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Der Medicus von Saragossa

Titel: Der Medicus von Saragossa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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rief die Wache.
    An diesem Mittwochabend, mitten in einem Spiel, das Jona gewann, verließ Fray Bonestruca das Brett und begann, vor seinen Kindern herumzutollen. Eine Weile wirkte es recht bezaubernd. Bonestruca schnitt Grimassen und gab leise, fröhliche Geräusche von sich, während er hin und her hüpfte. Seine Kinder lachten und deuteten auf ihn, und Dionisio lief zu seinem kaspernden Vater und warf eine kleine Holzkugel nach ihm.
    Der Mönch alberte immer weiter. Sein Grinsen verschwand, die Geräusche klangen weniger fröhlich, dafür immer kehliger, doch er hüpfte und tollte weiter. Sein Gesicht wurde rosig vor Anstrengung und dann dunkel und verzerrt, aber die große Gestalt tanzte und wirbelte herum, die schwarze Kutte wehte, der Buckel hüpfte, und das Gesicht wurde häßlich vor Zorn.
    Die Kinder verstummten und sahen verängstigt drein. Sie flohen vor ihm, starrten ihn mit weit aufgerissenen Augen an, und das Mädchen Hortensia öffnete den Mund wie zu einem tonlosen Schrei. Maria Juana, ihre Mutter, sprach leise mit ihnen und führte sie aus dem Zimmer. Jona wäre am liebsten auch gegangen, doch er konnte es nicht. Er saß am Tisch und sah zu, wie der schreckliche Tanz allmählich langsamer wurde. Schließlich hörte er ganz auf, und Bonestruca sank vor Erschöpfung auf die Knie.
    Kurz darauf kam Maria Juana zurück. Sie wischte dem Mönch mit einem feuchten Tuch das Gesicht und ging wieder hinaus, um Wein zu holen. Bonestruca trank zwei Gläser und ließ sich dann von ihr zurück zu seinem Stuhl fuhren.
    Es dauerte eine Weile, bis er den Kopf hob. »Manchmal überkommen mich solche Anfälle.«
    »Verstehe«, sagte Jona.
    »Ach wirklich? Und was genau versteht Ihr daran?«
    »Nichts, Señor. Das ist nur eine Redensart.«
    »Das ist mir auch schon in der Gesellschaft von Priestern und Mönchen geschehen, mit denen ich arbeite. Sie beobachten mich.«
    Ist das nur die Einbildung des kranken Mannes? fragte sich Jona.
    »Sie haben mich bis hierher verfolgt. Sie wissen von Maria Juana und den Kindern.«
    Das dürfte stimmen, dachte Jona. »Was werden sie tun?«
    Bonestruca zuckte die Achseln. »Ich vermute, sie warten, um zu sehen, ob diese Anfälle nur etwas Vorübergehendes sind.« Mit einem Stirnrunzeln sah er Jona an. »Was meint Ihr, was die Ursache ist?«
    Es war eine Form des Wahnsinns. Das dachte sich Jona, konnte es aber nicht sagen. Nuño hatte ihm einmal bei einem Gespräch über Geisteskrankheiten gesagt, daß er in der Krankengeschichte der Patienten, die er behandelt hatte, eine Gemeinsamkeit entdeckt habe. Die Gemeinsamkeit bestand darin, daß die Betroffenen in ihrer Jugend am malum venereum gelitten hatten und erst Jahre später dem Wahnsinn anheimgefallen waren. Nuño hatte diese Beobachtungen nicht zu einer Theorie verfestigt, sie waren ihm aber doch so bedeutsam erschienen, daß er sie an seinen Lehrling weitergegeben hatte, und jetzt fielen sie Jona wieder ein.
    »Ich kann es nicht mit Bestimmtheit sagen, aber... vielleicht hat es mit der Lues zu tun.«
    »Die Lues, also wirklich. Ihr täuscht Euch, Arzt, denn ich hatte seit Jahren keine Lues mehr. Es ist der Satan, der mit mir um meine Seele streiten will. Es ist eine mühselige Arbeit, mit dem Teufel zu kämpfen, aber bis jetzt habe ich den Erzfeind jedesmal in die Flucht geschlagen.«
    Jona war sprachlos, aber eine Erwiderung war auch nicht nötig, denn Bonestruca wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Damebrett zu. »Wart Ihr an der Reihe, um mit Euren Soldaten einen Schlag zu führen, oder ich?«
    »Ihr, Señor«, antwortete Jona.
    Er war verwirrt und spielte den Rest des Abends schlecht, während Bonestruca erfrischt und wieder völlig klar im Kopf zu sein schien. Der Mönch beendete das Spiel in kurzer Zeit und war fröhlich und zufrieden mit seinem Sieg.
    Trotz Padre Espinas Warnung ging Jona am folgenden Tag noch einmal zum Gefängnis und versuchte, Don Berenguer zu sehen, aber auf Espinas Platz saß ein alter Priester, der ihn nur ansah, den Kopf schüttelte und ihn wieder wegschickte.
    Das Autodafé fand sechs Tage später statt. Am Morgen vor den Hinrichtungen verließ der Medicus Ramón Callicó die Stadt und ritt eine weite Strecke, um Patienten am Rande des Bezirks zu besuchen, eine Reise, die ihn über mehrere Tage von zu Hause wegführte.
    Er befürchtete, daß er diesmal zu weit gegangen war und Berenguer unter der Folter vielleicht den Namen eines weiteren Judaisierers in Saragossa preisgab, doch nichts dergleichen

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