Der Medicus von Saragossa
zu, daß dies denkwürdig sei, und machte sich daran, seinen Arbeitsplatz aufzuräumen, um das Gespräch möglichst rasch zu beenden.
Am fünfzehnten Tag von Jonas Lehrzeit kam Angel Costa zu ihm, als er gerade auf einer Bank in der Kochhütte saß und seine morgendliche Grütze aß. Costa war unterwegs zur Jagd und trug seinen Langbogen und einen Köcher mit Pfeilen. Er baute sich vor Jona auf und starrte ihn mit finsterem Gesicht an, ohne etwas zu sagen. Jona ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen, sondern beendete seelenruhig seine Mahlzeit.
Als er fertig war, stellte er seine Schüssel ab und stand auf. Er wandte sich zum Gehen, aber Costa versperrte ihm den Weg.
»Was ist?« fragte Jona sanft.
»Bist du gut mit dem Schwert, Lehrling?«
»Ich habe noch nie ein Schwert benutzt.«
Costas Grinsen war keinen Deut angenehmer als sein Blick. Er nickte und ging davon.
Der Koch, den man den anderen Manuel nannte, weil er denselben Vornamen hatte wie der Meister, hob den Blick von dem Topf, den er eben mit Sand schrubbte, und sah dem Waffenmeister nach, der über den Hof ging. Dann spuckte er aus. »Den nicht zu mögen ist ganz leicht. Er sagt, er ist Gottes Stellvertreter im Räucherhaus, wo er uns jeden Morgen und jeden Abend auf Knien beten läßt.«
»Warum laßt ihr euch das gefallen?«
Betrübt über Jonas Unwissenheit, verzog der Koch das Gesicht. »Wir haben Angst vor ihm«, sagte der andere Manuel.
Das Lehrlingsdasein hatte seine Vorteile, denn Jona wurde auch zum Laufburschen bestimmt und in die Läden und Lagerhäuser ganz Gibraltars geschickt, so daß er die Gelegenheit bekam, etwas über seine neue Heimat zu erfahren. Der Ort schmiegte sich an den Fuß des großen Felsens und wuchs ein Stückchen den Hang hoch. Fierro machte Geschäfte mit vielen Lieferanten, und einige dieser Händler, die stolz auf ihr Städtchen waren, beantworteten bereitwillig Jonas Fragen.
Der Gehilfe des Böttchers erklärte ihm, daß dieser fremdländische Ort deshalb so maurisch wirke, weil ihn die Mauren siebenhundertfünfzig Jahre lang bewohnt hatten, bis die Spanier ihn im Jahre 1462, »am Festtag des heiligen Bernhard«, zurückeroberten. Der Besitzer des Kramladens, kein anderer als Jose Gripo, den Jona bereits in der Schenke kennengelernt hatte, hatte viel zu tun, aber während er Seile abmaß und aufwickelte, verriet er Jona, daß der Name Gibraltar eine Verfälschung von Dschebel al Tarik sei, Arabisch für »Felsen des Tarik«. Und der betagte Gehilfe des Krämers, ein schlanker alter Mann mit feinen Gesichtszügen, der Tadeo Deza hieß, fügte hinzu: »Tarik war der maurische Feldherr, der die erste Festung am Fuße des Felsens erbaute.«
Von den Männern, mit denen Jona in Fierros Waffenschmiede arbeitete, erfuhr er nur wenig über Gibraltar. Es gab dort sechs peónes, deren Hauptaufgabe es war, Grundstück und Gebäude in Schuß zu halten und das schwere Metall aus den Lagerräumen in die Werkstätten und nach der Bearbeitung wieder zurück in die Lagerräume zu schaffen. Diese Handlanger wohnten mit Angel Costa und dem anderen Manuel in einem schuppenähnlichen Gebäude, das sie Räucherhaus nannten. Die beiden obersten Handwerker, Luis Planas und Paco Parmiento, waren reife Männer und die Könige der Werkstätten. Parmiento, ein Witwer, war Schwertmachermeister, während Planas, der nie geheiratet hatte, ein Meister der Rüstungsherstellung war. Jona erhielt einen Platz in der Arbeiterhütte zugewiesen, wo die beiden zusammen mit Vicente wohnten, dem alten Mann, dem Jona in der Dorfschenke einen Wein ausgegeben hatte. Vicente hatte Schwierigkeiten, den Namen des neuen Lehrlings zu behalten.
»Wer bist du gleich wieder, junger Fremder?« fragte er und stützte sich auf den Besen, mit dem er den Lehmboden gefegt hatte.
»Ich heiße Ramón Callicó, Onkel.«
»Mein Name ist Vicente Deza, und ich bin nicht dein Onkel, denn dann wäre dein Erzeuger ein Hurensohn.« Er lachte über seinen eigenen schwachen Witz, und Jona mußte grinsen.
»Bist du denn verwandt mit Tadeo Deza aus dem Krämerladen?«
»Ja, ich bin ein Vetter von Tadeo, aber er leugnet es, weil ich ihm mit meiner Weinbettelei manchmal Schande bereite, wie du selbst schon erlebt hast.« Der alte Mann kicherte noch einmal und betrachtete ihn dann neugierig. »Dann wohnen wir hier also Seite an Seite, zusammen mit Luis und Paco. Du hast Glück, denn das ist eine gute und wasserdichte Hütte, sorgfältig erbaut von Juden.«
»Wie kam es, daß
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