Der Meister des Drakung-Fu
zurückgelassen. Wahrscheinlich wollten sie ihn nicht wecken. Wie höflich. Dirk van Kombast würde gleich dafür sorgen, dass er noch viel länger und viel fester schlief. So lange und so fest, dass er seine Gastgeber nie wiedersehen würde. Mit seiner neuen Präzisionswaffe sollte das ein Klacks sein. Sie war erst vor wenigen Stunden fertig geworden. Sie war bereit für ihren ersten Einsatz.
Liebevoll strich der Vampirjäger über das gelbe Gehäuse des Staubsaugers. Seine Finger wanderten weiter über den extrabreiten, geriffelten grauen Schlauch bis zur Öffnung, an der er einen großen gelben Trichter angebracht hatte. »Mein Eau de Knobi-Souffleur!« , hauchte Dirk van Kombast.
Die Idee zum Eau de Knobi-Souffleur kam Dirk van Kombast beim Putzen. Er hatte schon viele gute Ideen beim Putzen gehabt. (Das war auch einer der Gründe, warum er keine Putzfrau hatte.) Aber diese Idee war eine der besten. Er hatte entdeckt, dass sein Staubsauger einen ›Reverse‹-Knopf hat, also einen Umkehrknopf. Wenn man ihn betätigte, saugte das Gerät nicht mehr, sondern es pustete alles wieder aus. Nach dieser Erkenntnis war das Wohnzimmer des Vampirjägers zwar etwas schmutzig, aber er selbst fühlte sich enorm erhellt. Er fasste einen kühnen Entschluss: Er würde den Staubsauger so umbauen, dass er Knoblauchzehen zerhackte und den markanten Knoblauchgeruch mit ganzer Kraft nach draußen blies.
Sofort machte er sich an die Arbeit. Er rüstete das Gebläse mit scharfen Klingen aus, die den Knoblauch in lauter kleine Stücke zerhackten. Der Filter fing die zerhackten Stückchen ab, sodass sie nicht den Schlauch verstopften. Der große Trichter am Ende des Schlauchs sorgte für eine gute Streubreite des Eau de Knobi. Zum Schluss rüstete der Vampirjäger den Staubsauger mit Batterien aus, damit er transportabel und in jeder Gefahrenzone einsetzbar war.
Dirk van Kombast schmiegte sich an den Staubsaugerschlauch und seufzte. Was für eine Waffe! Was für ein Meisterwerk! Was für eine Schande, dass er den Eau de Knobi-Souffleur der Öffentlichkeit nicht vorstellen konnte. Noch nicht. Die Menschen waren noch nicht reif. Sie hatten die Gefahren, die nachts in Wäldern, Kellern, Grabstätten und Schächten mit langen, spitzen Eckzähnen auf sie lauerten, noch nicht erkannt. Doch eines Tages würden sie Dirk van Kombast für seine Weitsicht, seinen Mut und seine Entschlossenheit danken. Sie würden ihm ein Denkmal setzen und seine Erfindungen in eigens dafür geschaffenen Museen ausstellen. Menschen aus der ganzen Welt würden anreisen, um sie zu sehen und ehrfurchtsvoll zu bestaunen.
Der Vampirjäger riss sich aus seinen Zukunftsträumen. Statt im Gebüsch zu liegen, mit einem Staubsaugerschlauch zu kuscheln und von kommendem Ruhm zu fantasieren, sollte er sich lieber um den Vampir im Garten nebenan kümmern. Wenn die blutrünstigen Wesen der Finsternis nicht nur nebenan wohnten, sondern sogar im Garten zelteten, als wäre die Reihenhaussiedlung ein Vampirferienlager, war es höchste Zeit, dass er dem Treiben Einhalt gebot.
Ganz langsam und ganz vorsichtig trat Dirk van Kombast hinter dem Gebüsch hervor. Er wartete einen Moment, ob sich im Nachbargarten etwas regte. Als alles ruhig blieb, schlich er in gebückter Haltung auf die Jurte zur. Dabei zog er den Eau de Knobi-Souffleur leise hinter sich her.
Er stellte sich vor den Eingang der Jurte und lauschte. Doch hinter dem dicken, breiten Handtuch, das die Eingangstür bildete, war nichts zu hören. Behutsam hob der Vampirjäger das Handtuch ein Stück mit einer Hand. Mit der anderen schob er den Staubsaugerrüssel mit dem großen Trichter am Ende langsam in die Jurte. Nachdem der Schlauch mit dem Trichter im Zelt verschwunden war, trat Dirk van Kombast ans andere Ende des Staubsaugers. Er rieb sich die Hände. Dann streckte er den Zeigefinger aus und drückte voller Vergnügen auf den Reverse-Knopf.
Sofort heulte der Eau de Knobi-Souffleur auf.
Zack, zack, zack, zerhackte das Gebläse die Knoblauchzehen.
Flopp, flopp, flopp, blieben die Stückchen am Filter hängen.
Wusch, wusch, wusch, brauste die Knoblauchwolke durch den Schlauch, der sich durch den Druck leicht aufbäumte.
Auf Dirk van Kombasts Gesicht erschien ein breites Nussknackerlächeln. Doch im Gegensatz zu dem Lächeln, das er bei seinen Arztbesuchen als Pharmavertreter auflegte, war dieses Lächeln aus echter Freude geboren. Tränen stiegen dem Vampirjäger in die Augen. Er war gerührt. Vom Eau de
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