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Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur

Titel: Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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und ihrem heiligen, magischen Charakter bei den Maya könnte die Länge des Tzolk’in darauf beruhen, dass die Dreizehn und die Zwanzig heilige Zahlen waren und daher ihr Produkt 260 als Zeitmaßstab herangezogen wurde. Allerdings könnte die Bedeutung der beiden Zahlen umgekehrt gerade darauf zurückgehen, dass sie im allgegenwärtigen Ritualkalender verankert sind. Dies erscheint dann als wahrscheinlicher, wenn man das Bedürfnis nach verbindlicher Zeiteinteilung als früher entstanden ansetzt als die Fortentwicklung mathematischer Fähigkeiten.
    Des Weiteren entsprechen 260 Tage ungefähr der Dauer einer Schwangerschaft, die im Durchschnitt allerdings 267 Tage lang ist. Man hätte also die ungefähre Tageszahl auf die nächste durch zwanzig teilbare Zahl abgerundet. Diese These wurde von Forschern lange abgelehnt, sei es wegen dieser Ungenauigkeit oder – in allzu männlich-prüder Sicht – mit der Erklärung, Schwangerschaft als Grundlage für einen Ritualkalender sei schon wegen Trivialität auszuschließen. Dabei ist eher das gegenteilige Argument stichhaltig, dass es sich nämlich um ein sehr frühes Grundbedürfnis menschlicher Gemeinschaften handelt, den Geburtstermin einigermaßen vorauszuberechnen. Im zyklischen Verständnis des Lebens waren Geburt und Tod zweifellos auch religiös von herausragender Bedeutung. Ganz abgesehen von der leicht nachvollziehbaren Tatsache, dass den frühen Zivilisationen statistischeWerte nicht zur Verfügung standen – und ohnehin nicht einmal 5 Prozent aller Schwangerschaften den statistischen Wert von 267 Tagen Dauer treffen. Außerdem ist noch heute – und umso mehr vermutlich auch schon vor Jahrtausenden – nicht die biologische Dauer der Schwangerschaft, also von Zeugung bis Geburt, die maßgebliche Zeiteinheit, sondern die Frist zwischen der ersten ausbleibenden Menstruation und der Niederkunft. Darin machten die mesoamerikanischen Völker keine Ausnahme. Man zählte die Mondphasen ab der ausbleibenden Menstruation, wofür die sichtbare Mondphase herangezogen wurde, also jene gut 29 Tage, die zwischen zwei gleichen Mondansichten liegen. Eigentlich sind es rund 29,5 Tage, da aber die Maya weder Bruchzahlen noch Stunden kannten, dürften sie mit 29 gerechnet haben, woraus sich eine Schwangerschaftsdauer von 261 Tagen ergibt.
    Weitere wertvolle Anhaltspunkte liefern die Maya der Gegenwart, die noch heute den Ritualkalender benutzen und ihn ausdrücklich der Schwangerschaft zuordnen. Wie andere Kulturen zu allen Zeiten bringen sie den überwiegend als weiblich angesehenen Mond, Menstruation und Schwangerschaft klar miteinander in Verbindung; der Mond war nicht nur die Gemahlin der Sonne, sondern auch Wachstumsgöttin und Schutzpatronin der Schwangerschaft. Als schlimmstes Omen für eine bevorstehende Geburt galt eine Mondfinsternis, denn das sorgte für Missbildungen beim Kind, gegen die man sich dann entsprechend rituell schützen musste. Die guatemaltekischen K’iche’-Maya bezeichnen noch heute das Menstruationsblut als das »Blut des Mondes« oder als »Zeichen des Mondes«. Der Mond regelt die Menstruation und sorgt, so der Volksglaube, über neun Mondphasen der Schwangerschaft für ihr Ausbleiben. Insofern ist auch schlüssig, dass nicht die Empfängnis den Beginn der Schwangerschaft markiert – zumal bekanntlich nicht jeder Geschlechtsakt eine Schwangerschaft nach sich zieht –, sondern vielmehr das Zeichen des Mondes, derdie Monatsblutung ausbleiben lässt. Im Falle der Mutter unseres Maisbauern Ben war es außerdem mit einiger Wahrscheinlichkeit so, dass eben jener Tag ihrer erstmals ausbleibenden Regel bereits der Tzolk’in -Tag Ben gewesen sein könnte (wenn auch mit anderem Haab -Datum) und sie genau eine »Heilige Runde« später niedergekommen wäre.
    Ein weiteres Erklärungsmodell bringt abermals den Mais ins Spiel, und es ist ja auch nicht allzu weit hergeholt, die universelle Bedeutung des Mais für Mesoamerika insgesamt und die Maya im Besonderen in Beziehung zum Kalender zu setzen. Tatsächlich erstreckt sich die Vegetationsphase des Mais ungefähr über neun Monate, abhängig von den jeweiligen Anbaubedingungen. Ethnologen haben herausgefunden, dass heutige Maya dreizehn Wachstumsphasen unterscheiden, vom ersten Sprössling bis zur vertrockneten Maispflanze kurz vor der Ernte. Daraus lässt sich ein Bezug zu den dreizehn Monaten des Tzolk’in herstellen – aber könnte nicht auch hier die Unterscheidung in dreizehn Wachstumsphasen des

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