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Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur

Titel: Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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reichten die Nummer des k’atun sowie die Tagesangaben in Tzolk’in und Haab völlig aus, weil die entsprechende Dreier-Kombination in knapp 19 000 Jahren nur einmal vorkommen konnte. Noch simpler hielt man es in der Postklassik, also den letzten Jahrhunderten vor der spanischen Conquista , indem man das Ende eines k’atun auf den jeweiligen Tzolk’in -Tag eindampfte. Diese Datierungsweise ist heute als Kurze Zählung bekannt und lässt sich vergleichen mit unserer Angewohnheit, von ’68 zu sprechen und vorauszusetzen, dass jedermann weiß, wir meinen das Revoltejahr des 20. Jahrhunderts. Oder wenn wir unser vierstelliges Geburtsjahr auf eine zweistellige Zahl verkürzen, weil niemandannehmen wird, wir seien deutlich älter als ein Jahrhundert. Das letzte k’atun -Ende, das vor der Abreise des Spaniers Cortés aus Kuba gefeiert wurde, fiel auf das Langzeitdatum 11.14.0.0.0 4 Ajaw 8 Pax (30. Mai 1500 nach dem damals in Europa noch gültigen julianischen Kalender). Nach der Sparversion der Kalenderangabe hat man sich auf dieses Jubiläum nur noch mit der Notierung k’atun 4 Ajaw bezogen, wofür man lediglich eine Zahl und ein Schriftzeichen benötigte. Ein solches Datum kam nur alle 260 tun oder 256 Jahre vor: Das vorangegangene k’atun -Ende dieses abgekürzten Datums war im Jahr 1244 begangen worden; das nächste hätte man 1756 feiern können, hätten die Europäer da nicht längst ihr Kolonialregime in der Neuen Welt durchgesetzt.
Kalendermanipulationen zum Machterhalt
    Viele kosmologisch fundierte Kalendersysteme bemühen sich, die Zeit auf Erden in harmonischen Einklang mit dem Lauf der Gestirne zu bringen – und damit dem Schicksalhaften zu begegnen, das sich hoch über den Köpfen der Erdenmenschen am Nachthimmel vollzieht. Die Maya kommen also keineswegs von einem anderen Stern; wir haben Ähnliches bei den Babyloniern, den Ägyptern oder den alten Chinesen bereits kennengelernt. So gestrig uns westlich-weltlich geprägten Menschen das auch vorkommen mag, es besaß zu seiner Zeit für die Menschen eine stimmige Eindrücklichkeit, die wohltuend und entlastend wirkte. Denn die Ordnung auf Erden schuf Beständigkeit und verminderte die Angst vor drohendem Unheil. Unter diesem Aspekt lässt sich durchaus eine Parallele zum europäischen Mittelalter ziehen, in dem die Menschen gleichermaßen an der »alten Ordnung« hingen, die Sicherheit versprach. Das bezog sich in Europa damals auf viele Aspekte – die Beständigkeit einer Dynastie, die Rechtmäßigkeitdes Papstes oder die Rechtsprechung nach altem Brauch der Vorväter. Zeit und Kalender spielten in dieser Vorstellung bis in die Frühe Neuzeit hinein aber ebenso eine wichtige Rolle – nicht zuletzt ablesbar an der Furcht vieler Zeitgenossen angesichts der gregorianischen Kalenderreform und den damit »verlorenen Tagen«. Endzeitängste waren in allen vormodernen Gesellschaften verbreitet (und sind es heute wieder) und ließen sich durch die beruhigenden Erklärungen einer Weltsicht lindern. Und die Vorstellung von guten und schlechten Tagen sowie die daraus erwachsende Notwendigkeit, im Voraus sicherzustellen, dass man nicht das Richtige zum falschen Zeitpunkt tut und dadurch ins Falsche verkehrt, hat sich im Aberglauben erhalten. Selbst heute stehen höchste Entscheidungen mitunter noch unter kalendarischem Vorbehalt der Hohepriester. So musste noch 2008 im abgeschiedenen Bhutan die Krönung des jungen neuen Königs verschoben werden, weil der anvisierte Termin im Verständnis der buddhistischen Priester und Kalendersachkundigen dafür mindestens ungeeignet war.
    Das Beispiel eines zweiten, diesmal nicht namenlosen Gottkönigs der Maya soll als anschauliches Beispiel dienen für die politische Dimension, die der Maya-Kalender ebenso besaß wie andere Kalender in politisch komplexeren Staatensystemen, von Ägypten und Mesopotamien bis zur Sowjetunion – nur eben mit einer spezifischen Ausrichtung gemäß den religiösen und politischen Vorstellungen der alten Maya. Was könnte sich in den Augen eines Maya-Königs und seiner eifrigen Berater besser für propagandistische Zwecke eignen, als ein Anliegen mit dem amtlichen Segen der höchsten irdischen Autorität namens Kalender zu versehen? Werfen wir also einen neugierigen Blick auf den erstgeborenen Sohn des berühmten Königs Pakal von Palenque, Kan Balam II. (Schlange Jaguar), der 684 n. Chr. seinem Vater auf dem Thron nachfolgte. Bereits zu Lebzeiten war Pakal offenbar um einen reibungslosen

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