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Der Medicus von Heidelberg

Der Medicus von Heidelberg

Titel: Der Medicus von Heidelberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Ihr überhaupt?«
    Ich sah keinen Grund, von Themar die Wahrheit vorzuenthalten, und antwortete: »Mein Name ist Lukas Nufer. Ich bin ein Magister Artium und habe meine Promotion vor nicht einmal drei Wochen an der Basler Universität erhalten. Genau an dem Tag, als das große Erdbeben die Stadt heimsuchte.«
    »Ach ja, das schreckliche Erdbeben, man spricht landauf, landab davon. Nun, ich dachte mir gleich, dass Ihr kein gewöhnlicher junger Mann seid. Umso beruhigter bin ich jetzt.« Von Themar gab mir die Hand und fuhr fort: »Da auch ich die Universität zum Ort meiner Wirkungsstätte erwählt habe, sind wir gewissermaßen Brüder im Geist. Ich hatte schon etwas in der Richtung geahnt, als Ihr vorhin bei unserem kleinen Disput die Logik so trefflich bemühtet. Morgen werden wir uns trennen, aber vielleicht sehen wir uns eines Tages wieder.«
    »Ja, vielleicht«, antwortete ich etwas verlegen, denn seine Worte klangen für mich recht pathetisch.
    »Wir sollten jetzt ein Gebet sprechen und dann zu schlafen versuchen. Seid Ihr damit einverstanden, Herr Magister?«
    »Das bin ich, Herr Professor.«
     
    Am darauffolgenden Morgen sah die Welt ganz anders aus. Nicht nur, weil Sonnenstrahlen durch das Dachgebälk in die Tenne fielen, sondern weil wir alle noch ein wenig Schlaf gefunden hatten. Lediglich unsere Wachen hatten üble Laune. Wahrscheinlich litten sie an einem kapitalen Kater. Meine Befürchtung, sie könnten sich über das leergetrunkene Weinfässchen wundern, erwies sich als überflüssig. Es ging den Kerlen viel zu schlecht, als dass sie den Behälter auch nur eines Blickes gewürdigt hätten. Sie zogen sich an, nahmen uns die Fesseln ab und trieben uns mit barschen Worten vor die Tür.
    Auf dem Hof herrschte schon reger Betrieb. Kommandos schwirrten hin und her, Waffen blitzten, Soldaten nahmen Aufstellung. Wir standen wie ein verlorenes Fähnlein inmitten des Trubels und harrten der Dinge, die da kommen sollten. Thérèse hatte sich bei von Themar untergehakt, und ich hatte nach Odilies Hand gegriffen, die sie mir widerstrebend überließ. Steissers gerötete Schweinsäuglein flitzten hin und her, er hatte Angst um sein erbärmliches Leben. Dabei streifte sein Blick das eine oder andere Mal Odilie, und meine Sorge wuchs, dass er den Tausch erkennen würde. Ich musste ihn ablenken. Mir fiel nichts anderes ein, als Schnapp aus der Tasche zu nehmen und auf den Boden zu setzen, wo er sofort eifrig schnüffelnd zwischen den vielen Menschenbeinen herumlief. Der Erfolg meiner Ablenkungsbemühung hätte nicht größer sein können. Augenblicklich hatte Schnapp die Aufmerksamkeit aller Umstehenden auf sich gezogen. Die rauhen Landsknechtseelen wurden auf einmal weich. Die Kerle lachten und nahmen ihn hoch, streichelten ihn, sprachen mit ihm und überlegten, ob sie ihn mitnehmen sollten.
    »Lasst den Köter in Ruhe!« Im Eingang des Bauernhauses stand Talacker, zu früher Stunde schon voll gerüstet. »Wir haben keine Zeit zu verlieren. Pirmin, Meldung!«
    Der einäugige Pirmin trat vor. »Die Mannschaften einschließlich aller Wachen sind vollzählig, Herr. Wir sind in Kürze abmarschbereit.«
    »Was ist mit den Geiseln?«
    Pirmin musterte uns kurz und meldete dann: »Alle sechs wohlauf, Herr.«
    Talacker trat mit klirrenden Schritten näher. »Sechs? Wieso sechs? Was hat der Pfaffen-Hanswurst mit seiner Schnepfe hier zu suchen?«
    Pirmin riss sein eines Auge auf. »Aber Herr, Ihr sagtet doch gestern, ich soll die Gefangenen in die Kutschen stecken und die Türen verriegeln und verrammeln, und genau das habe ich auch …«
    »Hirnverbrannter Unsinn! Wer sagt denn, dass ich solche Hungerleider als Gefangene will. Gaukler sind’s, fahrendes Volk! Die sind nicht das Schwarze unter dem Fingernagel wert. Für die gibt mir keiner was. Jag sie zum Teufel!«
    »Ja, Herr!«
    Talacker drehte sich um und rief: »Wo ist mein Pferd?«
    Eilig wurde es ihm zugeführt. Er legte eine Hand auf den Sattel, und zwei Mann hoben den eisenbewehrten Ritter hinein. »Auf geht’s, Männer! Weil wartet. Und ein gewaltiges Sümmchen Gold und Silber!«
    Er ritt zum Hof hinaus, die ersten Reihen der marschierenden Landsknechte folgten ihm. Odilie und ich beobachteten, wie Thérèse und von Themar, Abeline und Steisser unsanft in die prächtige Kutsche gestoßen wurden. Steisser blickte sich noch einmal um, aber Odilie wandte rasch den Kopf zur Seite.
    Dann fuhr die prächtige Kutsche los und mit ihr auch Gertruds Gefährt, gezogen von

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