Der Meister des Drakung-Fu
Pupillen wanderten nach innen und wie in Zeitlupe kippte sie nach vorne. Sie landete mit der Stirn direkt auf dem Reverse-Knopf. Dann rutschte sie zur Seite auf den Boden.
Der Schlauch in Keruls Hand wackelte, als der Staubsauger plötzlich wieder auf ›Saugen‹ umschaltete. Es dauerte auch nicht lange, bis das Gerät etwas gefunden hatte, das es aufsaugen konnte.
Dirk van Kombast stand mit hochrotem Kopf direkt vor dem Trichter. »Gib das her!«, rief er. »Sofooooort!« Dann hatte der Trichter ihn bereits verschluckt. Der Kopf des Vampirjägers verschwand bis zur Nasenspitze.
Kerul ließ den Schlauch los, als der Nachbar seiner Gastfamilie wie wild herumsprang, den Kopf hin und her warf und mit beiden Händen am Trichter zerrte. Doch vergebens. Die Saugkraft des Staubsaugers war so stark, dass sein stolzer Besitzer im Trichter feststeckte.
»Ausschalten!«, rief Dirk van Kombast. »AUSSCHALTEN!« Dabei stolperte er zurück in seinen eigenen Garten.
Kerul war so nett, den Rest des Staubsaugers hinterherzuschieben. Bevor er sich abwandte, entdeckte er am Staubsauger einen Drehknopf. Daneben stand ›Saugleistung‹ und an einem Ende »min.«, am anderen »max.«. Kerul betrachtete den Knopf einen Moment nachdenklich. Dann drehte er den Knopf auf »max.« und flog zurück zu Nara-Venja in den Garten der Tepes'.
Der Staubsauger dröhnte wie eine Maschine auf einer Großbaustelle. Jemand hatte ihn auf volle Leistung eingestellt, also brachte er auch volle Leistung.
Dirk van Kombast hatte das Gefühl, ihm würde das Gehirn aus dem Kopf gesaugt werden. Seine Augenbrauen wanderten unfreiwillig immer weiter nach oben, auf seine Frisur wäre jeder Punk neidisch gewesen. Die Sogwirkung wurde immer größer. Eine Weile tänzelte der Vampirjäger noch auf den Zehenspitzen, dann hob er mit den Füßen vom Boden ab. Der Staubsaugerschlauch bäumte sich auf. Dirk van Kombast wackelte hilflos mit den Beinen in der Luft.
Es sah aus, als würde im Garten des Vampirjägers eine seltsame fleischfressende Pflanze wachsen, die gerade ihre wehrlose Beute verschlang.
Der Gartenzwerg
S imona Zicklein wollte gerade die Vorhänge vor dem Wohnzimmerfenster zuziehen, als ihr Blick in den Nachbargarten fiel. Sie starrte ungläubig mehrere Sekunden auf das Schauspiel, das sich ihren Augen dort bot. Ihr Nachbar – ansonsten ein sehr charmanter und besonnener Mensch – steckte mit dem Kopf in einem Trichter, der offenbar zu einer Art Staubsauger gehörte, und strampelte mit den Beinen in der Luft.
Sie zögerte einen Moment. Sollte sie professionelle Hilfe holen? Vielleicht wollte ihr Nachbar auch gar nicht gestört werden. Er war ein erwachsener Mann. Man konnte davon ausgehen, dass er wusste, was er tat. Er war ein gut aussehender Pharmavertreter. Womöglich probierte er ein neues medizinisches Gerät zur Kopfmassage aus. Eine völlig revolutionäre Behandlungsmethode.
Das Gerät machte allerdings nicht den Anschein, als würde es sonderlich gut funktionieren.
Entschlossen öffnete Frau Zicklein die Terrassentür, schritt durch den kleinen Garten und stellte sich an den Zaun. »Herr van Kombast!«, rief sie über das Dröhnen des Staubsaugers hinweg. »Brauchen Sie Hilfe?«
»Ha! Her Hehörskopf!«, kam eine dumpfe Stimme aus dem Trichter.
Simona Zicklein kletterte schwungvoll über den niedrigen Gartenzaun. Genauso schwungvoll trat sie mit einem Fuß auf einen Schalter am Staubsauger.
Ihr Nachbar kam aus dem Trichter geschossen, als würde ihn der Staubsauger ausspucken.
Seine Haare standen wie eine Zwergenmütze zu Berge. Seine Augen tränten, die Nase wirkte etwas stupsig und dort, wo sich der Trichter festgesaugt hatte, verlief ein roter Streifen um seinen Kopf.
Herr van Kombast versuchte zu lächeln. »Guten Abend, Frau Zicklein. Auch noch mal frische Luft schnappen im Garten?«
Frau Zicklein sah ihren Nachbarn einen Moment sprachlos an. Dann wanderte ihr Blick zum Staubsauger, der jetzt eine Wolke in den Garten blies. Sie rümpfte die Nase. »In meinem Haus ist bessere Luft als in Ihrem Garten,« Mit diesen Worten drehte sie sich um, kletterte über den Gartenzaun und verschwand hinter ihrer Terrassentür.
Hä? Hää? Häää?
K erul reichte Nara-Venja die Tasse Tee. Er hatte sich im Keller aus Herrn Tepes Vorratsschrank ein Blutröhrchen geborgt und einen Schuss Blut in das Heißgetränk gegeben.
Nara-Venja beäugte das Getränk skeptisch. Vorsichtig nahm sie den ersten Schluck. »Danke!« Sie lächelte Kerul an.
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