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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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nicht einmal in die Nähe einer Gefahr geraten.«
    Aus dem Gesagten vermag ich nicht zu entscheiden, was an diesem Komplott Walsinghams überwiegt: die Klugheit, der Zynismus oder die schiere Notwendigkeit.
    »Und vergeßt nicht, Sir Adam«, verabschiedet mich Sir Francis, »die Wahrheit ist oft ein zweischneidiges Schwert – und in England oft die Schneide des Henkerbeils.«
    Als ich den Raum verlasse, geht mir das Wort Walsinghams durch den Sinn:
    »Politik ist allezeit die Wissenschaft des Widersinns.«

    Als ich die Vorhalle wieder betrete, ist die Überraschung groß, denn ich werde fast von Matthew umgerannt, der wutschnaubend, mit zorngerötetem Gesicht versucht an mir vorbeizustürmen und mit Stentorstimme brüllt:
    »Warum hockt Walsingham hier noch herum? Was für gottverdammte Schlafmützen hat er als Schutz für meine Werft abgestellt? Diese Arschlöcher wären bei den Kloakenreinigern gerade noch zu ertragen!«
    »Was ist denn passiert?« frage ich erschrocken.
    Baker wirbelt herum, während Sir Francis Walsingham in der Halle erscheint.
    »Diese lächerlichen Figuren wagen es von sich zu behaupten, sie seien fähig, den Schutz der Arsenale, Gießereien oder Werften zu garantieren! Schutz!« Matthew Baker speit das Wort förmlich aus.
    Walsingham kommt näher:
    »Doktor Baker, ich muß Euch dringend bitten, Euch zu mäßigen!«
    »Mäßigen?« tobt Matthew. »Ich habe überhaupt noch nicht angefangen!«
    »Es ist kein einziges der Werftgebäude in Chatham beschädigt worden!« antwortet Walsingham ärgerlich.
    Doch Matthew ist nicht zu bremsen:
    »Die paar lumpigen Steinhaufen sind notfalls in ein paar Wochen wieder aufgebaut. Es ist das Holz! Das Holz !Fast ein Drittel meines Holzlagers ist in Flammen aufgegangen, und die traurigen Figuren, die Ihr als Wachen nach Chatham abgestellt habt, waren nicht in der Lage, es vor ein paar übergeschnappten Katholiken zu schützen!« Mit drei langen Schritten eilt Baker zu mir, packt mich an den Schultern, schüttelt mich. »Adam, stell dir vor, du kommst nach Mayfield zurück, deine Flammöfen liegen in Trümmern, und dein Kupfer und Zinn ist hoffnungslos mit Blei versetzt.«
    Seine Worte lassen mich erbleichen.
    »Und das ist gar nichts!« fährt mein Freund fort. »Die Öfen lassen sich neu aufmauern, die Metalle wieder beschaffen – in ein paar Monaten funktioniert deine Gießerei wieder." Aber bei mir hat es das Holz getroffen!«
    »Ihr werdet entsprechende Entschädigung und Ersatz bekommen, Master Baker«, erklärt Walsingham eisig.
    »Entschädigung? Ersatz?« schreit Matthew wütend auf. »Ersatz für hundertjährige, zehn, zwanzig Jahre abgelagerte Eichenstämme! Niemand begreift offensichtlich, worum es geht!«
    »In Woolwich, in Deptford, in Plymouth, Yarmouth, Portsmouth liegt genug entsprechendes Holz, um die Schiffe, die derzeit benötigt werden und im Bau sind, fertigzustellen«, hält Walsingham trocken dagegen.
    »Derzeit! Und was ist morgen? Und übermorgen?« Matthew schlägt verzweifelt die Hände vors Gesicht. »England ist eine Insel. Ob heute gegen die Spanier, oder vor einigen Jahren gegen die Franzosen, oder in einigen Jahren gegen wen auch immer: Englands Schutz, Englands alleiniger Schutz ist seine Flotte, sind die hölzernen Wälle seiner Schiffe!«
    »Dies ist mir durchaus nicht unbekannt«, stellt Walsingham fest.
    »England hat kein Holz mehr!« schleudert mein Freund Walsingham entgegen. »Die Flotten König Henrys haben England leergefegt von brauchbaren Bäumen! Wir sind so weit, daß Englands zukünftige Sicherheit und Größe zunehmend abhängen wird von den Wäldern Rußlands. Was wir brauchen, ist Holz für die Kriegsschiffe, die England den Weg vorbei an Dänen, Deutschen, Schweden und Polen freihalten nach Rußland, um das Holz zu bekommen, das wir für den Bau der Kriegsschiffe brauchen.«
    Sir Francis Walsingham bleibt vor Matthew stehen, schaut ihm in die Augen:
    »Wenn das so ist, Doktor Baker, dann wird England dafür Sorge tragen, daß dieser Weg nach Rußland – vorbei an Dänen, Deutschen, Schweden und Polen – stets und um jeden Preis für Englands Schiffe offensteht! Gentlemen, und damit ist es genug für heute! Es lebt die Königin!«
    Wenige Augenblicke danach verlassen Matthew und ich gemeinsam Barn Elms.

Mittwoch,
der 22. Februar 1587
    Das Grau des Tages ist so grau wie meine Stimmung. Auf dampfenden Pferden hetzen meine fünf Leibwächter und ich nordwärts Richtung London. Eisiger Nieselregen, vermischt

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