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Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur

Titel: Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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stellvertretend für sein Volk vollzieht und die ihn in Trance versetzen, sind so exklusiv wie extravagant, weil sie ihn in Verbindung zur Götterwelt treten oder verstorbene Vorfahren wiedererstehen lassen.
    Auch deshalb ist auf dem Sarkophagdeckel des Königs Pakal von Palenque der Weltenbaum abgebildet: Nicht nur kann sich an ihm die Seele des Toten auf ihrem Weg in die Unterwelt und anschließend himmelwärts orientieren, er steht gleichzeitig für die kosmische Rolle des Herrschers. In der Kosmologie der Maya war der König selbst die lebendige Verkörperung des Weltenbaums, denn er diente als Verbindung zu den Mächten des Himmels und der Unterwelt, zu denen er in den Blutopferritualen stellvertretend für alle in Verbindung trat. Aus religiöser oder ideologischer Sicht war das die eigentliche und vornehmste Aufgabe des Königs: mitden kosmischen Kräften mittels Selbstkasteiung, Trance und Tanz in Verbindung zu treten. Nüchterner ausgedrückt war es für den König das mit Schmerzen verbundene Schauspiel, das ihm Macht und Status sicherte. Das Sarkophagrelief verweist außerdem auf die Sonne als weiteres Symbol der Königsmacht, die ebenfalls im Untergang die Reise nach Xibalba antritt, um wie der König wiederzuerstehen und ihren Platz im Himmel einzunehmen.
Das Rätsel der 260 Tage
    Aber zurück zu Bauer Ben, seinen beschaulichen Momenten vor der Tür seiner Hütte und zum Kalendertag, an dem sie stattgefunden haben könnten. Übertragen auf die christliche Zeitrechnung entspricht die Angabe des Maya-Kalenders in etwa der doppelten Tagesbezeichnung bei der Kombination von gregorianischem mit dem Heiligenkalender der Römischen Kirche, beispielsweise wenn der 1. Januar noch mit dem Zusatz »Hochfest der Gottesmutter Maria« versehen wird. Zu Zeiten, in denen im Abendland die Religion noch einen ähnlich großen Stellenwert besaß wie bei den alten Maya, war auch dem einfachen Christenmenschen der Heiligenkalender stets geläufig.
    Die Wurzeln des Ritualkalenders Tzolk’in mit seinen 260 Tagen reichen tief – wie tief aber, lässt sich nicht mehr zweifelsfrei nachvollziehen. Sicher ist jedoch, dass die Maya, deren ambitionierte Zeitrechnung als herausragendes Verdienst und geradezu charakteristisches Merkmal der am weitesten entwickelten Zivilisation der Region bezeichnet wurde, diesen ersten, grundlegenden Kalender nicht erfunden haben, denn er wurde schon vor ihrer Zeit benutzt.
    Manche Forscher mutmaßen, die Kalenderwirtschaft der Maya reiche zurück bis zu ihren Vorfahren in Sibirien, also in die ferneVergangenheit, als die ersten Menschen aus Asien über Alaska kommend nach und nach den amerikanischen Kontinent bevölkerten. Aufgrund fehlender Zeugnisse lässt sich das nicht beweisen, wohl aber vermuten. Jedenfalls dann, wenn wir steinzeitliche Kerbhölzer und -knochen (wie im ersten Kapitel beschrieben) als Frühformen des Kalenders ansehen und mit einiger Berechtigung diese Praxis auch anderen Menschengruppen des Paläolithikums zuschreiben, von denen entsprechende Gerätschaften aus klimatischen Gründen nicht erhalten sind. Andere Forscher wollen nicht über das Beweisbare hinausgehen und betrachten die Region Mesoamerika als Entstehungsort des Tzolk’in .
    Aber kann der Ritualkalender nicht doch viel älter sein? Welche intellektuellen Fähigkeiten können wir unseren Vorfahren zutrauen, bevor sie die Schrift erfanden und schriftliche Spuren hinterließen? Mögen wir auch verinnerlicht haben, vor Abertausenden Jahren hätten die Menschen mehr vegetiert als gelebt und in Höhlen gehaust, ohne sich neben der Keule nennenswerte Errungenschaften zugutehalten zu können: Solche Einschätzungen entstammen unserer modern-überheblichen Sichtweise und gelten wissenschaftlich längst als überholt. Wir befinden uns also im Einklang mit der Forschungsmeinung, wenn wir vermuten, dass überall auf der Welt schon sehr früh vermeintlich dumpfe Höhlenmenschen in lauer, sternklarer Nacht vor ihrem Höhleneingang saßen, neugierig das Funkeln am Himmel beobachteten und sich ihren Reim darauf machten – zumal wenig andere Zerstreuungen zur Verfügung standen.
    Für unsere Region Mesoamerika, die sich den Tzolk’in teilt, gibt es daher folgende, nicht zweifelsfrei mit Hinterlassenschaften zu belegende Theorie zur Entstehung des Ritualkalenders:
    (Einfache) Himmelsbeobachtungen aus Neugier und Ehrfurcht und das (simple) Wissen um gewisse Regelmäßigkeiten in den Bewegungen der Gestirne könnten die

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