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Der Meister und Margarita

Titel: Der Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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festgenommen. Auf der Station Belgorod wurde ein Bürger gefesselt aus dem Sewastopoler Zug geholt. Er hatte sich einfallen lassen, die Mitreisenden durch Kartenkunststücke und dergleichen zu erheitern.
    In Jaroslawl erschien um die Mittagsstunde in einem Restaurant ein Bürger mit einem Primuskocher in der Hand, den er soeben von der Reparatur geholt hatte. Kaum wurden die beiden Portiers seiner ansichtig, da verließen sie ihre Posten in der Garderobe und ergriffen die Flucht, und ihnen nach flohen sämtliche Gäste und Angestellten aus dem Restaurant. Dabei kam der Kassiererin auf unerklärliche Weise die Tageskasse abhanden. Es gab noch vieles andere, doch an alles kann man sich nicht erinnern. Es gab eine große Wallung der Gemüter. Immer wieder muß man der Untersuchungsbehörde Gerechtigkeit widerfahren lassen. Es wurde alles getan, nicht nur, um die Verbrecher zu fangen, sondern auch, um zu erklären, was sie angerichtet hatten. Und es wurde alles erklärt, und man muß sagen, die Erklärungen waren vernünftig und unwiderlegbar. Die Vertreter der Untersuchung und erfahrene Psychiater stellten fest, daß die Mitglieder der Verbrecherbande oder vielleicht nur eines von ihnen (der Hauptverdacht fiel auf Korowjew) über einmalige hypnotische Kräfte verfügten und imstande waren, sich an Orten zu zeigen, wo sie gar nicht waren, in vorgetäuschten, verschobenen Positionen. Überdies suggerierten sie anderen mühelos, daß bestimmte Dinge oder Menschen sich an Orten befänden, wo sie in Wirklichkeit gar nicht waren, und entfernten umgekehrt Dinge oder Menschen, die in Wirklichkeit zugegen waren, aus dem Gesichtsfeld der Leute. Im Licht solcher Erklärungen wird natürlich alles durchschaubar, selbst die die Bürger am meisten erregende, scheinbar unerklärliche Kugelfestigkeit des Katers, den man in der Wohnung Nr. 50 beim Versuch, seiner habhaft zu werden, unter Feuer genommen hatte.
    Selbstverständlich war gar kein Kater auf dem Kronleuchter gewesen, niemand hatte daran gedacht, zurückzuschießen, und die Kriminalisten hatten auf eine leere Stelle gefeuert, während vielleicht Korowjew, der ihnen suggeriert hatte, auf dem Kronleuchter treibe ein Kater seinen Unfug, hinter den Schützen stand und sich grinsend seiner gewaltigen, aber verbrecherisch mißbrauchten hypnotischen Kraft erfreute. Natürlich war er es auch, der das Benzin vergossen und die Wohnung in Brand gesetzt hatte.
    Stjopa Lichodejew war natürlich nicht nach Jalta geflogen (das hätte selbst Korowjews Kräfte überstiegen) und hatte auch keine Telegramme von dort geschickt. Er war in der Juwelierswitwenwohnung vor Schreck über Korowjews Trick, der ihm einen Kater mit einem aufgespießten marinierten Pilz vorgaukelte, in Ohnmacht gefallen, und Korowjew hatte ihm, um sich über ihn lustig zu machen, eine Papacha auf den Kopf gestülpt, ihn zum Moskauer Flugplatz geschickt und den wartenden Kriminalisten suggeriert, daß Stjopa dem Flugzeug aus Sewastopol entstiege.
    Die Kriminalmiliz von Jalta behauptete allerdings, Stjopa barfuß bei sich aufgenommen und seinetwegen Telegramme nach Moskau geschickt zu haben, aber in den Akten wurde keine Kopie der Telegramme gefunden, woraus der zwar traurige, aber zwingende Schluß gezogen wurde, daß die Hypnotiseurbande die Kraft besaß, sogar auf gewaltige Entfernungen zu hypnotisieren, und nicht nur einzelne Personen, sondern ganze Gruppen. Unter diesen Umständen konnten die Verbrecher selbst Menschen von sehr kräftiger psychischer Struktur um den Verstand bringen.
    Was sollte man da noch von solchen Kleinigkeiten reden wie dem Kartenspiel in einer fremden Tasche, dem Verschwinden von Damenkleidern, dem miauenden Barett und ähnlichen Scherzen! Solche Tricks kann jeder berufsmäßige Hypnotiseur mittlerer Begabung auf jeder Bühne vorführen, ebenso den läppischen Trick mit dem abgerissenen Kopf des Conferenciers. Der sprechende Kater war ebenfalls blühender Unsinn. Um den Leuten einen solchen Kater zu präsentieren, genügt es, die Anfangsgründe des Bauchredens zu beherrschen, und es wird ja kaum einer bezweifeln, daß Korowjews Kunst diese Anfangsgründe bedeutend überstieg.
    Nein, es ging wirklich nicht um die Kartenspiele und die fal-sehen Briefe in Nikanor Iwanowitsehs Aktentasche. Das waren kleine Fische! Aber Korowjew hatte Berlioz unter die Straßenbahn gejagt und dem sicheren Tod preisgegeben. Er hatte den armen Poeten Iwan Besdomny um den Verstand gebracht, hatte ihm in qualvollen

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