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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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und fahr fort: »Was nützen uns die gegenseitigen Anschuldigungen, wenn es um die Beseitigung Eures Verräters geht? Der Löwe muß auf die Schlingen achten, die Schlange auf den Adler, der Fuchs auf die Wölfe. Ihr mißachtet die Schlingen, den Adler und die Wölfe! Im Fall Dreyling siegt kein Gericht, nicht die offene Gewalt, sondern nur die List. Nur verwechselt List nicht mit öffentlicher Folter und gekauften Gerichten … Mehr steht mir nicht zu, Euch zu raten!«
    »Venedigs Ansichten gefallen mir! Ganz auf meiner Linie! Wir werden den verdammten Wagrainer zur Fäulnis bringen!« begeisterte sich Löffler an den Ansichten Querinis.
    Daraufhin wurden zwischen Fleisch und Bier zügellos die zu erwartenden Todesarten durchgehechelt.

    Die Scharfmacher am Tisch ließen Katharina Endorfer unbeeindruckt. Sie sprach kein Wort, verschwendete keinen einzigen Blick an die Runde, tat so, als wäre sie das einzig tugendhafte Weib an der Tafel. Doch je stärker sie sich zurücknahm, um so mehr fesselte sie meine Aufmerksamkeit. Sie ahnte nicht, daß ich hauptsächlich gekommen war, um zu beobachten, daß ich jede Bewegung, jeden Blick und jeden Ausdruck in ihrem Gesicht registrierte, um auszuloten, auf welcher Seite sie stand. Inmitten der Fanfarenklänge des Todes verweigerte sie den Beichtstuhl der Offenheit, an dem die anderen zu dieser Stunde ihre Haßgesänge abluden.
    Sie war die einzige am Tisch, die sich so verhielt. Ich spürte, daß in ihrem Leib etwas brannte, etwas, das sie an der Tafel nicht entschlüpfen lassen konnte. Ja, ich spürte, daß sie etwas plante; doch was es auch sein mochte, ein rächendes Geheimnis hielt ich kaum für möglich, eher vermutete ich einen saugenden Abgrund, der sie mächtig anzog. Noch nie war mir in meinem Leben während eines hitzigen Disputs ein solches Desinteresse, eine solche Abkehr begegnet, wie er aus dem versiegelten Blick ihrer Augen sprach. Unterhalb der Tischkante, die Taille abwärts aber war sie voller Unruhe. Dort wetzte sie sich wahrhaftig das Hinterteil auf dem Stuhle blank. Doch davon war ihr oberhalb der Tischkante, angesichts der zahlreichen Todeswünsche ihrem ehemaligen Geliebten gegenüber, nichts anzumerken. Auch war keine einzige Regung ablesbar, die man als Zustimmung oder Widerspruch hätte deuten können.
    Ein zweites Zeichen verriet mir endgültig ihren angespannten Gemütszustand, denn sie hatte, wie ein geübter Feldscher, das Fleisch auf dem Zinnteller, ohne einen Bissen davon zu nehmen, mit dem Messer fein säuberlich in seine Fasern zerlegt. Auch als sie von ihrem Gemahl Endorfer angesprochen wurde, reagierte sie verzögert, als vernähme sie davon nur ein schwaches Echo. Ihre Sprachlosigkeit und ihre völlige Abwesenheit ließen den Schluß zu: Katharina saß zwar mit am Tisch, doch kreisten ihre Gedanken um etwas, was sich außerhalb des Saales befand …
    Spätestens zu diesem Zeitpunkt fingen mich die leidenschaftlichen Ausbrüche von Hans Christoph Löffler endgültig zu stören an. Mit dem Blick und der Haltung eines Bluthundes bellte er erneut in die Runde:
    »Es bleibt dabei: Er ist ein Rebell und Verräter! England wäre wieder beim wahrhaftigen Glauben, wenn dieser Saukerl nicht den Guß meiner Feldschlangen den Ketzern verraten hätte.«
    Fugger ließ sich ebenfalls wieder davon anstecken:
    »Ihr habt völlig recht, Löffler. Er muß dafür büßen, er muß weg. Sein Tod muß dafür herhalten, daß wir die Bedingungen am Berg wieder erhärten können! Ich bin mir sicher, daß die Folgsamkeit der Knappen durch den Tod des Aufwieglers wieder gewährleistet wäre! Wir haben das Urteil dringend nötig. Berggericht hin oder her, Reisländer weiß das.«
    Während der Ozean des Hasses wogte und dröhnte, schob Katharina unbemerkt den Stuhl zurück, stand katzenflink auf und verließ zielstrebig den Saal, ohne sich umzublicken. Ihr Gemahl, Alexander Endorfer, neben ihr, der mehr auf das Gezeter an der Tafel achtete, bemerkte das Verschwinden seiner Frau gar nicht.
    Die Richtung, die Katharina wählte, zwang mich ebenfalls schnell vom Tisch aufzustehen. Zunächst dachte ich, sie wollte zum Abtritt hin, doch der Weg, über den Bogengang des Katzbeck-Palais zur Südempore zurück, führte in die entgegengesetzte Richtung. Mein Instinkt sagte mir, daß sie entschlossen war, etwas Entscheidendes auszuführen.
    Die Mittagssonne brachte die Farben der Bänderungen der Säulen ringsherum in den Chören zum Leuchten. Dazu war die Luft in der

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