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Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur

Titel: Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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den Astralgottheiten zu, seien es der mächtige, oft als Jaguar dargestellte Sonnengott K’inich ajaw , die Mondgöttin oder der Kriegsgott Venus. Sonne und Venus waren männlich, die Mondgöttin war, wie in anderen Kulturen auch, eine der wenigen weiblichen Gottheiten.
    Im Weltbild der Maya war alles beseelt – jeder Stein, jede Pflanze, jeder Stern am Himmel. Was immer sich auf Erden zutrug, verdankte sich göttlichen Zutuns. Dessen konkrete Ausformung aber hing ab vom richtigen Verhalten der Menschen, insbesondere von ihrer Demut den göttlichen Dingen gegenüber und ihrer Bereitschaft, den Göttern Opfer darzubringen. Denn wenn die Menschen ihrem Gehorsam den Göttern gegenüber nicht nachkamen, folgte unerbittlich die Strafe: Ausbleibender Regen oder Unwetter, Krankheiten oder Niederlagen im Krieg schickten die erzürnten Götter dann, um die Menschen für ihre Nachlässigkeit oder ihre Aufsässigkeit zu bestrafen.
    Abhängigkeit und enge Bindung an die Natur haben ein mythisches Denken zyklischer Ausprägung hervorgebracht, wie es in anderen frühen Kulturen auch der Fall war. Der Kreislauf von Werden und Vergehen in der natürlichen Umgebung spiegelt sich in Leben und Tod der fern am Nachthimmel stehenden Götter wider. Sie verkörpern die Zeit, deren Lauf mit Riten und Opfern in Gang gehalten werden muss. Dieser Opferauftrag bezieht sich aber nicht nur auf das Wohlergehen der Götter und ihren Segenfürs Irdische: Ganz grundsätzlich sicherten die Rituale den Fortgang der Zeit. Vor allem geht es bei den Opfern um Blut – was aber nicht heißt, dass Menschenopfer jederzeit zum Alltag gehört hätten. Wohl nicht von ungefähr werden Mais und Blut als die Lebensspender schlechthin immer wieder zueinander in Beziehung gesetzt und sind als Elemente der Schriftzeichen häufig gar nicht auseinanderzuhalten.
    Blut als Lebenssaft war die bevorzugte Nahrung der Götter und wurde zeremoniell und reichlich abgezapft. Opfer gehörten zum Alltag der Menschen, und ihre Ausführung wurde vom Kalender bestimmt. Mit einigem Abscheu, aber auch erkennbarem Interesse, schreibt Diego de Landa dazu:

    Sie opferten von ihrem eigenen Blut, indem sie sich manchmal runde Stücke aus den Ohren schnitten, und diese verunstalteten Ohren blieben ihnen als Zeichen zurück. Bei anderen Gelegenheiten durchbohrten sie sich die Wangen und dann wieder die Unterlippen; manchmal machten sie sich Einschnitte in bestimmte Körperteile; manchmal durchlöcherten sie sich die Zunge mit schrägen seitlichen Stichen, und unter schlimmsten Schmerzen zogen sie Strohhalme durch die Löcher; dann wieder rissen sie sich die überflüssige Haut des Schamgliedes ab, sodass dieses wie die Ohren aussah, und hierdurch ließ sich der Verfasser der Allgemeinen Geschichte der Indias täuschen, als er sagte, bei ihnen wäre die Beschneidung üblich.
    Manchmal vollzogen sie auch ein schmutziges und schmerzhaftes Opfer, bei dem diejenigen, die es ausführten, sich im Tempel zusammenfanden, und nachdem sie sich in einer Linie ausgerichtet hatten, bohrte sich jeder ein schräges seitliches Loch in das männliche Glied; sobald sie dies getan hatten, zogen sie die größtmögliche Menge Schnur durch die Löcher, sodass sie nun alle miteinander verbunden und aneinandergereiht waren; sie bestrichen auch den Teufel mit dem Blut von all diesen Schamgliedern, und wer das am meisten tat, wurde für den Tapferstengehalten, und ihre Söhne begannen schon im frühesten Alter, sich dem hinzugeben, und es ist entsetzlich, mit welchem Eifer sie daran hingen. (…)
    Und der Teufel, der sie hierin wie bei den übrigen Dingen täuschte, bezeichnete ihnen die Zeremonien und Opfer, die sie für ihn leisten müssten, um den Nöten zu entgehen. Und wenn sie nicht von ihnen heimgesucht wurden, sagten sie daher, dies geschehe wegen der Zeremonien, mit denen sie ihn ehrten; wurden sie dennoch von ihnen heimgesucht, so gaben die Priester dem Volk zu verstehen und machten ihm weis, dies geschehe durch irgendeine Schuld oder Verfehlung bei den Zeremonien oder derjenigen, die sie ausführten.

    Der Franziskaner de Landa muss sich trotz aller Andersartigkeit an die Volksfrömmigkeit der europäischen Christenheit seiner Zeit erinnert gefühlt haben.
    Götter und Menschen befinden sich also in einer gegenseitigen Abhängigkeit: Das bedeutsame Bindeglied zwischen Mensch und Gott ist in der großen Zeit der Maya-Klassik der König, der gottgleich über seinem Volk steht. Seine Opferrituale, die er

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