.
Rituelle Handlungen und Opfer sind aus früher Zeit bekannt – auch sie sind ein Beleg für eine klare Zeitwahrnehmung, denn ein Opfer sollte das künftige Geschehen im Sinne des Opfernden beeinflussen. Der frühe Mensch stellte sich die Welt als rundum beseelt vor, weshalb es für ihn nicht nur die – nach unseren Maßstäben – reale Vergangenheit gab, sondern auch die mythische.
Unser modernes Verhältnis zum Firmament ist abgeklärt, häufig genug ignorant. Je mehr wir vom Kosmos wissen, je besser das Weltall erforscht wird, desto eher lassen wir es links liegen. Wir wissen doch längst, wie unendlich weit der Kosmos sich um uns erstreckt (und dass er gekrümmt ist und daher letztlich doch begrenzt). Wir wissen um die Fantastillarden von Sonnen in
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