Der Meister und Margarita
Untersuchungsbehörde: Hier war eine Bande von Hypnotiseuren und Bauchrednern am Werk, die ihre Kunst meisterhaft beherrschten.
Um ihrer habhaft zu werden, wurden sowohl in Moskau als auch außerhalb energische Maßnahnen ergriffen, die jedoch bedauerlicherweise keinerlei Resultate zeitigten. Der sich Voland genannt hatte, war mit seinen Spießgesellen verschwunden und tauchte weder in Moskau noch sonstwo wieder auf. Natürlich wurde gemutmaßt, er sei ins Ausland entwichen, aber auch dort trat er nicht mehr in Erscheinung.
Die Untersuchung seines Falles dauerte noch geraume Zeit. Es war schließlich ein ungeheuerlicher Fall! Man braucht gar nicht zu reden von den vier verbrannten Häusern und den Hunderten um den Verstand gebrachten Menschen, aber es gab auch Tote. Bei zweien ist das ganz sicher: bei Berlioz und bei dem unglückseligen Angestellten des Büros zur Bekanntmachung der Ausländer mit den Sehenswürdigkeiten von Moskau, dem ehemaligen Baron Maigel. Sie waren getötet worden. Die verkohlten Gebeine des letzteren wurden in der Wohnung Nr. 50 in der Sadowaja gefunden, nachdem der Brand gelöscht war. Ja, es gab Opfer, und diese Opfer machten eine Untersuchung notwendig.
Es gab aber auch noch Opfer, nachdem Voland die Hauptstadt verlassen hatte, und diese Opfer waren, so traurig es ist, schwarze Kater.
An die hundert dieser friedfertigen, nützlichen und dem Menschen treu ergebenen Tiere wurden vielerorts im Lande erschossen oder mit anderen Methoden zu Tode gebracht. Anderthalb Dutzend Kater wurden, manchmal verstümmelt, in verschiedenen Städten bei der Miliz abgeliefert. So wurde in Armawir eines der gänzlich unschuldigen Tiere mit gebundenen Vorderpfoten von einem Bürger zur Miliz gebracht. Der Mann hatte den Kater erwischt, als dieser wie ein Dieb (was kann man dagegen tun, daß Kater so wirken? Es liegt nicht daran, daß sie lasterhaft sind, nein, sie fürchten, ein stärkeres Wesen — Hund oder Mensch — könnte ihnen einen Schaden oder eine Beleidigung antun. Beides ist nicht sehr schwierig, aber Ehre bringt es keine ein, ich versichere es, wirklich nicht!), ja, als er also wie ein Dieb in die Kletten schlüpfen wollte.
Der Mann stürzte sich auf den Kater, riß sich den Schlips ab, um ihn zu fesseln, und murmelte giftig und drohend: "Aha, also zu uns nach Armawir sind Sie jetzt gekommen, Herr Hypnotiseur? Na, hier haben wir keine Angst vor Ihnen. Tun Sie nicht, als ob Sie stumm wären. Wir wissen schon, was Sie für ein Vogel sind!"
Der Bürger führte den Kater zur Miliz. An den Vorderpfoten, die mit seinem grünen Schlips gefesselt waren, zerrte er das arme Tier hinter sich her und erzwang mit leichten Fußtritten, daß es aufrecht auf den Hinterpfoten ging. "Sie", schrie der Bürger, dem eine Horde johlender Bengels folgte, "spielen Sie hier nicht den Dummkopf! Daraus wird nichts! Gehen Sie gefälligst so wie alle!"
Der schwarze Kater hatte Märtyreraugen. Von Natur aus der Gabe des Wortes ermangelnd, war er außerstande, sich zu verteidigen. Seine Rettung verdankte das arme Tier vor allem der Miliz, aber auch seiner Herrin, einem ehrwürdigen verwitweten Mütterchen. Kaum hatte der Bürger den Kater ins Revier geschafft, da roch man seine gewaltige Fahne und zog seine Aussagen alsbald in Zweifel. Unterdes hatte die alte Frau von Nachbarn erfahren, daß ihr Kater geschnappt worden war, rannte spornstreichs zum Revier und traf rechtzeitig ein. Hier stellte sie dem Kater das allerbeste Zeugnis aus, versicherte, sie kenne ihn schon fünf Jahre, das heißt seit seiner Geburt, und bürge für ihn wie für sich selbst, und sie führte den Beweis, daß man ihm nichts Übles nächsagen könne und er niemals nach Moskau gereist sei. In Armawir geboren und aufgewachsen, habe er auch hier gelernt, Mäuse zu fangen.
Der Kater wurde losgebunden und seiner Besitzerin zurückerstattet, nachdem ihm freilich Leids geschehen war und er am eigenen Leib erfahren hatte, was Irrtum und Verleumdung ist. Außer den Katern hatten auch einige Menschen gewisse Unannehmlichkeiten. Vorübergehend festgenommen wurden: in Leningrad die Bürger Volman und Volper, ferner in Saratow, Kiew und Charkow je ein Wolodin, in Kasan ein Voloch und schließlich in Pensa aus unerfindlichen Gründen der Kandidat der chemischen Wissenschaften Wetschinkewitsch. Freilich war dieser von mächtigem Wuchs und von sehr dunkler Gesichtsfarbe.
Außerdem wurden an verschiedenen Plätzen neun Korowins, vier Korowkins und zwei Karawajews
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