Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur
die den besonderen Tag ehrten und die Götter um ihre Gunst angingen.
Eines der großen Kalenderdaten der Maya-Klassik war die Vollendung des achten bak’tun (9.0.0.0.0) im Jahr 435 n. Chr. unserer Zeitrechnung. In Copán würdigte man dieses große Fest unter anderem mit der Aufstellung eines runden Steins, der unter der später gebauten Hieroglyphentreppe gefunden wurde. Darauf abgebildet ist der damalige Herrscher, der Gründer der Dynastie von Copán, Yax K’uk’ Mo mit seinem Sohn und Nachfolger Popol Jol. Der verwies in weiteren Steininschriften später auf dieses große Ereignis, und die Botschaft der Monumente ist klar: Der Dynastiegründer regierte zwar nur rund ein Jahrzehnt, aber eben während des symbolträchtigen Datums 9.0.0.0.0, und sein Nachfolger verwies nicht nur auf die militärischen Verdienste des Eroberers aus Teotihuacán, sondern auch auf die Regierungszeit seines Vaters zu ebendiesem bedeutenden bak’tun -Ende. Indirekt ist darin der Anspruch der Dynastie ausgedrückt, diese Herrschaft einen ganzen bak’tun lang auszuüben, also 400 tun .
Stele 29, Tikal
Auch anderswo beging man das bedeutsame bak’tun -Ende, so in Tikal. Daran erinnert eine redselige Stele, die zehn tun danach aufgestellt wurde und den König bei der Ritualbeschwörung seiner Ahnen zeigt. Der lange, leider nur unvollständig erhaltene Text auf der Rückseite der Stele beschreibt die Frühgeschichte von Tikals Dynastie bis zurück auf ihre Gründung viele k’atun zuvor –mit zahlreichen Datumsangaben, Bezügen zu Zyklusenden und Verweisen auf erwähnenswerte Sternkonstellationen. So groß war die Bedeutung dieser Stele, dass sie im Zuge der Rückgewinnung von Tikals Glanz nach der Niederlage gegen Calakmul in einem Tempelneubau mit allen Ehren wieder aufgestellt wurde.
Gänzlich fremd ist uns ein solcher Brauch übrigens nicht, immerhin zieren moderne Großstädte auch heute Denkmäler und Erinnerungstafeln, die zu bestimmten Jubiläen aufgestellt werden. Wenn beispielsweise 2010 die Bundesrepublik sich selbst zum zwanzigsten Jahrestag der deutschen Einheit von 1990 ein Denkmal schenkt, das zudem am Standort eines früheren Nationaldenkmals für Reichsgründer Wilhelm I. steht, welches wiederum zu DDR-Zeiten aus politischen Gründen beseitigt wurde, lässt sich durchaus eine Parallele ziehen, wenngleich in weltlichdemokratischem Gewand.
Kalenderangaben auf Stelen und anderen Monumenten der Maya-Klassik sind durch die ungewohnte Schreibweise mit Hieroglyphen und der Punkt-Strich-Notation für Zahlen nicht leicht zu lesen, aber auch sonst eine umfängliche Angelegenheit. Die Autorität einer Datumsangabe stieg mit den Bezügen auf bestimmte Ereignisse, die daher mit Vorliebe ins Datum aufgenommen wurden.
Die Datierung der Langen Zählung in Inschriften besteht aus zwei Teilen: Der wichtigste ist die sogenannte Initialserie, die aus den drei Angaben der Langen Zählung, des Haab und des Tzolk’in besteht. Diesen drei Angaben vorangestellt ist die sogenannte Einführungsglyphe, bestehend aus dem Monatszeichen des betreffenden winal im Haab sowie des Zeichens für tun , das jedes Datum der Langen Zählung einleitet und damit den Blick des Kalenderkundigen sofort auf sich zieht.
In unserem Beispiel der Stele E (Ostseite) aus Quirigua ist ganz oben und hübsch eingerahmt der Monat Kumk’u alsKopfhieroglyphe abgebildet, gleich darunter steht das tun -Zeichen. Danach folgen jeweils paarweise die Zeitbündel der Langen Zählung: 9 bak’tun , 17 k’atun , 0 tun , 0 winal , 0 k’in , direkt anschließend das Datum des Tzolk’in : 13 Ajaw . Die Haab -Angabe ist in unserem Beispiel die letzte Glyphe unten rechts: 18 Kumk’u . In der üblichen modernen Schreibweise lautet das Gesamtdatum also 9.17.0.0.0 13 Ajaw 18 Kumk’u , das entspricht dem 18. Januar 771 n. Chr. des julianischen Kalenders.
Stele E, Quirigua
Zwischen der Tzolk’in - und der Haab -Angabe liegen in unserem Beispiel sieben Schriftzeichen-Positionen, die die sogenannte Ergänzungsserie bilden: die Angaben in anderen Zyklen der Maya-Kalenderwirtschaft. Diese Angaben unterschieden sich von Fall zu Fall. Im vorliegenden Beispiel folgt auf das Tzolk’in -Datum mit zwei Zeichen die Angabe zum Zyklus der Götter von Xibalba – die Gesichter schauen entsprechend grimmig drein. An diesem Tag ist der »Neunte Herr der Nacht« zuständig – die Zahl Neun ist allerdings nicht abgebildet, es handelt sich um eine Zählung der Maya-Forschung. Derselbe
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