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Der Meister

Der Meister

Titel: Der Meister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Löffeln gefressen.«
    »Man muss ja kein Genie sein, um zu sehen, womit wir es hier zu tun haben.«
    »Und womit haben wir es zu tun?«
    »Mit einer Wiederholungstat. Nächtlicher Einbruch. Paar im Bett überrascht. Frau entführt, Mann abgeschlachtet. Alles da.«
    »Und wo ist die Teetasse?« Korsak mochte gehandikapt sein, aber dennoch hatte er mit einem Blick das eine Detail erfasst, das auch Rizzoli schon aufgefallen war.
    »Da war keine«, antwortete Crowe.
    Korsak starrte auf den Schoß des Opfers. »Er hat das Opfer ins Wohnzimmer geschleppt und hingesetzt. Hat den Mann dort an die Wand gelehnt und ihn gezwungen, sich die Show anzusehen, genau wie beim letzten Mal. Aber er hat das Frühwarnsystem weggelassen. Die Teetasse. Wie schafft er es dann, den Mann im Auge zu behalten, während er die Frau vergewaltigt?«
    »Ghent war ein schmächtiger Typ. Nicht sehr bedrohlich. Und außerdem ist er ja fein säuberlich verschnürt. Wie hätte er denn da aufstehen sollen, um seine Frau zu verteidigen?«
    »Es ist eine Abweichung vom Muster, mehr sage ich ja gar nicht.«
    Crowe zuckte mit den Achseln und wandte sich ab. »Dann hat er halt das Drehbuch umgeschrieben.«
    »Unser Kleiner hier ist wirklich allwissend, hm?«
    Es wurde ganz still im Zimmer. Selbst Dr. Isles, die sonst oft eine ironische Bemerkung parat hatte, sagte nichts, sondern beobachtete die beiden nur mit leicht amüsierter Miene.
    Crowe fuhr herum. Mit seinem Blick schien er Korsak durchbohren zu wollen. Aber seine Worte waren an Rizzoli gerichtet. »Detective, gibt es einen Grund, weshalb dieser Mann sich an unserem Tatort aufhält, wo er absolut nichts verloren hat?«
    Rizzoli packte Korsak am Arm. Die Haut fühlte sich teigig und feucht an, und sie konnte seinen sauren Schweiß riechen. »Wir haben uns das Schlafzimmer noch nicht angesehen. Kommen Sie.«
    »Aber hallo!« Crowe lachte. »Das Schlafzimmer wollen wir uns doch nicht entgehen lassen.«
    Korsak riss sich von ihr los und trat schwankend einen Schritt auf Crowe zu. »Ich war vor dir an diesem Killer dran, du Arsch.«
    »Kommen Sie, Korsak«, drängte Rizzoli.
    »… jeder verdammten Spur nachgegangen. Ich hätte als Erster an diesen Tatort gerufen werden müssen, weil ich den Kerl schon kenne. Ich kann ihn schon riechen.«
    »Oh. Das ist es also, was hier so komisch riecht«, höhnte Crowe.
    »Kommen Sie jetzt!« Rizzoli war mit ihrer Geduld fast am Ende. Sie hatte jetzt schon Angst vor der geballten Wut, die jeden Moment aus ihr herausbrechen könnte. Wut auf Korsak und auf Crowe wegen ihrer albernen Revierkämpfe.
    Es war Barry Frost, der sich mit diplomatischem Geschick einschaltete, um die angespannte Situation zu entschärfen. Rizzoli neigte instinktiv dazu, sich kopfüber in jede Auseinandersetzung zu stürzen, aber Frost war der geborene Vermittler. Der Fluch des mittleren Kindes, so hatte er es ihr einmal erklärt; des Kindes, das genau weiß, dass es von allen Seiten Schläge einstecken wird, wenn es nicht Frieden stiftet. Er versuchte gar nicht erst, Korsak zu beschwichtigen, sondern sagte nur zu Rizzoli: »Sie müssen sich unbedingt ansehen, was wir im Schlafzimmer gefunden haben. Das ist die eindeutige Verbindung zwischen den beiden Fällen.«
    Dann durchquerte er mit ruhigem und entschlossenem Schritt das Wohnzimmer und trat auf den Flur hinaus, als wollte er sagen: Wer wirklich etwas Interessantes erleben will, sollte mir folgen.
    Und das tat Korsak wenige Sekunden später.
    Im Schlafzimmer betrachteten Frost, Korsak und Rizzoli das zerknitterte Laken und die zurückgeschlagenen Decken. Und die doppelte Schleifspur auf dem Teppich.
    »Aus dem Bett gezerrt«, sagte Frost. »Genau wie die Yeagers.«
    Aber Alexander Ghent war kleiner gewesen als Dr. Yeager und längst nicht so muskulös, und der Täter dürfte wenig Mühe gehabt haben, ihn durch den Flur zu schleppen und an der Wand in Positur zu setzen. Seine Haare zu packen und seinen Kopf nach hinten zu reißen, um die Kehle freizulegen.
    »Es liegt auf der Kommode«, sagte Frost.
    Es war ein taubenblauer Body, Größe S, säuberlich zusammengefaltet und mit Blut bespritzt. Ein Teil, das eine junge Frau anziehen mochte, um einen Liebhaber zu verführen, um ihren Mann in Stimmung zu bringen. Gewiss hätte Karenna Ghent sich nie träumen lassen, in welch grausiger Inszenierung der Gewalt dieses Kleidungsstück als Kostüm und Requisit zugleich zum Einsatz kommen würde. Daneben lagen zwei Umschläge mit dem Logo von Delta Air.

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