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Der Meister

Der Meister

Titel: Der Meister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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bedeuten. Deshalb hat er seine Hand gehoben.« Sie blickte zum Fernseher, wo Hoyt noch immer lächelnd die offene Hand in die Kamera hielt.
    »Es ist ein kleiner Scherz, nur zwischen uns beiden. Seine Art, Hallo zu sagen. Der Chirurg wendet sich an mich. Er spricht mit mir.«
    »Der muss ja tierisch sauer auf Sie sein«, sagte Canady. Er deutete mit der Fernbedienung auf den Bildschirm. »Sehen Sie ihn sich doch an. Es ist, als ob er sagt: ›Du kannst mich mal!‹«
    »Oder ›Wir sehen uns noch‹«, fügte Arien leise hinzu.
    Seine Worte ließen sie frösteln. Ja, ich weiß, dass wir uns Wiedersehen werden. Ich weiß nur nicht wann und wo.
    Canady drückte auf Play, und das Band lief weiter. Sie sahen, wie Hoyt die Hand sinken ließ und wieder zum Ausgang ging. Während er sich von der Kamera entfernte, fixierte Rizzoli das Bündel unter seinem Arm.
    »Halten Sie noch mal an«, sagte sie.
    Canady drückte auf Pause.
    Sie beugte sich vor und legte den Finger auf den Bildschirm. »Was ist das, was er da unter dem Arm hat? Es sieht aus wie ein zusammengerolltes Handtuch.«
    »Ist es auch«, bestätigte Canady.
    »Warum hat er es mitgenommen?«
    »Es geht nicht um das Handtuch. Sondern um das, was darin eingewickelt ist.«
    Sie runzelte die Stirn, versuchte sich an das zu erinnern, was sie vorhin oben im OP gesehen hatte. Und dann fiel ihr das leere Tablett neben dem OP-Tisch ein.
    Sie sah Arien an. »Instrumente«, sagte sie. »Er hat chirurgische Instrumente mitgenommen.«
    Arien nickte. »Ein Laparotomie-Set wird vermisst.«
    »Laparotomie? Was ist das?«
    »Das ist Medizinerjargon für das Aufschneiden der Bauchdecke«, sagte Canady.
    Auf dem Bildschirm war Hoyt inzwischen zur Tür hinausgegangen, und sie sahen nur noch einen leeren Korridor, eine geschlossene Tür. Canady schaltete den Fernseher aus und drehte sich zu ihr um. »Sieht aus, als könnte Ihr Bursche es gar nicht erwarten, sich wieder an die Arbeit zu machen.«
    Das Trillern ihres Handys ließ sie zusammenzucken. Sie fühlte das heftige Pochen ihres Herzens, als sie nach dem Apparat griff. Die beiden Männer beobachteten sie, und sie drehte sich zum Fenster um, bevor sie sich meldete.
    Es war Gabriel Dean. »Sie haben doch nicht vergessen, dass wir um drei Uhr mit dem forensischen Anthropologen verabredet sind?«, sagte er.
    Sie sah auf ihre Uhr. »Ich werde rechtzeitig dort sein.«
    Es war gerade so zu schaffen.
    »Wo sind Sie?«
    »Hören Sie, ich werde dort sein, okay?« Sie legte auf und holte tief Luft, den Blick starr auf etwas jenseits des Fensters gerichtet. Ich komme nicht mehr nach, dachte sie. Zu viele Monster, die ihr Unwesen treiben – ich kann nicht überall gleichzeitig sein …
    »Detective Rizzoli?«, sagte Canady.
    Sie wandte sich zu ihm um. »Tut mir Leid. Ich muss zurück in die Stadt. Sie rufen mich doch sofort an, wenn Sie etwas von Hoyt hören?«
    Er nickte. Lächelte. »Wir glauben nicht, dass es sehr lange dauern wird.«
     
    Dean war der letzte Mensch, nach dessen Gesellschaft ihr jetzt zumute war, doch als sie in den Parkplatz des Rechtsmedizinischen Instituts einbog, sah sie ausgerechnet ihn aus seinem Wagen steigen. Rasch fuhr sie in eine Lücke zwischen zwei Autos und stellte den Motor ab. Sie dachte, wenn sie nur ein paar Minuten wartete, würde er vor ihr hineingehen, so dass ihr ein unnötiges Gespräch mit ihm erspart bliebe. Aber leider hatte er sie schon gesehen und stand nun wartend mitten auf dem Parkplatz, ein unüberwindliches Hindernis. Es blieb ihr keine Wahl, sie musste sich ihm stellen.
    Als sie die Tür öffnete, schlug ihr die sengende Hitze entgegen. Mit dem entschlossenen Schritt einer Frau, die keine Zeit zu verlieren hat, ging sie auf ihn zu.
    »Sie sind heute Morgen gar nicht mehr in die Besprechung zurückgekommen«, sagte er.
    »Marquette hat mich in sein Büro gerufen.«
    »Er hat es mir gesagt.«
    Sie blieb stehen und sah ihn an. »Was hat er Ihnen gesagt?«
    »Dass einer Ihrer verurteilten Mörder auf freiem Fuß ist.«
    »Das stimmt.«
    »Und das hat Sie sehr mitgenommen.«
    »Haben Sie das auch von Marquette?«
    »Nein. Aber da Sie nicht mehr in den Besprechungsraum zurückgekommen sind, nahm ich an, dass Sie zu erschüttert waren.«
    »Ich war durch andere Dinge in Anspruch genommen.«
    Sie begann auf das Gebäude zuzugehen.
    »Sie leiten die Ermittlungen in diesem Fall, Detective Rizzoli!«, rief er ihr nach.
    Sie blieb stehen und wandte sich zu ihm um. »Wieso glauben Sie, mich daran

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