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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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eine todsichere Verurteilung waren bis dahin nicht zwingend gewesen.
    Städte, Land und Leute litten nicht deshalb Not, weil Dreyling damals die Knappen beruhigt hatte, damit sie keinen Aufstand anzettelten, oder gar dadurch, daß er nach Venedig und England ging. Nein, das waren nicht die wahren Gründe. Doch die hohen Herren hätten sich lieber ihre Zungen abgebissen, als zu enthüllen, warum die Verurteilung Dreylings zum Tode für Habsburg so bedeutsam geworden ist. Die Wahrheit hätte die habsburgischen Königreiche von innen heraus zum Wanken gebracht. Denn Habsburg wurde durch Habsburg im Kanal geschlagen.
    Der rettende Kahn – das sichere Urteil – driftete Leoman aber nicht entgegen, vielmehr war er gezwungen, dem Kahn über manche Stromschnelle hinweg entgegen zu schwimmen! Wir hätten es uns allemal leichtermachen können, wäre nur der Mut zur Wahrheit vorhanden gewesen. Doch ein offenes Exempel wurde auf Grund der Tragweite höchstnotpeinlich vermieden. Was immer auch geschehen mochte, der vierte Anklagepunkt war aussichtsreich und vielversprechend.
    Das Rauschen der Stimmen ebbte unversehens ab, als das helle Glöckchen das Erscheinen des Bergrichters aus der Sakristei ankündigte.
    »Man bringe den Angeklagten!« befahl Reisländer. Ohne abzuwarten, bis Adam erneut auf die Totenplatte zu stehen kam, bellte er Leoman an. »Der nächste Anklagepunkt!«
    Schiller-Herdern trat nahe an Dreyling heran und schoß lautstark seine erste Frage ab:
    »Angeklagter! Wie lange wirktet Ihr im ketzerischen England?«
    »Ich habe dort fromme Menschen angetroffen – Ketzerei habe ich nicht erlebt. Ich kann Eure Frage daher so nicht beantworten.«
    »Wie lange!« fuhr Leoman gereizt dazwischen.
    »Von 1579 bis 1589.«
    »Ihr dientet also unter Elizabeth ganze zehn Jahre.«
    »So war es.«
    »Ihr dientet also direkt einer Person, die sich den Titel ›Königin‹ angemaßt hatte, einer Person, die durch die Bulle Regnans in Excelsis durch Papst Pius V exkommuniziert wurde, einer Person, die den einzig wahren katholischen Glauben ihren Untertanen verbot.« Dem Ankläger schwoll von Sekunde zu Sekunde der Hals. »Angeklagter! Ich stelle daher unleugbar fest:« Seine Stimme verhallte, die kurze Pause steigerte dramatisch die Neugier. Die Stimme überschlug sich. »Ihr hattet nicht nur Gelegenheit zu wählen, sondern Ihr mußtet Euch entscheiden. Jeder Katholik hatte sich auf der Insel zu entscheiden! Wäret Ihr als guter Katholik Rom gehorsam geblieben, hättet Ihr Elizabeth die Gefolgschaft verweigern müssen. Ihr habt es nach eigenem Bekunden nicht getan, sondern habt ihr über zehn Jahre hinweg die Treue gehalten; was wiederum belegt, daß Ihr nicht nur die Bulle, sondern auch das Papsttum verworfen habt. Das ketzerische England habt Ihr damit vorsätzlich unterstützt! Ihr seit überfuhrt und des aktiven Verrats am katholischen Glauben schuldig!«
    Meine erste Einschätzung war, daß Schiller-Herdern es endlich geschafft hatte. Als die empörte Menge sich wieder etwas besänftigt hatte, erzwang Reisländer die Ruhe mit dem Hammer. Die Selbstzufriedenheit des Anklägers konnte man direkt an der geraden, hoch aufgerichteten Gestalt ablesen.
    »Was habt Ihr dagegen zu sagen, Angeklagter?«
    Dreyling ließ sich Zeit mit seiner Antwort. Bevor jedoch Reisländer ihn erneut auffordern konnte, hob er an:
    »Ich komme aus Schwaz und nicht aus Rom! Richtig ist, ich habe mich um die Bulle nie gekümmert, da Rom und damit der Papst Königin Elizabeth ebenfalls genau elf Jahre auf ihrem Thron anerkannt hatte und zwar, wie wir alle wissen, von ’59 bis ’70. Wie soll sie sich also den Titel angemaßt haben, wenn sogar der Papst ihn über elf Jahre anerkannt hatte. Und hat nicht Gregor XIII. danach verkündet, die Bulle sei für Katholiken so lange nicht bindend, bis sie vollstreckt werden könne? Wie kann ich damit den katholischen Glauben und Rom verraten haben? Sogar der Papst hat sich somit klar entschieden. Ist diese Tatsache an Euch vorbeigegangen? Ich kann es nicht glauben. Eure Konstruktionen, Ankläger, dienen also wiederum nur der vorsätzlichen Irreführung der Geschworenen und der gläubigen katholischen Bevölkerung Tirols!«
    »Scheiß-Bulle! Ihr habt mitgeholfen, daß sie nicht vollstreckt werden konnte! Verdammter Verräter! Dreckiger Ketzer!« Leoman war außer sich und nahe daran, endgültig seine Fassung zu verlieren, während die Geschworenen, das Volk und die Knappen völlig irritiert das eben gehörte zu

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