Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur
Unterweltgott zeichnete auch für das Schöpfungsdatum (0)13.0.0.0.0 verantwortlich und ist überhaupt häufig anzutreffen, weil er generell für k’atun -Enden zuständig ist. Danach folgt die Mondserie: An diesem Tag war Neumond, ab dem gewöhnlich das Alter des Mondes berechnet wird, weshalb Zahlen fehlen, die wie anderswo die verstrichenen Tage seit dem letzten Neumond angeben. Rechts daneben verweist die Hand im Schriftzeichen auf eine weitere Angabe zum Mond: Diese Glyphe bestimmt den Mond innerhalb eines Zyklus von sechs synodischen Mondmonaten, den die Maya-Astronomen mit 177 Tagen ziemlich exakt ansetzten. Die Zahl Zwei verweist auf den zweiten Mond in diesem Sechserpack. Die nachfolgende Glyphe bezieht sich auf die Stellung des Tages in einem längeren Mondzyklus von 18 synodischen Monden. Die Bedeutung der wiederum folgenden Glyphe, als Typ X bezeichnet, ist bisher nicht befriedigend erklärtworden; sie könnte die Sternenkonstellation bezeichnen, in der der Mond am Nachthimmel zu sehen ist. Das nächste Zeichen zeigt an, ob es sich bei der betreffenden Mondphase um eine von 29 oder 30 Tagen Dauer handelt. Da eine Mondphase rund 29,5 Tage umfasst, wechselten die Maya-Astronomen in Ermangelung der Bruchrechnung abwechselnd zwischen 29 und 30. Hier wird die Kopfglyphe der Zahl Neun abgebildet, der Mondmonat hat also 29 Tage. Die umfassende Berücksichtigung der Mondaspekte zeigt, welche Rolle der Mond bei der Datierung und der Himmelsbeobachtung spielte. Abschließend folgt das Haab -Datum 18 Kumk’u . Hier nicht vertreten ist die Einordnung des Tages in den 819-Tage-Zyklus und in die Sieben-Tage-Zählung. Andere mögliche kalendarische Angaben verweisen auf weitere astronomische Konstellationen, seien es Sonnenfinsternisse oder Venusphasen, die sich häufig mithilfe astronomischer Computerprogramme rückblickend bestätigen lassen.
Weniger Brimborium, weil als Datum schlechthin mit genügend Kalenderautorität ausgestattet, verlangte der Nullpunkt der Kalenderzählung, das Schöpfungsdatum (0)13.0.0.0.0 4 Ajaw 8 Kumk’u , rechts abgezeichnet von Stele C in Quirigua.
Stele C, Quirigua
Die Angabe eines Datums in der Langzeitchronologie war also ein ungleich komplizierteres Geschäft, als wir es heute gewohnt sind. Daher erfanden die Maya eine weitere Datumsangabe, um sich das Leben zu erleichtern, wenn in einem Text zahlreiche Datierungen vorkamen – und das war oft der Fall, da zur ideologisch-politischen Aufladung eines Ereignisses kalendarische Bezüge so wichtig waren und möglichst reichhaltig dargeboten wurden. In diesem Fall nannte man ein Datum der Langen Zählung in voller Länge und setzte alle nachfolgenden Zeitangaben ins Verhältnis zu diesem Bezugsdatum. Mit diesen sogenannten Abstandszahlen führte man den zeitlichen Abstand zum Bezugsdatum in der Notation der Langen Zählung an, allerdings meist in aufsteigender Form, also beginnend mit der Grundeinheit k’in (im Unterschied zur oben beschriebenen Tagsangabe der Langen Zählung). Um abermals das Lebensalter des Bauern Ben zu bemühen, auch wenn ihm ganz sicher weder Stele noch Inschrift gewidmet worden wären: Anseinem 25. Geburtstag unseres Verständnisses am 1. Januar 45 v. Chr. im julianischen Kalender (7.15.13.1.4 4 K’an 17 Yaxk’in ) wären 9131 Tage verstrichen, seitdem er das Licht der Welt erblickte. Auf einer Stele, die an dieses Ereignis erinnerte, wäre als Bezugsdatum Bens Geburtstag 7.14.7.12.13 12 Ben 11 Yaxk’in vollständig genannt worden, der Anlass 25 Jahre später dagegen wäre mit einer Abstandszahl angegeben worden, die in (hier jedoch aufsteigender!) Maya-Kalender-Notation den 9131 Tagen entspricht: 11.6.5.1 – das sind ein k’atun (7200 Tage), 5 tun (je 360 Tage), 6 winal (je 20 Tage) und 11 k’in (Tage), ergibt zusammen 9131 Tage.
Tatsächlich aber dienten die Abstandszahlen nicht der Erinnerung an den Geburtstag eines einfachen Maisbauern, sondern dem symbolisch ungleich gehaltvolleren Bezug eines Datums zu wichtigen anderen. Auf ein Beispiel dieser Art kommen wir noch zurück, politisch bedeutsam zwar, aber nicht so weit ausholend wie andere, die schon einmal eine Abstandszahl von vielen Hundert Millionen Tagen wiedergeben.
Das Geschäft der Abstandszahlen wurde in der Spätklassik, also nach dem Untergang der großen Stadtstaaten im Tiefland, vereinfachend ersetzt, indem für die obligatorischen k’atun -Feiern das Datum eines k’atun nur noch mit drei Hieroglyphen angegeben wurde: Dafür
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