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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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Straußenfeder.
    Auch ich habe mich festlich herausgeputzt, und der bewundernde Blick von Mrs. Baker begleitete uns hinunter zur Anlegestelle am Medway, wo unser Boot wartete. Acht der kräftigsten Männer der Werft saßen bereits in dem auffallend langen und schmalen Boot. Die schwieligen Fäuste umklammerten die Riemen. Als wir das schwankende Gefährt bestiegen, mußten wir eng auf der Sitzbank im Heck zusammenrücken.
    Auf ein Kommando des Taklermeisters Lewis Lympne, der die Ruderpinne führte, wurden die Leinen losgeworfen, die Ruderer senkten ihre Riemen. Ein neues Kommando, die Männer zogen die Riemen durch, und das Boot schoß wie ein Pfeil in den Medway hinaus.
    »Damals in Cambridge haben wir auf dem Cam und dem Great Ouse mit solchen Booten regelmäßig Rennen ausgetragen«, berichtete Matthew. »Manchmal kamen sogar die Jungs von Oxford herüber.«
    Im Bug des Bootes flattert lustig an einem Stock die Flagge Matthew Bakers mit je drei roten Rosen im weißen Feld, das erste und vierte von einem roten Balken geteilt, das zweite und dritte von einem roten Sparren, während im Heck meine eigene Steinbock-Flagge weht.
    »Die Führung von Flaggen ist in England eine Wissenschaft«, bemerkte Baker. »Wer zur falschen Zeit am falschen Stock die falsche Flagge setzt, kann sich mehr Ärger einhandeln, als wenn er einen Lord öffentlich ohrfeigen würde.«
    »Und was bedeutet es dann, daß deine Flagge am Bug und meine am Heck steht?« fragte ich neugierig.
    »Da du die ranghöhere Person an Bord bist, Sir Adam, gebührt deinen Farben natürlich auch der vornehmere Platz. Du bist adelig, ich nicht.«
    »Aber du führst doch auch ein Wappen«, widersprach ich. »Also mußt du doch auch …«
    »Falsch. Auf dem Kontinent erben alle Kinder den Rang ihres Vaters. In England wird jeder Titel nur einmal vergeben. Zum Beispiel kann das Oberhaupt der Familie – sagen wir Smith – der Earl von Hastings sein. Sein jüngerer Bruder ist der Viscount von Bexhill, und sein ältester Sohn noch Baron von Broad Oak. Deren Söhne, für die kein Titel mehr übrig geblieben ist, sind ganz schlicht: The honorable Master Smith. Erst wenn einer der Titelträger stirbt, rückt der Rest um eine Stufe nach – allerdings steht ihnen immer das Recht zu, das Wappen der Familie zu führen.«
    »Dann bist du also …«
    »Der jüngere Sohn eines jüngeren Sohnes – so ungefähr zumindest.«
    »Und die roten und weißen Rosen«, bohrte ich nach. »Das sind doch die Insignien des Königshauses und dessen nächster Verwandtschaft?«
    »Des alten normannischen Königshauses Plantagenet. Die Tudors führten eigentlich den Drachen im Wappen. Die weiß-rote Rose hat sich König Henry erst zugelegt, um damit zu demonstrieren, daß der jahrhundertealte Krieg zwischen den Königslinien Lancaster und York für immer vorbei ist.«
    »Und du gehörst also …?«
    »Zu den alten Normannenfamilien – irgendwie sind die schließlich alle miteinander verwandt«, brummelte Baker, während er seine Pfeife stopfte. »Das Teilwappen mit den Rosen und dem Sparren ist übrigens das Wappen des Trinity College von Cambridge.«
    »Dann bist du ja Doktor oder gar Professor!« stelle ich überrascht fest. »Denn nur diesen ist es gestattet, das Wappen ihres Colleges dem eigenen Wappen beizufügen.«
    »Woher weißt du das?«
    »Heraldik, lieber Matthew, gehört schließlich zu den notwendigen Wissensgebieten eines Geschützgießers.«
    »Wenn du es sagst, dann wird es wohl stimmen.«
    Ich genieße die Fahrt die fast spiegelglatte Themse hinauf unter dem strahlenden Sonnenschein. Je näher wir freilich Deptford kommen, um so dichter wird der Verkehr. Boote aller Größen und Bauarten wimmeln auf dem Fluß durcheinander und Lewis Lympne, unser Steuermann, muß mehrfach das schnelle Boot herumreißen, um einer Kollision zu entgehen.
    Schon von weitem hat Matthew die G OLDEN H IND ausgemacht, und diesmal, wie sie so daliegt mit ihrem frischen Anstrich, der sauberen Takelage, den auf Hochglanz polierten bronzenen Geschützrohren, verstehe ich den liebevollen Blick, mit dem er sein Schiff betrachtet.
    Und dann ist kein Durchkommen mehr. Kähne mit rotberockten königlichen Leibwächtern, die goldgestickte Rose und die Initialen ›ER‹ auf der Brust, Soldaten und eine Gruppe der walisischen Langbogenschützen Walsinghams haben das Wasser rings um die G OLDEN H IND abgesperrt. Lympne steuert ans Ufer, legt an einer hölzernen Mole an und wir klettern, ein wenig steif vom

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