Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)
Hill die Köpfe von Jesuiten und allerlei Verschwörern abhacken, doch an diesen besonderen Kopf ihrer Schwesterkönigin zu rühren, weigert sie sich bis heute beharrlich. Weshalb sollte sie jetzt plötzlich ihre Meinung ändern?«
»Sie wird ihre Meinung nicht ändern – und doch wird dieser spezielle Kopf fallen!« Sir Francis Walsingham beugt sich weit über den mächtigen Tisch. Seine Worte sind nur noch ein Flüstern. »Glaubt Ihr, wir hätten die Babington-Verschwörung geplant, um sie ins Leere laufen zu lassen?«
»Wer ist dieser Babington?«
»Ein Narr und ein Niemand – ein katholischer Kleinedelmann aus Lichfield bei Chartley, just jenem Schloß benachbart, wo Maria Stuart in den letzten Monaten ihre unfreiwillige Residenz aufgeschlagen hatte.«
»Das mag Babington den Kopf kosten - nicht Maria Stuart«, werfe ich ein.
»Die Schottin zu befreien war für Babington ein gar ritterliches Werk. Doch solange Königin Elizabeth lebt, ist kein Platz für Maria auf Englands Thron und für den Papst das Land nicht zurückgewonnen. Das Credo eines der Mitverschwörer namens Gifford lautete: »Also muß für Maria und den katholischen Glauben Königin Elizabeth sterben!«
»Ist das nicht auch Euer Mann, dessen Nachricht aus Paris Ysabel überbringen sollte?« entsinne ich mich.
»So ist es«, bestätigt Walsingham und fährt fort: »Tatsächlich konnte am 12. Mai der spanische Gesandte, der ständig mit den Verschwörern in Verbindung stand, seinem König die erfreuliche Nachricht übermitteln, daß Babington und drei seiner Leute vor dem Altar auf das Sakrament geschworen hatten, Königin Elizabeth mit Dolch oder Gift zu beseitigen. Wohl versteckt in einem Bierfaß, das schon länger als geheimes Transportmittel für Briefe nach und aus Chartley diente, erreichte die frohe Botschaft einen Tag später auch die Schottin.«
»Allein das Wissen um einen Mordplan erscheint Euch genug, um immerhin eine Königin vor ein Blutgericht zu stellen?« frage ich zweifelnd.
»Natürlich nicht. Ihr consent, ihr ausdrückliches und schriftliches Einverständnis zu dem Meuchelmord war unabdingbar. Und ganz leicht zu erhalten war es wahrlich nicht. Gifford mußte bei Philipps und Marias Generalagenten Morgan in Paris wiederholt Klage führen über die zögerliche Haltung der Schottenkönigin, ohne deren Zuspruch und Einverständnis Babington und seine Narren wohl nie ihren Entschluß würden auszuführen wagen.
Doch nicht Morgan, sondern Babington selbst brachte schließlich den Stein ins Rollen. In einem ellenlangen, rührseligen Schreiben offenbarte er seiner geliebten Königin bis ins Kleinste die Pläne der Verschwörer und bat sie um ihren Segen. In der gleichen Nacht, in der man die Usurpatorin Elizabeth niederstechen wolle, würden überall im Land die Werften, Gießereien und Arsenale in Flammen aufgehen, um England den spanischen Invasionstruppen zu offen, während er, Ritter Babington, an der Spitze von hundert Getreuen, Chartley stürmen und sie befreien werde, um sie im Triumphzug nach London zu führen, wo sie endlich Thron, Krone und Zepter in ihren rechtmäßigen Besitz nehmen könne. Dieses Dokument freimütigster Dummheit kann man wahrlich nur mit Ergriffenheit lesen!
Und Maria Stuart wäre eben nicht Maria Stuart, hätte sie aus kalter Vorsicht solch eine Epistel hochherzigen Schwachsinns unbeantwortet gelassen. Am 10. Juni hielt sie das Schreiben in Händen. Am 17. verließ ihre Punkt für Punkt ausführliche und zustimmende Antwort Chartley auf dem gewohnten Weg im Bierfaß.
Noch in Lichfield wurde der Brief von meinem eigenen Privatsekretär Phelippes kopiert, dechiffriert und an mich geschickt, während das Original weiter zu seinem eigentlichen Empfänger nach Paris reiste, wo man beschloß, daß Babington unverzüglich losschlagen solle. Das war die Nachricht, die über Margate unter anderem auch Eure Freundin Ysabel erreichte und die sie unbedingt glaubte weitergeben zu müssen.«
Seine Augen mustern mich kalt.
»Nun den Rest kennt Ihr: Babington stürmte Chartley ebenso wenig wie die Verschwörer auch nur in die Nähe Königin Elizabeths gelangten. Von den Gießereien, Werften und Arsenalen ließen wir lediglich Owen Furnace und Hogges Furnace ein paar unbedeutende Brandschäden davontragen, und in Deptford fiel Peter Pett, in der Aufregung oder im Rausch, eine Treppe hinunter und brach sich ein Bein. Und hätte sich Ysabel an ihre Weisung gehalten, sofort nach Barn Elms zu kommen, wäret Ihr
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