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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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losgerissen, losgetreten von dem Kletternden.
    »Nandl Kunzmeier! Wir sind hier!«
    »Dann bleibt da auch! Bleibt in der Hölle – der Hölle des Herrn Fugger!« schallt es von oben herab, während der Häuer im Dunkel verschwindet.
    Korbi Brandhuber ist von dem Platz verschwunden, an dem ich ihn zurückgelassen hatte.
    Ein paar Schritte weiter entdecken wir ihn, wie er einem Toten die Augen zudrückt. Der Tote ist Peter Gstein, der Bergschrat. Der zersplitterte Holm einer Leiter ragt wie ein Speer aus seiner Brust, doch sein Gesicht ist entspannt.
    »Kannst du laufen, Korbi?«
    »Werd’s müssen, Herr Bergmeister, auch wenn der Gottseibeiuns persönlich mit seiner glühenden Mistgabel in meinem Bein herumstochert.«
    Wir nehmen Brandhuber in die Mitte und machen uns auf den Weg. Der Häuer stöhnt und flucht bei jedem Schritt.
    »Willst du dich nicht hinsetzen? Wir schicken dir sofort Männer mit einer Trage.«
    Brandhuber schüttelt nur den Kopf, beißt die Zähne zusammen und humpelt weiter.
    Zu dritt erreichen wir das Mundloch des Magdalenen-Stollens. Treten ins Freie.
    Wir sind wiedergeboren!

    Die Dunkelheit ist längst hereingebrochen.
    Die Glocken der Liebfrauenkirche läuten, versetzen die Knappensiedlung in Panik. Wir sehen unten im Tal viele kleine Lichter. Die Bevölkerung von Schwaz eilt mit Fackeln in den Händen zum Eingang des Sigmund-Stollens.
    »Unsere Frauen sind sicher auch darunter. Wir sollten sie schnell aus ihrer Ungewißheit um uns erlösen«, meint Reisländer mit ruhiger Stimme, dabei schlägt er die Richtung abwärts über die große Halde zum Eingang des Erbstollens ein, den wir vor Stunden betreten hatten – um unser Problem im Raber zu lösen.
    Korbi Brandhuber hatte sich neben dem Mundloch des Magdalenen-Stollens auf einen Steinhaufen fallen lassen:
    »Keinen Schritt mehr heute. Keinen einzigen!«
    Während des Abstiegs kreisen immer wieder die gleichen Fragen durch meinen Kopf:
    Warum straft uns der Herrgott mit dieser Apokalypse im Berg, wenn wir an diesem Ort die Schätze göttlicher Geschenke bergen wollten? Und warum verschont er die Obrigkeit?
    Oder sind es dämonische Gewalten, wie vom Annaberg in Schlesien berichtet wird, als ein Geist zwölf Knappen in einer Grube, die dazu noch den Namen Rosenkranz führte, durch seinen Hauch tötete? Hatte der gleiche Dämon diesmal die Knappen mit seinem Urin zu Tode geschifft?
    Oder ist es die Unvernunft, das Machtbegehren, die Versuchung Gottes durch den Herrn Marx Fugger, dem es gelungen war, die Knappen mit einem halben Gulden in den Abgrund zu drängen? Gott hätte es doch sehen müssen, wer der Schuldige war!
    Der Bergmeister bleibt stehen, sieht mich streng an:
    »Wir zwei müssen jetzt unbedingt eines beachten, damit das Unglück nicht noch größer wird. Ermittlungen gegen gewisse Personen werden stets schnell und mit allen Mitteln von höchster Stelle unterbunden. Sagen wir die Wahrheit sofort, brennen heute nacht noch die Häuser – und vieles mehr. Keine Namen also! Du verstehst?«
    Ja, ich verstehe!
    Durch mehr als tausend Menschen, die sich inzwischen vor dem Stolleneingang drängen, bahnen wir uns eine Gasse.
    »Bergmeister, Schiener – Ihr lebt!
    Was ist passiert? Wodurch?
    Wo sind die Männer? Gibt es Tote?
    Wie viele sind tot? Wo ist mein Mann? Bruder? Kind?
    Macht ihnen den Weg frei! Er ist voll Blut – seht nur!
    Lebt mein Jos?
    Jungfrau Maria und alle Heiligen, helft uns!
    Ist der Berg dahin? Bergmeister redet!«
    Fragen über Fragen drängen auf uns ein, als wir uns den Weg zur Krame hin freikämpfen. Ungewißheit. Angst. Tränen. Gebete.
    Unruhe, schon in Bitterkeit umschlagend.
    Reisländer steigt auf das Dach der Krame, hebt die Hände. Die Fackeln um ihn herum zucken wie die Flammen eines Scheiterhaufens.
    Das Gemurmel verstummt.
    »Männer, Kinder, Frauen, Berggemeinde! Ein Wassereinbruch im Raber-Liegendgang …«
    Reisländer stockt, spricht weiter:
    »… Unmengen von Wasser wurden im neuen Schacht angeschlagen – brachten im Schacht und im Stollen vielen den Tod. Ich habe keinen Überblick. Wir müssen erst herausfinden, welches Ausmaß an Zerstörung das Wasser im Fürstenbau angerichtet, wieviel Leben es gekostet hat. Uns hat ein Wunder gerettet …!
    Unsere Knappen brauchen Hilfe. Wir müssen in den Berg!«
    Die Gemeinde hängt betroffen an seinen Lippen.
    »Magister Conradinus, ist er hier?« ruft der Bergmeister.
    »Hier! Hier bin ich …!«
    »Bereitet im Spital alles notwendige vor: Betten,

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