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Der Meisterdieb und seine Feinde

Der Meisterdieb und seine Feinde

Titel: Der Meisterdieb und seine Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Liebespaar
wurden, stand sozusagen auf dem Programm. Aber nicht als erster oder zweiter
Punkt auf der Liste. Denn der Tag war ja schon verplant — mit Helgas Einbruch
bei Heribert Kulse, dem wodkaseligen Drogendealer.
    Dort war es allerdings nicht so
gelaufen, wie sie sich’s gedacht hatte. Einzige Beute eine kleine Pistole, eine
Mini-Gun. Aber Infos hatte Helga mitgebracht — Infos von unschätzbarem Wert.
Wer ahnt denn auch, dass ein leitender Kommissar im Präsidium — Kommissar
Wilhelm Bauer-Rottleben, den Helga vom Hörensagen kannte — auf Kulses
Gehaltsliste steht. Ein Bulle, der sich schmieren ließ! Unglaublich!
    Wer weiß, wann und wobei uns
das nützlich sein wird, dachte Wenk.
    Heute, am zweiten Tag, war er
an der Reihe. Einen gewissen Arthur Breschke wollte er — als ungebetener Gast —
beehren. Zwar nicht ihn persönlich, sondern dessen Villa.
    Breschke war leitender
Angestellter in einem Industrie-Konzern, der in guten wie in schlechten Zeiten
einen enormen Reibach machte und auch als Globalplayer weltweit Bedeutung
hatte. Breschke war geschieden und kinderlos, sein Haus tagsüber menschenleer.
    Der Meisterdieb war auf ihn
aufmerksam geworden, weil Arthur Breschke in Fachkreisen etwas galt. Nämlich
bei den Sammlern wertvoller Münzen. Vor allem Goldmünzen aus den letzten
Jahrhunderten hatte er offenbar kiloweise gehortet. Das Gerücht ging um: zu
Flause in einem Tresor.
    Auf diesen Schatz hatte es Wenk
heute abgesehen, am Freitag, einem kalten und dunklen Novembertag.
    17.11 Uhr.
    Die Breschke-Villa in der
Glossen-Allee hatte schmiedeeiserne Ziergitter an allen Fenstern der Rückfront.
Aber das Schloss der Kellertür hätte Wenk mit einer Büroklammer öffnen können.
Sein Hightech-Einbruchswerkzeug, das er im Lederrucksack bei sich trug, war
dafür fast zu fein.
    Unmittelbar vor dem Einbruch
hatte Wenk bei Breschke — privat — angerufen. Mehrmals. Es könnt ja sein, dass
doch jemand da war. War aber nicht. Nur der Anrufbeantworter meldete sich.
    17.19 Uhr.
    Wenk stieg die Kellertreppe
hinauf und sah sich im Erdgeschoss um. Der Rucksack war jetzt etwas schwerer.
Denn in Breschkes Weinkeller hatte Wenk mit raschem Blick zwei Jahrhundertweine
entdeckt — Rotweine. Die ließ er mitgehen.
    17.25 Uhr.
    Der Tresor stand in einem
Nebenraum des Arbeitszimmers, war so groß wie ein Schrankkoffer und ein
ziemlich altes Modell. Wenk grinste. Für einen Wald- und Wiesen-Einbrecher
mochte das ein unüberwindliches Hindernis sein, eine unknackbare Nuss. Aber
nicht für Wenk.
    Zwölf Minuten, dachte er, dann
ist er offen. Vielleicht schaffe ich’s in zehn.
    Er trug dünne Gummihandschuhe,
legte den Rucksack ab, nahm die speziellen Werkzeuge heraus und setzte seine
Lesebrille auf.
    17.26 Uhr.
    Wenk hörte das Geräusch. Das
Tor zur Einfahrt — vorn an der Glossen-Allee — klirrte.
    Der Meisterdieb trat ans
Fenster und sah hinaus.
    Das zweiflügelige Eisentor
reagierte auf den elektronischen Befehl, hatte sich bereits geöffnet und eine
dunkle Limousine rollte aufs Grundstück und hielt vor dem Haus. Zwei Männer
stiegen aus.

    Verdammt! Wenk befand sich im
Obergeschoss. Und er war sich klar, dass er den Rückweg nicht schaffen würde.
Schon hörte Wenk die Stimmen der Männer im Erdgeschoss.
    Dort freilich hatte er keine
Spur hinterlassen. Die Tür zur Kellertreppe war geschlossen, die Außentür des
Kellers ebenfalls. Abgeschlossen war die allerdings nicht.
    Nur wenn sie die beiden
Superweine trinken wollen, dachte er, merken sie, dass was nicht stimmt.
    Sich verstecken, leise atmen,
Geduld üben — war jetzt angesagt. Wahrscheinlich würden sie nicht lange bleiben
— so wie der Wagen geparkt war: vor dem Eingang, etwas schräg, nur fünf
Schritte von der schicken Garage entfernt.
    Wenk horchte. Die beiden
blieben unten. Er wickelte seinen Schal um eine der Weinflaschen — damit nichts
klirrte — verstaute sein gesamtes Zeug im Rucksack und schulterte ihn.
    Durchs Arbeitszimmer schlich
der Meisterdieb hinaus auf die Galerie, die das Obergeschoss architektonisch
verschönte. Übers Geländer lugte er hinunter. In dem großen Kaminzimmer — dem
Mittelpunkt des Hauses — brannte Licht.
    Die beiden Männer waren Brüder.
Wenk sah’s mit einem Blick. Beide blond, etwa 40 und 45 Jahre alt, der eine
etwas fülliger, beide konservativ gekleidet mit Westen-Anzügen. Die Gesichter
konnte Wenk aus seiner Vogelperspektive nur ungenau erkennen. Sie wirkten
abgearbeitet und mürrisch. Beide

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