Der Medicus von Saragossa
Preisrichter im Jahr 1388 nach Barcelona gebracht hatte. Bald darauf übernahm der spanische Hof in aller Form die juegos flores und veranstaltete sie jedes Jahr mit großem Zeremoniell. Als der Graf Vasca davon erfuhr, hatte sich der königliche Hof selbst zum Preisgericht des jährlichen Dichterwettbewerbs aufgeschwungen. Nun gab es als dritten Preis ein Veilchen aus Silber, der zweite Preis war eine goldene Rose. Der erste Preis aber, und hier zeigte sich eine typische katalanische Eigenart, sollte eine einzelne, echte Rose sein, mit der Begründung, daß nichts von Menschenhand Gemachtes eine von Gott geschaffene Blume übertreffen könne.
Vasca fand den Gedanken herrlich, an den Hof gerufen zu werden, um ein solches Ehrenzeichen überreicht zu bekommen, und so schmiedete er Pläne für eine Teilnahme an dem Dichterwettbewerb. Daß er weder lesen noch schreiben konnte, hielt ihn nicht ab, denn er war wohlhabend genug, um jemanden mit entsprechenden Fähigkeiten in seine Dienste zu nehmen, und so hatte er Asher ben Yair eingestellt und ihm befohlen, ein Gedicht zu verfassen. Zum Thema des Gedichts sagte Vasca, es müsse von einem großen und edlen Krieger handeln, und schon bald waren sich der Graf und sein Schreiber darüber einig, daß der Graf Fernán Vasca selbst wohl der würdigste Ritter sei, der in einem solchen Werk beschrieben werden könnte.
Als das Gedicht vollendet war und dem Grafen vorgelesen wurde, erregte es durchaus sein Wohlgefallen. Ihm genügte es, daß seine Tapferkeit und sein kriegerisches Können mit Ehrerbietung und nicht geringer Übertreibung behandelt wurden, und so schickte er eine Abschrift davon nach Barcelona.
Doch Vascas Gedicht konnte das höfische Schiedsgericht nicht beeindrucken. Als der Graf die Nachricht erhielt, daß drei andere die Preise gewonnen hatten, hatte sich Asher ben Yair in weiser Voraussicht bereits von seinem Onkel, Rabbi Ortega, verabschiedet und war nach Sizilien aufgebrochen, wo er glaubte, eine Anstellung als Lehrmeister junger Juden zu finden.
Alsbald hatte Graf Vasca nach Helkias Toledano geschickt, einem Juden, der in dem Ruf eines herausragenden Bearbeiters von edlen Metallen stand. Als Helkias in Tembleque eintraf, fand er Vasca noch immer erzürnt darüber, daß er von einem Haufen verweichlichter Verseschmiede so vor den Kopf gestoßen worden war. Er erzählte Helkias von den juegos flores und ihren einfallsreichen Preisen und gestand ihm dann, daß er beschlossen habe, einen mannhafteren Wettbewerb, ein echtes Ritterturnier, ins Leben zu rufen, mit einem ersten Preis, der viel erstaunlicher und großartiger sein sollte als alle, die in Barcelona verliehen wurden.
»Ich wünsche, daß Ihr eine Rose aus Gold mit einem silbernen Stiel anfertigt.«
Jonas Vater nickte nachdenklich.
»Aber hört mir gut zu: Sie muß ebenso schön sein wie eine Rose der Natur.«
Helkias lächelte. »Nun gut, aber...«
Der Graf hob die Hand, offenbar nicht willens, sich auf einen langen Disput mit einem Juden einzulassen, und wandte sich ab. »Geht einfach und macht es. Nach dem nächsten Osterfest muß die Rose fertig sein.« Und damit war Helkias entlassen.
Helkias war daran gewöhnt, daß schwierige Kunden unvernünftige Forderungen stellten, doch dieser Fall war besonders heikel, weil Graf Vasca in dem Ruf stand, jene zu mißhandeln, die ihn verstimmten. Doch er machte sich an die Arbeit und saß viele Stunden vor Rosenbüschen und zeichnete. Als ihn endlich eine seiner Darstellungen befriedigte, begann er, Gold und Silber mit dem Hammer zu bearbeiten. Nach vier Tagen hatte er etwas, das einer Rose schon sehr ähnelte, doch das Ergebnis enttäuschte ihn dennoch, und er zerbrach die Blume wieder und schmolz das Metall ein.
Immer und immer wieder versuchte er es, und jedesmal gelangen ihm Siege im kleinen, doch wenn es um den Gesamteindruck ging, mußte er Niederlagen hinnehmen. Zwei Monate waren seit dem Tag seines Treffens mit Vasca vergangen, und noch immer war er der Erfüllung seines Auftrags nicht näher gekommen.
Doch er bemühte sich weiter und studierte die Rose, als wäre sie der Talmud. Er sog ihren Duft und ihre Schönheit ein und zerpflückte die Blüte Blatt für Blatt, um ihren inneren Aufbau zu erkennen; er betrachtete die Stiele, wie sie sich bogen und wanden und der Sonne zuwuchsen; und er beobachtete, wie Knospen entstanden und reiften und sich zart öffneten und entfalteten. Mit jedem Versuch, die einfache und doch so verblüffende
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