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Der Meister des Drakung-Fu

Titel: Der Meister des Drakung-Fu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
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würden sie verbrennen. Noch heute ging sie nie ohne Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 150 aus dem Haus und hatte immer eine Sonnenbrille dabei. Sie streckte Kerul die Hand entgegen. »Am Anfang zwickt es ein bisschen, als würden Kellerasseln über deine Haut flitzen. Aber es tut nicht richtig weh, ich verspreche es dir.«
    Einen Moment sah Kerul unentschlossen auf Da-kas Hand. Dann nahm er sie und ließ sich von Daka nach draußen ziehen. Trotz Sonnenbrille musste er blinzeln, so grell kam ihm das Tageslicht vor. Kerul war noch nie zuvor tagsüber unter freiem Himmel gewesen. Normalerweise lag er um die Zeit eingerollt in einem muffigen Teppich in einer unterirdischen Jurte. Wie es sich gehörte. »Das blendet.« Er hielt sich schützend die flache Hand vors Gesicht.
    »Daran gewöhnen sich deine Augen«, versicherte ihm Silvania.
    »Und, zwickt es?«, fragte Daka.
    »Nur hier.« Kerul zeigte auf seine Nasenspitze. »Und nur ein bisschen.« Er war selbst erstaunt, dass ihn die Sonnenstrahlen nicht auffraßen wie ein Fegefeuer. Vorsichtig ging er die Stufen vom Hauseingang herunter und trat auf den Fußweg. Er lief ein Stück über die Straße, die im prallen Sonnenlicht lag. Vor dem gegenüberliegenden Haus blieb er stehen.
    Ein Mann stand am Gartenzaun und sah Kerul mit großen Augen an.
    Kerul legte die Hände über dem Kopf aneinander, klatschte zweimal und klapperte mit den Eckzähnen. Dann rückte er seine Blümchen-Ohrenschützer zurecht, drehte sich wieder um und ging zurück zu den Schwestern. »Ganz schön warm, die Ohrhauben.«
    »Nimm sie doch ab«, schlug Daka vor.
    »Aber ... vorsichtig«, riet Silvania. Selbst wenn Kerul ein Halbvampgole war – was noch lange nicht feststand -, wussten sie nicht, welche vampirischen Eigenschaften bei ihm weniger und welche mehr ausgeprägt waren. Vielleicht zerfielen seine Ohren zu Staub, wenn sie mit Sonnenlicht in Berührung kamen. Das würde nicht schön aussehen.
    Kerul streifte erst den einen, dann den anderen Ohrenschützer nach hinten. Seine Ohren waren knallrot. Und etwas platt. Aber sie zerfielen nicht zu Staub.
    »Das kribbelt!« Kerul grinste. Ohne zu zögern, streifte er sich den Hut vom Kopf. »Oh, das kribbelt noch mehr!« Kerul schloss einen Moment die Augen. Es war, als würden ihm die Sonnenstrahlen eine Kopfmassage geben.
    Er zog die Handschuhe aus, riss sich das Handtuch vom Hals und machte dabei vor Wonne ständig »Uh!« und »Oh!« und »Hui!«.
    Daka und Silvania sahen Kerul mit gerunzelter Stirn zu. Offenbar hatten die ersten Sonnenstrahlen auf Kerul eine etwas andere Wirkung als auf sie. Wahrscheinlich, weil sich die Schwestern langsam an die Sonne gewöhnt hatten. Kerul hingegen bekam gleich die volle Ladung ab.
    Kerul hatte mittlerweile auch den langen Mantel von Herrn Tepes abgestreift und führte eine Art Freudentanz auf dem Gehweg auf. Es sah aus, als würden ihn unsichtbare Hände durchkitzeln.
    Der Mann am gegenüberliegenden Gartenzaun hatte jetzt nicht nur die Augen, sondern auch den Mund aufgerissen.
    Kerul drehte sich ein paarmal und schwebte dabei leicht über den Gehweg. Er sah zum Himmel und rief: »Die liebe Sonne!« Auf einmal griff er mit beiden Händen an seine Hosenbeine und zog sie mit einem Ruck bis zu den Knien nach oben. Seine kamelmilchweißen Beine blitzten wie zwei Rettiche im Sonnenlicht.
    »Nein!«, schrien Daka und Silvania gleichzeitig.
    Doch zu spät. Kerul schrie vor Schmerz auf und krümmte sich.
    Die beiden Mädchen handelten sofort. Daka riss das linke Hosenbein wieder nach unten. Silvania das rechte. Dann packten sie ihren virtuellen Zwilling und schleiften ihn zurück ins Haus.
    Der Mann am Gartenzaun gegenüber sah, wie die Haustür der Tepes' zuschlug. Er stand noch viele Sekunden danach am Gartenzaun und dachte über Menschen, die Fülle des Lebens und über die liebe Sonne nach.
    Im Haus der Tepes' wurde nicht viel nachgedacht, sondern gehandelt. Zunächst spuckten beide Mädchen so kräftig sie konnten auf Keruls Waden, die so rot waren wie zwei Knackwürste. Dann legte Silvania den stöhnenden Gast auf die Wohnzimmercouch. Sie hielt ihm etwas Heimatwüstensand unter die Nase.
    Daka presste Eiswürfel an seine Beine. »Schon besser?«, fragte sie besorgt.
    Kerul nickte schwach.
    »Beine, Brust und Bauch sind ganz empfindliche Stellen«, erklärte Silvania. »Die gewöhnen sich nur sehr langsam an die Sonne. Wenn überhaupt.«
    »Hätten wir gewusst, dass du gleich alle Klamotten von dir reißt und ein

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