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Der Medicus von Saragossa

Titel: Der Medicus von Saragossa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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hindurchführt und in einer der Höhlen Gibraltars endet«, sagte Fierro. »Obwohl ich es für wahrscheinlicher halte, daß sie von einem Schiff stammen, das an unserem Felsen gestrandet ist.«
    Hier, auf dem Gipfel des Felsens, klang die Legende durchaus einleuchtend, denn die Küste Afrikas erschien in der klaren Luft täuschend nah.
    »Wie weit ist Afrika entfernt, Señor Fierro?«
    »Bei gutem Wind eine halbe Tagesreise. Wir stehen hier auf einer der berühmten Säulen des Herkules«, sagte der Meister. Er deutete zur anderen Säule des Herkules, einem Berg in Marokko auf der gegenüberliegenden Seite der Meerenge. Das Wasser, das die beiden Säulen trennte, glitzerte tiefblau unter der goldenen Sonne.
    Fünf Tage nach ihrem ersten Wortwechsel sprach Angel Costa Jona ein zweites Mal an.
    »Kannst du gut mit Pferden umgehen, Callicó?«
    »Nicht sehr. Ich hatte mal einen Esel.«
    »Ein Esel paßt auch zu dir.«
    »Warum fragt Ihr mich das alles? Sucht Ihr Männer für einen Feldzug?«
    »Nicht unbedingt«, sagte Costa und ging davon.
    Nachdem Jona viele Tage nichts anderes hatte tun dürfen, als Botengänge zu erledigen, Erz zu schaufeln und Stahl zu schleppen, erhielt er nun endlich eine Aufgabe, die es ihm gestattete, Metall zu bearbeiten, auch wenn es nur eine niedere Tätigkeit war. Er war aufgeregt, denn er sollte für Luis Planas arbeiten, dessen schlechte Laune und aufbrausendes Temperament er bereits miterlebt hatte. Aber zu seiner Erleichterung war Luis an diesem Tag nur ein wenig wortkarg und mürrisch, er war vor allem ein Mann, dem seine Arbeit am Herzen lag. Er trug Jona auf, verschiedene Teile einer Rüstung zu schleifen. »Du mußt auch noch den kleinsten Makel in der Oberfläche des Stahls aufspüren, jede winzige Andeutung eines Kratzers, und dann mußt du polieren und polieren, bis sie nicht mehr da sind«, sagte ihm Luis.
    Also polierte Jona mit Macht und Begeisterung. Als nach mehr als einer Woche eifrigen und kräftigen Rubbelns die Stücke in Hochglanz erstrahlten, erfuhr er, daß er Teile eines Küraß bearbeitet hatte – die beiden Hälften des Brustpanzers. »Jedes einzelne Stücke muß makellos sein«, sagte Luis streng. »Sie gehören zu einer prächtigen Rüstung, an der die Fierro-Schmiede seit mehr als drei Jahren arbeitet.«
    »Für wen wird diese Rüstung gefertigt?« fragte Jona. »Für einen Edelmann aus Tembleque. Graf Fernán Vasca mit Namen.«
    Jona pochte das Herz in der Brust, schneller und fester, so schien es ihm, als die Schläge von Luis Planas' Hammer. Wie weit er auch fliehen mochte, Toledo schien ihn immer zu verfolgen!
    Er erinnerte sich noch an die Schulden, die der Graf Vasca bei seinem Vater hinterlassen hatte: neunundsechzig Real und sechzehn Maravedi für eine Anzahl von Kunststücken aus Helkias' Silberschmiede, darunter eine bemerkenswerte und einzigartige goldene Rose mit silbernem Stiel, eine Reihe silberner Spiegel und silberner Kämme und ein Satz aus zwölf Trinkkelchen... Es war eine ärgerliche Schuld, die Jona ben Helkias, wenn er sie nur eintreiben könnte, das Leben bedeutend einfacher machen würde.
    Doch er wußte nur zu gut, daß er das nicht konnte.

3. Heilige und Gladiatoren
    A ls Fierro merkte, daß der neue Lehrling in jeder Hinsicht verläßlich zu sein schien, erhielt Jona den Auftrag, den Küraß von Graf Vascas Rüstung mit einem Muster zu verzieren. Dazu mußte er, anhand von Linien, die von Fierro oder Luis Planas kaum sichtbar auf der Stahloberfläche vorgezeichnet worden waren, mit einem Hammer und einer Punze winzige Einkerbungen in den Brustharnisch treiben. Silber war leichter zu ziselieren als Stahl, aber das härtere Metall bot auch einen Schutz gegen bestimmte Fehler, die in Silber verhängnisvoll gewesen wären. Anfangs hämmerte Jona nur leicht, um sich zu versichern, daß er die Punze auch richtig gesetzt hatte, und ließ erst dann einen kräftigeren Schlag folgen, um die Einkerbung zu vollenden; doch im Verlauf der Arbeit kehrten seine sichere Hand und sein Selbstbewußtsein zurück.
    »Manuel Fierro legt Wert darauf, daß seine Rüstungen mehrfach ausprobiert werden«, sagte Paco Parmiento eines Morgens zu Jona. »Deshalb veranstalten wir von Zeit zu Zeit ein Turnier. Der Meister läßt dann seine Arbeiter Ritter spielen, damit er feststellen kann, welche Veränderungen an seinen Entwürfen nötig sind. Er will, daß du daran teilnimmst.«
    Zum ersten Mal ergaben nun Angel Costas Fragen einen, wenn auch beunruhigenden Sinn.

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